Entscheidungsstichwort (Thema)
Zustellung durch Niederlegung
Leitsatz (NV)
Der Beweis für eine beurkundete Zustellung durch Niederlegung bei der Postanstalt aufgrund der PZU als öffentlicher Urkunde i. S. von §418 Abs. 1 ZPO kann durch die bloße Behauptung des Prozeßbevollmächtigten, der Kläger habe keine Kenntnis von der Zustellung des Urteils erlangt, nicht entkräftet werden. Hierzu ist es erforderlich, einen anderen Geschehensablauf substantiiert darzulegen und zu beweisen.
Normenkette
ZPO §§ 182, 418
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war selbständiger Rechtsanwalt. Nachdem er vom Finanzgericht (FG) wiederholt und zuletzt unter Setzung einer Ausschlußfrist aufgefordert worden war, den Gegenstand seines Klagebegehrens zu bezeichnen, wurde ihm das klageabweisende, aufgrund mündlicher Verhandlung ergangene Urteil des FG vom 13. Februar 1997 am 7. März 1997 durch Niederlegung bei der Postanstalt H zugestellt. Die Revision ging am 10. April 1997 beim FG ein.
Zur Begründung seiner Revision trug der Kläger vor, er habe die Ladung zur mündlichen Verhandlung zum Termin am 13. Februar 1997 erst nach diesem Zeitpunkt von Rechtsanwalt D erhalten, so daß ihm das rechtliche Gehör vorenthalten worden sei. Auf der die Ladung enthaltenden Postzustellungsurkunde sei entsprechend einem von ihm gestellten Nachsendeantrag als neue Adresse die Anschrift seiner Mutter in H vermerkt gewesen. Diese Nachsendeanschrift sei aber wieder durchgestrichen worden; statt dessen habe man seine ursprünglich auf der Postzustellungsurkunde vermerkte und ebenfalls durchgestrichene Adresse in E unterpunktet und die Ladung bei dem dortigen Postamt niedergelegt. Auch eine Zustellung des Urteils liege nicht vor. Er, der Kläger, habe das Urteil von Rechtsanwalt D, den sein früherer Vermieter eingeschaltet habe, mit Schreiben vom 30. März 1997 erhalten, ohne daß erkennbar gewesen sei, wann dieser das Urteil erhalten habe. Obwohl unter diesen Umständen nicht erforderlich, beantrage er rein vorsorglich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Mit Schreiben vom 16. Juli 1997, durch Niederlegung zugestellt am 18. Juli 1997, wies die Geschäftsstelle des Senats den Prozeßbevollmächtigten des Klägers auf den verspäteten Eingang der Revision hin. Die mit diesem Schreiben ebenfalls angeforderte Prozeßvollmacht legte der Prozeßbevollmächtigte des Klägers mit Schriftsatz vom 19. August 1997 dem Senat vor.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
1. Der Kläger hat die Frist zur Einlegung der Revision versäumt.
a) Das FG-Urteil ist gemäß §53 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. §3 Abs. 3 des Verwaltungszustellungsgesetzes und §182 der Zivilprozeßordnung (ZPO) wirksam zugestellt worden. §182 ZPO setzt voraus, daß die Zustellung nach den vorhergehenden Vorschriften nicht ausführbar war. Der Zusteller hat ausweislich der Postzustellungsurkunde unter der Wohnanschrift des Klägers in H niemanden angetroffen und war daher befugt, das Schriftstück u. a. auch bei der Postanstalt am Ort niederzulegen. Gemäß §418 Abs. 1 ZPO begründet die Postzustellungsurkunde den vollen Beweis dieser in ihr bezeugten Tatsachen. Den Beweis der Unrichtigkeit gemäß §418 Abs. 2 ZPO hat der Kläger nicht geführt.
b) Gemäß §182 ZPO ist die Zustellung des FG-Urteils am 7. März 1997 im Zeitpunkt der Niederlegung des Schriftstücks bei der Postanstalt und der Mitteilung hierüber bewirkt. Am 7. April 1997 war die Frist zur Einlegung der Revision mithin abgelaufen (§120 Abs. 1 Satz 1 FGO). Am 10. April 1997 ist die Revision beim FG eingegangen. Der Beweis für den beurkundeten Zustellungsvorgang aufgrund der Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde i. S. von §418 Abs. 1 ZPO kann durch die bloße Behauptung des Prozeßbevollmächtigten, der Kläger habe keine Kenntnis von der Zustellung des Urteils erlangt, nicht entkräftet werden. Hierzu wäre es erforderlich gewesen, einen anderen Geschehensablauf substantiiert darzulegen und zu beweisen (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Januar 1988 VII B 165/87, BFH/NV 1988, 790). Der Kläger hat zwar behauptet, er habe das Urteil von einem Rechtsanwalt D "mit am 30. 03. 97 abgestempelten Schreiben" erhalten, ohne daß erkennbar gewesen sei, wann dieser das Urteil erhalten habe. Dieser Rechtsanwalt ist aber weder als Prozeßbevollmächtigter des Klägers im finanzgerichtlichen Verfahren aufgetreten noch sonst im Auftrag des Klägers tätig geworden, sondern -- wie der Kläger selbst vorgetragen hat -- von seinem früheren Vermieter eingeschaltet worden.
2. Dem Kläger kann auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach §56 FGO wegen Versäumung der Revisionsfrist gewährt werden. Aus dem Vorbringen des Prozeßbevollmächtigten läßt sich nicht entnehmen, daß der Kläger ohne sein Verschulden verhindert war, fristgerecht Revision einzulegen.
Ist danach davon auszugehen, daß die Mitteilung über die Niederlegung dem Kläger zugegangen war, so folgt daraus, daß er aufgrund dessen die Möglichkeit hatte, von der Zustellung des Urteils durch Niederlegung Kenntnis zu nehmen (BFH-Urteil in BFH/NV 1988, 790). Er hat nichts dafür vorgetragen, daß er die Mitteilung -- trotz Einwurfs in den Briefkasten unter der in seinem Nachsendeantrag angegebenen Anschrift seiner Mutter -- ohne Verschulden nicht zur Kenntnis bekommen haben könnte. Seine Darlegungen beziehen sich auf angeblich fehlgeschlagene Zustellungen des FG-Urteils, aber auch schon der Ladung zur mündlichen Verhandlung in ... Beide Zustellungen sind aber wirksam durch Niederlegung bei der Postanstalt in H erfolgt.
Eine unverschuldete Versäumung der Frist zur Einlegung der Revision ist aber auch deshalb abzulehnen, weil der Kläger nach seinem eigenen Vortrag eine Ausfertigung des Urteils von Rechtsanwalt D etwa eine Woche vor Ablauf der Rechtsmittelfrist erhalten haben will. Aus seiner früheren Berufstätigkeit mußte dem Kläger in einem solchen Fall aber klar sein, daß das Urteil zugestellt worden sein mußte. Ob und zu welchem Zeitpunkt dies geschehen ist, hätte der Kläger leicht feststellen können.
Fundstellen
Haufe-Index 66778 |
BFH/NV 1998, 343 |