Entscheidungsstichwort (Thema)
Gemeinnützigkeit eines Feuerbestattungsvereins, der durch den Betrieb eines Krematoriums in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt
Leitsatz (NV)
Ein Verein ist nicht selbstlos tätig, wenn er durch den Betrieb eines Krematoriums in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt und nur daneben die Pflege und Unterstützung der Feuerbestattung fördert.
Normenkette
AO 1977 § 55 Abs. 1 S. 1, § 65
Verfahrensgang
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist ein 1990 gegründeter eingetragener Verein. Sein satzungsmäßiger Zweck ist die Pflege und Unterstützung von Feuerbestattungen und die Unterhaltung und der Betrieb der für Feuerbestattungen erforderlichen Einrichtungen, seit 1995 auch die Förderung der Friedhofskultur und des Umweltschutzes im Bereich der Feuerbestattung. Er betreibt ein Krematorium und erzielt dadurch erhebliche Umsätze und Gewinne. Zwischen ihm und dem Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) ist streitig, ob der Kläger in den Jahren 1993 bis 1995 und 1997 (Streitjahre) gemeinnützig tätig war.
Das FA verneinte die Gemeinnützigkeit mit der Begründung, der Kläger sei nicht selbstlos tätig, da das Krematorium ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb sei, der nicht die Voraussetzungen eines Zweckbetriebs (§ 65 der Abgabenordnung --AO 1977--) erfülle. Die Klagen des Klägers wegen Gewerbesteuermessbeträge 1993 bis 1995, Körperschaftsteuer 1993 und Umsatzsteuer 1997 waren erfolglos (Urteile des Finanzgerichts --FG-- vom 22. Januar 2004 3 K 733/99, 3 K 732/99 und 3 K 731/99). Die Revision ließ das FG nicht zu.
Mit den Beschwerden beantragt der Kläger, die Revision gegen die FG-Urteile zuzulassen.
Das FA beantragt, die Beschwerden als unzulässig zu verwerfen.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerden, die der beschließende Senat gemäß § 73 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden hat, waren als unbegründet zurückzuweisen.
1. Die Revision ist nicht wegen eines Verfahrensmangels (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) zuzulassen. Der vom Kläger geltend gemachte Verfahrensmangel der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 96 Abs. 2 FGO) liegt nicht vor.
a) In den Klageverfahren war insbesondere streitig, ob das Krematorium des Klägers in den Streitjahren ein Zweckbetrieb war. Somit konnte es entscheidungserheblich sein, ob der Kläger mit dem Krematorium zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art in größerem Umfang in Wettbewerb trat, als es zur Erfüllung seiner steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar war (§ 65 Nr. 3 AO 1977). Zu dieser Frage hatte der Kläger --wie er in seiner Replik auf die Beschwerdeerwiderungen des FA eingeräumt hat-- dem FG dargelegt, dass das von ihm betriebene Krematorium seiner Auffassung nach schon aus Rechtsgründen nicht in Wettbewerb mit anderen nicht steuerbefreiten oder -begünstigten privaten Unternehmen habe stehen können. Das FG hat diesen Vortrag auch zur Kenntnis genommen (s. FG-Urteil vom 22. Januar 2004 3 K 733/99, S. 5 Abs. 1). Die Behauptung des Klägers in der Beschwerdebegründung, die Frage des tatsächlichen oder potentiellen Wettbewerbs sei im Klageverfahren nicht angesprochen worden und er habe sich zu ihr nicht äußern können, entspricht somit nicht den Tatsachen.
b) Selbst wenn unterstellt wird, dass die Frage des Wettbewerbs in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht mehr angesprochen wurde --was der Kläger behauptet und das FA bestritten hat--, sind die FG-Urteile keine den Anspruch des Klägers auf rechtliches Gehör verletzenden Überraschungsentscheidungen. Das FG ist zwar der Rechtsauffassung des Klägers nicht gefolgt und aufgrund einer Auslegung von --nicht revisiblem (§ 118 Abs. 1 Satz 1 FGO)-- Landesrecht zu dem Ergebnis gelangt, das Krematorium des Klägers habe in (potentiellem) Wettbewerb mit anderen nicht begünstigten Betrieben gleicher Art in anderen Gemeinden und Bundesländern gestanden. Es war aber, da der Kläger in den Klageverfahren fachkundig vertreten war und seine Prozessbevollmächtigten die entscheidungserhebliche Rechtsfrage in den vorbereitenden Schriftsätzen bereits angesprochen hatten, nicht verpflichtet, seine von der Rechtsauffassung des Klägers abweichende Beurteilung der Rechtslage bereits in der mündlichen Verhandlung anzudeuten oder mit den Verfahrensbeteiligten zu erörtern (s. Gräber/von Groll, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., 2002, § 96 Rz. 32, m.w.N.).
2. Die Revision ist auch nicht zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) zuzulassen.
Das FG ist ausdrücklich der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gefolgt, dass die Pflege und Unterstützung der Feuerbestattung ein gemeinnütziger Zweck ist (s. BFH-Urteil vom 14. Dezember 1978 I R 122/76, BFHE 127, 348, BStBl II 1979, 491). Es hat dem Kläger daher die Steuerbefreiungen hinsichtlich seiner Betätigungen außerhalb des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs nicht mit der Begründung versagt, die vom Kläger verfolgten Zwecke seien keine gemeinnützigen. Vielmehr hat es die partiellen Steuerbefreiungen des Klägers mit der Begründung verneint, der Kläger habe auch bei der Pflege und Unterstützung der Feuerbestattungen außerhalb des wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs in erster Linie eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgt und sei daher nicht selbstlos tätig gewesen (§ 55 Abs. 1 Satz 1 AO 1977).
Fundstellen
Haufe-Index 1366204 |
BFH/NV 2005, 1213 |