Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehlerhafte Rechtsanwendung als Revisionszulassungsgrund; Eigentumswohnung als Objekt i.S. der Drei-Objekt-Grenze
Leitsatz (NV)
- Die Rüge einer fehlerhaften Rechtsanwendung rechtfertigt die Zulassung der Revision auch nach der Neufassung des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO durch das 2. FGOÄndG grundsätzlich nicht. Etwas anderes gilt ausnahmsweise dann, wenn sich die angefochtene Entscheidung als objektiv willkürlich darstellt und nicht zweifelhaft erscheint, dass das BVerfG sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben würde.
- Es ist nicht mehr klärungsbedürftig, dass eine Eigentumswohnung ein Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze ist und die Veräußerung mehrerer Eigentumswohnungen in einem Vertrag die Veräußerung mehrerer Objekte bedeutet.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-2; EStG § 15 Abs. 2
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Die Klägerinnen und Beschwerdeführerinnen (Klägerinnen) haben einen Zulassungsgrund i.S. des § 115 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) nicht in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO genügenden Weise dargelegt.
1. Die Rüge, die Vorentscheidung weiche von den die Nachhaltigkeit i.S. des § 15 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) betreffenden Urteilen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 30. Juni 1993 XI R 38, 39/91 (BFH/NV 1994, 20), vom 13. Dezember 1995 XI R 43-45/89 (BFHE 179, 353, BStBl II 1996, 232), vom 29. Oktober 1997 X R 112, 153/94 (BFH/NV 1998, 853), vom 17. Juni 1998 X R 68/95 (BFHE 186, 288, BStBl II 1998, 667) und vom 22. April 1998 X R 17/96 (BFH/NV 1998, 1467) ab, ist nicht schlüssig erhoben worden. Die Klägerinnen haben nicht herausgearbeitet, dass das Finanzgericht (FG) eine andere Rechtsauffassung vertreten hat als der BFH in den zitierten Entscheidungen. Sie machen in Wirklichkeit nur eine ihrer Auffassung nach fehlerhafte Anwendung dieser Rechtssätze auf den Streitfall geltend. Dies rechtfertigt die Zulassung der Revision auch nach der Neufassung des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO durch das Zweite Gesetz zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze (2.FGOÄndG) vom 19. Dezember 2000 (BGBl I 2000, 1757, BStBl I 2000, 1567) nicht (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 22 und 24).
Soweit die Revision bei Rechtsfehlern im Einzelfall ausnahmsweise dann wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen ist, wenn offenkundig ist, dass die angefochtene Entscheidung sich als objektiv willkürlich darstellt oder Verfahrensgrundrechte des Beschwerdeführers verletzt, und wenn jeweils nicht zweifelhaft erscheint, dass das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) sie auf eine Verfassungsbeschwerde hin aufheben würde (vgl. Beschluss des Bundesgerichtshofs ―BGH― vom 1. Oktober 2002 XI ZR 71/02, Neue Juristische Wochenschrift ―NJW― 2003, 65; vgl. auch Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Rz. 68), liegt ein solcher Fall ersichtlich nicht vor.
2. Die Klägerinnen haben eine Abweichung der Vorentscheidung von dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 10. Dezember 2001 GrS 1/98 (BFHE 197, 240, BStBl II 2002, 291) bezüglich der sog. Drei-Objekt-Grenze nicht schlüssig dargelegt. Vielmehr ist in der Rechtsprechung des BFH anerkannt (vgl. Urteil in BFH/NV 1994, 20) und auch vom Großen Senat nicht in Frage gestellt worden, dass ―wie die Vorinstanz angenommen hat― eine Eigentumswohnung ein Objekt im Sinne der Drei-Objekt-Grenze ist und dass die Veräußerung mehrerer Eigentumswohnungen in einem Vertrag die Veräußerung mehrerer Objekte bedeutet.
3. Die Klägerinnen haben nicht schlüssig gerügt, dass das FG von der Rechtsprechung abgewichen sei, nach der beim gewerblichen Grundstückshandel die Gesamtumstände zu berücksichtigen sind (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 1987 VIII R 46/84, BFHE 151, 74, BStBl II 1988, 65). Das FG hat die Maßgeblichkeit der Gesamtumstände nicht in Frage gestellt, sondern diese im Streitfall nur anders gewürdigt als die Klägerinnen es für richtig halten.
4. Auch eine grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) haben die Klägerinnen nicht dargelegt. Die von ihnen als grundsätzlich bedeutsam angesehene Frage, ob die Veräußerung eines in sechs Eigentumswohnungen aufgeteilten Mehrfamilienhauses an einen Erwerber durch eine Gesellschaft, deren Gesellschafterinnen nicht in der Baubranche tätig sind, nachhaltig sei, soweit keine Anhaltspunkte für weitere Grundstücksgeschäfte bestehen, ist nicht mehr klärungsbedürftig. Sie ist durch die oben unter 1. zitierte Rechtsprechung, das BFH-Urteil vom 12. Juli 1991 III R 47/88 (BFHE 165, 498, BStBl II 1992, 143) und das Senatsurteil vom 9. Dezember 2002 VIII R 40/01 (BFHE 201, 180, BStBl II 2003, 294), das sich mit der Nachhaltigkeit bei nur einem Verkaufsgeschäft befasst, geklärt.
5. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen