Gesellschafterbeschluss: Gefahren bei mündlicher Vereinbarung
Tantiemezahlungen an den beherrschenden GGF müssen vorherig, klar und eindeutig vereinbart sein. Zur Verhinderung der vGA sollte die Gewährung und/oder Erhöhung der Tantieme daher immer durch einen entsprechenden Beschluss schriftlich abgefasst werden (auch wenn dies zivilrechtlich kein Wirksamkeitserfordernis ist). Eine mündliche Vereinbarung ist zwar grds. anzuerkennen. Aber: Bei Tantiemezahlungen, die i.d.R. nur einmal jährlich anfallen, kann eine klare mündliche Vereinbarung erst aus mehrjähriger Übung abgeleitet werden, sofern die Beträge zu festen Zeitpunkten ausgezahlt und in den Büchern festgehalten werden. Ein Risiko der vGA besteht daher insbesondere bei erstmaliger Tantiemezahlung.
Bei nicht beherrschenden GGF kann die Tantieme von der Gesellschafterversammlung bis zum Zeitpunkt der Aufstellung des Jahresergebnisses beschlossen werden (vgl. BFH Urteil vom 25.10.1995 - I R 9/95).
Nachzahlungsverbot
Eine im Laufe des Jahres vereinbarte Tantieme setzt zur Verhinderung einer vGA (Nachzahlungsverbot) bei beherrschenden GGF im Erstjahr eine zeitanteilige Kürzung der (Jahres-)Tantieme voraus. Ansonsten besteht die Gefahr einer vGA i.H. des rechnerischen Anteils bis zur Vereinbarung. Bei nicht beherrschenden GGF ist eine zeitanteilige Kürzung nicht notwendig (vgl. BFH Urteil vom 17.12.1997 - I R 70/97).
Eindeutigkeit der Bemessunggrundlage
Die Tantieme muss im Voraus so eindeutig geregelt sein, so dass sie alleine durch Rechenvorgänge ermittelt werden kann und die Ausübung von Ermessensakten der Gesellschaft entbehrlich sind. Soweit keine eindeutige Regelung vorhanden ist, führt die Zahlung zu einer vGA (vgl. BFH Urteil vom 30.01.1985 - I R 37/82).
Nicht ausreichende Berechnungsgrundlagen sind z.B.:
- Gewinn gem. GoB unter Berücksichtigung aller steuerlichen Maßnahmen (vgl. BFH Urteil vom 01.07.1992 - I R 78/91),
- Nettogewinn (vgl. BFH Beschluss vom 09.01.2007 - I B 78/06),
- Vorbehalt der Gesellschafterversammlung zur Festsetzung einer abweichenden Tantieme (vgl. BFH Urteil vom 29.04.1992 - I R 21/90),
- gleichzeitiges Vorliegen mehrerer sich widersprechender Tantiemevereinbarungen (vgl. BFH Urteil vom 24.05.1989 - I R 90/85).
Hinreichend bestimmte Bemessungsgrundlagen sind z.B.:
- Jahresüberschuss laut Handelsbilanz oder Steuerbilanz (zulässig Modifikation um zusätzliche Bestimmungen, wie z. B. vor Berücksichtigung der Tantieme oder Steuern, die in der Vereinbarung eindeutig geregelt sein müssen),
- Reingewinn vor Steuern,
- Ist unklar, ob Tantieme an den Jahresüberschuss vor oder nach Tantiemeaufwand knüpft, kann unterstellt werden, dass der Jahresüberschuss vor Tantieme gemeint ist (vgl. Hessisches FG Urteil vom 16.05.2000 - 4 K 4128/97).
Nur-Gewinntantieme
Die Vereinbarung einer Nur-Tantieme ist grundsätzlich nicht anzuerkennen. Als Ausnahmefälle kommen insbesondere die Gründungsphase der Gesellschaft, Phasen vorübergehender wirtschaftlicher Schwierigkeiten oder Tätigkeiten in stark risikobehafteten Geschäftszweigen in Betracht. In derartigen Ausnahmefällen ist die Tantieme dem Grunde nach allerdings nur anzuerkennen, wenn die Vereinbarung ausdrücklich zeitlich begrenzt ist und bei Wegfall der Ausnahmesituation zwingend durch eine Vereinbarung einschließlich fester Vergütungsbestandteile bzw. mit angemessenem Verhältnis dieser Bestandteile zueinander ersetzt wird (vgl. BMF, Schreiben v. 1.2.2002).
Umsatztantieme
Umsatztantiemen, die weder zeitlich noch der Höhe nach begrenzt sind, führen regelmäßig in vollem Umfang zur Annahme einer vGA. Das gilt unabhängig davon, ob der Geschäftsführer beherrschender oder Minderheitsgesellschafter ist (vgl. BFH Urteil vom 04.03.2009 - I R 45/08). Umsatzabhängige Tantiemen führen nur in Ausnahmefällen nicht zu einer vGA, z.B.:
- Wegen geringer Gewinne oder Verluste kann Geschäftsführer nicht durch eine Gewinntantieme motiviert werden. Allerdings sind Höchstgrenzen und eine zeitliche Beschränkung festzulegen (vgl. BFH Urteil vom 19.05.1993 - I R 83/92).
- Dem für den Vertrieb zuständigen Geschäftsführer wird eine Umsatztantieme zugesagt. Bemessungsgrundlage der Umsatztantieme sollten hier die Umsätze sein, die seiner Tätigkeit bzw. seinem Geschäftsführungsbereich zuzurechnen ist (vgl. BFH Urteil vom 19.05.1993 - I R 83/92).
- Den Nachweis, dass die Voraussetzungen des Ausnahmefalls vorliegen, muss derjenige erbringen, der die steuerliche Anerkennung begehrt (vgl. BFH Urteil vom 28.06.1989 - I R 89/85, Haufe Index HI62742).
Rohgewinntantieme
Eine Rohgewinntantieme kann im Einzelfall eine vGA sein, wenn die Rohgewinne weitgehend den Umsatzerlösen entsprechen. Es gelten dann die Grundsätze zur Umsatztantieme (vgl. BFH Urteil vom 10.11.1998 - I R 33/98). Eine vGA kann auch dann vorliegen, wenn die Tantiemevereinbarung die Bezugsgröße des Rohgewinns (Einbeziehung konkreter Abzüge) nicht klar erkennen lässt. Wegen der Besonderheiten bei einer Nur-Rohtantieme vgl. die Ausführungen zu Nur-Gewinn-Tantieme
Verlustverrechnung
Soweit Verlustvorträge vorhanden sind, müssen diese grundsätzlich von der Bemessungsgrundlage abgezogen werden. Dies gilt auch dann, wenn als Bemessungsgrundlage der Tantieme der "Jahresüberschuss" vereinbart ist, der den Verlustvortrag nicht enthält. Eine Berücksichtigung von Verlustvorträgen ist nur ausnahmsweise nicht geboten. Das kann etwa der Fall sein, wenn sich das Unternehmen in der Aufbauphase befindet. Sonst würde sich in dieser Phase kein Anreiz für den Geschäftsführer ergeben.
Von einer Berücksichtigung der Verlustvorträge kann auch abgesehen werden, wenn der Geschäftsführer das Amt erst nach dem Entstehen der Verlustvorträge übernommen hat, da dann die Verlustvorträge nicht auf seine Tätigkeit zurückgehen (vgl. BFH Urteil vom 17.12.2003 - I R 22/03).
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Tatsächliche Durchführung: Nichtauszahlung bei Fälligkeit
Ein zwischen Gesellschaft und Gesellschafter vereinbartes Geschäft ist nur dann der Besteuerung zugrunde zu legen, wenn es tatsächlich so, wie es vereinbart ist, auch durchgeführt wird. Wird das Geschäft nicht tatsächlich durchgeführt, ist dies ein starkes Indiz dafür, dass das Geschäft nicht ernstlich beabsichtigt war. Die Nichtdurchführung des Geschäfts hindert die steuerliche Berücksichtigung nicht nur bei beherrschenden Gesellschaftern, sondern auch bei Minderheitsgesellschaftern.
Werden die vereinbarten Tantiemen daher nicht ausbezahlt, liegt in Höhe der vereinbarten Tantieme eine vGA vor, wenn nicht betriebliche Gründe der Auszahlung entgegenstehen (vgl. FG München Beschluss vom 02.06.2008 - 6 V 523/08).
Ausnahmen z. B.: Die Nichtauszahlung der Tantieme und im Gegenzug Gewährung eines zivilrechtlich wirksamen und fremdüblichen Darlehens an die Gesellschaft in Höhe der Tantieme, führt nicht zur vGA (für Ehegattenarbeitsverhältnisse vgl. BFH Urteil vom 24.01.1990 - X R 152/87). Die Nichtauszahlung der Tantieme löst auch keine vGA aus, wenn Jahresabschluss aus nachvollziehbaren Gründen länger nicht festgestellt wird, so dass Tantiemeanspruch nicht entsteht.
Angemessenheitsprüfung (25%-Grenze)
Regelmäßig wird eine Mischung von Festgehalt und erfolgsabhängige Tantieme vereinbart. Als üblich wird allgemein eine Vereinbarung mit mindestens 75 % festem und höchstens 25 % gewinnabhängigem Gehaltsbestandteil angesehen. Allerdings handelt es sich auch insoweit nur um ein Indiz der Angemessenheit. Insgesamt hat die Rechtsprechung den Grundsatz, dass eine Tantieme nur 25 % der Gesamtausstattung betragen darf, stark eingeschränkt und stellt jetzt überwiegend wieder auf den Fremdvergleich ab. Die Verwaltung wendet die 75/25-Regelung ebenfalls nur noch ausnahmsweise an, wenn
- die Kapitalgesellschaft eine relativ stetige Ertragslage hat,
- eine Gewinnprognose im Zusagezeitpunkt vorgenommen wurde,
- die Abweichung vom 75/25-Verhältnis erheblich ist und die
- indizielle Wirkung der Regel durch weitere Anhaltspunkte, die für eine vGA sprechen (z. B. mangelhafte Durchführung), erhärtet wird (vgl. OFD Düsseldorf/Köln v. 17.6.2004).