Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsnatur des Eigenheimzulagebescheids
Leitsatz (NV)
Ob ein Eigenheimzulagebescheid als einheitliche Regelung für den gesamten achtjährigen Förderzeitraum oder als ein Bündel von acht Einzelregelungen für jedes einzelne Jahr des Förderzeitraums anzusehen ist, ist ernstlich zweifelhaft.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 3, 2 S. 2; EigZulG § 11
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde ist unbegründet. Die Entscheidung des Finanzgerichts (FG), die Vollziehung des angefochtenen Änderungsbescheids über Eigenheimzulage hinsichtlich der Jahre 2003 und 2004 im Hinblick auf das dazu anhängige Klageverfahren auszusetzen, ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden.
1. Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit aussetzen.
Ernstliche Zweifel liegen vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Gründe zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen bewirken (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 14. September 1994 IX B 142/93, BFHE 175, 421, BStBl II 1995, 778; vom 20. Dezember 1994 VIII B 143/94, BFHE 176, 262, BStBl II 1995, 262, m.w.N.). Die Entscheidung hierüber ergeht bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung aufgrund des Sachverhalts, der sich aus dem Vortrag der Beteiligten und der Aktenlage ergibt (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 21. Juli 1994 IX B 78/94, BFH/NV 1995, 116; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 69 Rz. 120 f.; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, § 69 FGO Tz. 122, m.w.N.).
2. Mit diesen Grundsätzen ist die Auffassung des FG vereinbar, dass die Frage, ob der Eigenheimzulagenbescheid als einheitliche Regelung für den gesamten achtjährigen Förderzeitraum oder aber als ein Bündel von acht Einzelregelungen für jedes einzelne Jahr dieses Förderzeitraums anzusehen ist, ernstlich zweifelhaft und für den Rechtsstreit in der Hauptsache entscheidungserheblich ist.
a) Die Frage ist im Schrifttum streitig. Während Wacker (Eigenheimzulagengesetz, 3. Aufl., § 11 Rz. 18) ein Bündel von Einzelregelungen annimmt, bejaht die wohl herrschende Meinung das Vorliegen einer einheitlichen --einzigen-- Regelung für den gesamten Förderzeitraum (vgl. Blümich/Erhard, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, § 11 EigZulG Rz. 11, m.w.N.).
b) Der BFH geht zwar grundsätzlich davon aus, dass die Regelungswirkung der Festsetzung nach § 11 Abs. 1 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) den gesamten Förderzeitraum umfasst, weil Änderungen der Festsetzung nur
- bei geänderten Verhältnissen (§ 11 Abs. 2 EigZulG),
- bei Wegfall der Förderungsvoraussetzungen (§ 11 Abs. 3 EigZulG),
- bei nachträglich bekannt gewordener Überschreitung der maßgebenden Einkunftsgrenzen (§ 11 Abs. 4 EigZulG) oder
- bei Erkenntnis materieller Fehler der Festsetzung (§ 11 Abs. 5 EigZulG) in Betracht kommen (vgl. BFH-Beschluss vom 21. August 2002 IX E 2/02, BFH/NV 2003, 66).
Er hat aber ausdrücklich offen gelassen, ob die im Eigenheimzulagenbescheid getroffene Regelung als Verwaltungsakt mit Dauerwirkung oder aber als Sammlung mehrerer Verwaltungsakte für je ein Förderjahr anzusehen ist (BFH-Urteil vom 7. Juli 2005 IX R 74/03, BFH/NV 2005, 1910; für die Annahme einer einheitlichen --einzigen-- Regelung Niedersächsisches FG, Urteil vom 5. Juni 2002 12 K 729/00, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2002, 1575 mit Anmerkung Siegers, EFG 2002, 1576).
Diese --damit bisher noch nicht höchstrichterlich entschiedene-- (Streit-)Frage bedarf im Hauptsacheverfahren ersichtlich der Entscheidung. Sieht man in dem Eigenheimzulagenbescheid nämlich eine Sammlung mehrerer Verwaltungsakte (je einen für die Jahre des Förderzeitraums), so betraf der Einspruch des Antragstellers und Beschwerdegegners (Antragsteller) gegen den angefochtenen Bescheid nicht die Streitjahre vor Erlass des Bescheids. Vielmehr begehrte der Antragsteller mit seinem Einspruch lediglich die Erstreckung des Förderzeitraums auf ein weiteres Jahr. Auf dieser Grundlage könnte das Finanzamt die Festsetzung der Eigenheimzulage nicht nach Maßgabe des § 367 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) rückwirkend, sondern allenfalls gemäß § 11 Abs. 5 Satz 2 EigZulG mit Wirkung ab dem Jahr der Änderung korrigieren.
Fundstellen
Haufe-Index 1487503 |
BFH/NV 2006, 924 |