Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzliche Bedeutung; vGA
Leitsatz (NV)
Die als klärungsbedürftig dargestellte Rechtsfrage (steuerrechtliche Anerkennung einer Umsatztantieme) ist vom BFH bereits entschieden worden. Im Senatsurteil vom 19. Mai 1993 I R 83/92 (BFH/NV 1994, 124) wurde hervorgehoben, dass sichergestellt sein müsse, dass die Zahlung der Umsatztantieme tatsächlich auf die Dauer der Aufbauphase beschränkt bleibe, und dass insoweit "z.B." eine Revisionsklausel oder eine zeitliche Beschränkung im Anstellungsvertrag in Betracht komme. Wenn das FG auf dieser Grundlage den von der Klägerin als solche verstandenen Risikobeschränkungen kein ausschlaggebendes Gewicht beimisst und auf die fehlende zeitliche Beschränkung im Anstellungsvertrag hinweist, ist diese Entscheidung des FG revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Frage, ob eine Leistung an einen Gesellschafter im Gesellschafts- oder im Dienstverhältnis wurzelt, ist vor allem tatsächlicher Natur. Sie ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden und obliegt daher dem FG.
Normenkette
KStG § 8 Abs. 3 S. 2; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Streitig ist der Ansatz von verdeckten Gewinnausschüttungen (vGA).
Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), eine 2002 errichtete GmbH mit einem abweichenden Wirtschaftsjahr zum 30. April, war als Sportveranstalter … tätig. Als Geschäftsführer war u.a. der zu 80 % beteiligte Gesellschafter X angestellt (unbefristeter Vertrag). Die Bezüge des Streitjahres 2003 beliefen sich auf ein Monatsgehalt von 5 100 € bzw. (ab 1. Januar 2003) 6 100 € zzgl. einer Tantieme von "5 % vom Umsatz". Am 15. Januar 2004 kam es zu einer Vereinbarung über eine gewinnabhängige Tantieme, wobei mit dieser Vereinbarung frühere Vereinbarungen über die Gewährung von Tantiemen gegenstandslos werden sollten. Als Vergütung der zu 20 % an der Klägerin beteiligten Y, die ebenfalls zur Geschäftsführerin bestellt war, sah ihr auf zwei Jahre befristeter Anstellungsvertrag (lediglich) eine umsatzabhängige Tantieme vor. Die Klägerin setzte in dem für das Streitjahr maßgebenden Jahresabschluss zum 30. April 2003 eine Rückstellung für Umsatztantiemen in Höhe von 52 430 € (Anteil X: 38 840 €; Anteil Y: 13 590 €) an. Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) berücksichtigte bei der Veranlagung des Streitjahres eine vGA gemäß § 8 Abs. 3 Satz 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) in Höhe von 38 840 €. Die Klage blieb erfolglos (Urteil des Finanzgerichts --FG-- München vom 22. Oktober 2007 7 K 4673/05).
Die Klägerin beantragt unter Hinweis auf § 115 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Revision gegen das Urteil des FG München vom 22. Oktober 2007 7 K 4673/05 zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Denn Gründe für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.
1. Eine Zulassung der Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO kommt nicht in Betracht.
a) Einer Rechtsfrage ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) grundsätzliche Bedeutung beizumessen, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Gesamtheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Dabei muss es sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärungsfähig ist. Das Vorliegen dieser Zulassungsvoraussetzungen muss der Beschwerdeführer in der Beschwerdeschrift schlüssig und substantiiert darlegen (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO). Dazu ist es erforderlich, dass er eine konkrete Rechtsfrage formuliert und substantiiert auf ihre Klärungsbedürftigkeit und ihre über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung eingeht (z.B. BFH-Beschluss vom 27. August 2007 VII B 26/07, BFH/NV 2008, 221, m.w.N.).
b) Diesen Anforderungen wird das Vorbringen der Klägerin angesichts der ständigen Senatsrechtsprechung, dass ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter im Regelfall eine Vergütung in Form einer Gewinn-, nicht hingegen in Form einer Umsatztantieme gewähren wird, nicht gerecht. So hat der Senat zu dieser Rechtsfrage ausgeführt, dass eine Umsatzbeteiligung, die unabhängig von der Erzielung von Erträgen zu gewähren ist, dem eigenen Gewinnstreben der Kapitalgesellschaft entgegensteht und mit dem Risiko einer Gewinnabsaugung verbunden ist. Umsatzbeteiligungen führen daher regelmäßig zu vGA. Ausnahmen sollen dann gelten, wenn die mit der variablen Vergütung angestrebte Leistungssteigerung durch eine Gewinntantieme nicht zu erreichen wäre, z.B. in der Aufbauphase eines Unternehmens. Jedoch sind auch in diesem Falle Höchstgrenzen festzulegen und ist die Umsatztantieme zeitlich zu beschränken (Senatsurteile vom 6. April 2005 I R 10/04, BFH/NV 2005, 2058; vom 28. Juni 2006 I R 108/05, BFH/NV 2007, 107; Senatsbeschluss vom 9. Juli 2007 I B 123/06, BFH/NV 2007, 2148).
c) Die Klägerin hat dazu vorgetragen, dass sich das FG darauf beschränkt habe, festzustellen, dass die vertragliche Vereinbarung eine Zeitbegrenzung nicht vorgesehen habe. Insoweit sei die Frage, welche anderen Risikobeschränkungen (im Streitfall in Gestalt einer Beschränkung durch andere Verträge/Vereinbarungen, insbesondere den einjährigen Pachtvertrag mit der Stadt für das Stadion, den fünfjährigen Kooperationsvertrag mit dem …verein, und allgemein der wirtschaftlichen Abhängigkeit von den Treugebern) für die Anerkennung einer Umsatztantieme erheblich sein könnten, von grundsätzlicher Bedeutung.
d) Die als klärungsbedürftig dargestellte Rechtsfrage ist vom BFH bereits entschieden worden. Im Senatsurteil vom 19. Mai 1993 I R 83/92 (BFH/NV 1994, 124) wurde hervorgehoben, dass sichergestellt sein müsse, dass die Zahlung der Umsatztantieme tatsächlich auf die Dauer der Aufbauphase beschränkt bleibe, und dass insoweit "z.B." eine Revisionsklausel oder eine zeitliche Beschränkung im Anstellungsvertrag in Betracht komme. Wenn das FG auf dieser Grundlage den von der Klägerin als solche verstandenen Risikobeschränkungen kein ausschlaggebendes Gewicht beimisst und auf die fehlende zeitliche Beschränkung im Anstellungsvertrag hinweist, wäre der Senat in dem angestrebten Revisionsverfahren gemäß § 118 Abs. 2 FGO an diese Beurteilung gebunden. Denn die Frage, ob eine Leistung an einen Gesellschafter im Gesellschafts- oder im Dienstverhältnis wurzelt, ist vor allem tatsächlicher Natur. Sie ist unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zu entscheiden und obliegt daher dem FG (s.a. Senatsbeschluss in BFH/NV 2007, 2148).
2. Die Revision ist auch nicht nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO zuzulassen.
a) Für eine Darlegung, dass das FG i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO von bisher vorliegender Rechtsprechung abgewichen ist, gehört u.a. eine hinreichend genaue Bezeichnung der vermeintlichen Divergenzentscheidung sowie die Gegenüberstellung tragender, abstrakter Rechtssätze aus dem angefochtenen Urteil einerseits und aus der behaupteten Divergenzentscheidung andererseits, um eine Abweichung erkennbar zu machen. Eine Divergenz in der Würdigung von Tatsachen oder die (angeblich) fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalles bzw. schlichte Subsumtionsfehler des FG reichen nicht aus (z.B. BFH-Beschluss vom 19. November 2007 VIII B 70/07, BFH/NV 2008, 380).
b) Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Klägerin hat vorgetragen, dass im Senatsbeschluss vom 9. Juni 2004 I B 10/04 (BFH/NV 2004, 1424) ausgeführt worden sei, dass sich außerhalb einer betrieblichen Aufbauphase die ausschließlich betriebliche Veranlassung einer Umsatztantieme nur aus Umständen ergeben könne, die mit der Qualifikation und der (vorgesehenen) Tätigkeit des Geschäftsführers zusammenhingen. In Fällen dieser Art sei für die Forderung nach einer zeitlichen Begrenzung des Tantiemeanspruchs kein Raum. Wenn die Klägerin auf dieser Grundlage vorträgt, dass eine Aufbauphase in ihrem Fall nicht anzunehmen sei und die Tätigkeit bzw. die Qualifikation des Geschäftsführers ein umsatzbezogenes Tantiemeversprechen rechtfertigen könne, wird nicht vorgetragen, dass das FG sein Urteil auf einen von BFH-Rechtsprechung divergierenden Rechtssatz gestützt hätte, sondern dass der der Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt anders als vom FG zu würdigen sei bzw. dass es dem FG nicht gelungen sei, Rechtsprechungsgrundsätze des BFH fehlerfrei auf den Sachverhalt anzuwenden. Dies ist aber --abgesehen von dem im Streitfall weder gerügten noch sonst erkennbaren Fall eines qualifizierten Rechtsanwendungsfehlers-- für eine Revisionszulassung nicht ausreichend (s. z.B. BFH-Beschlüsse vom 17. Januar 2006 VIII B 172/05, BFH/NV 2006, 799; in BFH/NV 2008, 380).
3. Die Rüge der Klägerin, es liege ein Verfahrensfehler i.S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO (Verstoß gegen § 76 Abs. 1 FGO bzw. § 96 FGO) vor, hat keinen Erfolg.
Das FG konnte die beantragte Erhebung der Beweise unterlassen, da es bei der Entscheidungsfindung die von der Klägerin vorgetragene Tatsache --dass der Gesellschafter-Geschäftsführer X durch unabhängige Dritte einer besonderer Kontrolle bzw. Aufsicht unterlag-- als wahr unterstellt hat. Mit dieser Wahrunterstellung musste aber --entgegen der Ansicht der Klägerin-- nicht zwingend der Umstand verbunden sein, nun von einer allein betrieblich veranlassten Umsatztantieme auszugehen. Denn das FG hat in Übereinstimmung mit der BFH-Rechtsprechung hervorgehoben, dass sich die Indizienlage für eine gesellschaftliche Veranlassung eines umsatzbezogenen Tantiemeversprechens nicht ändert, wenn der Begünstigte nicht als beherrschender Gesellschafter anzusehen ist. Der vom FG als entscheidungstragend angesehene Gesichtspunkt der fehlenden zeitlichen Befristung des Tantiemeversprechens in der vertraglichen Vereinbarung blieb von der Wahrunterstellung unberührt.
Fundstellen