Leitsatz (amtlich)

Gegen Entscheidungen der FG nach § 257 Abs. 2 AO ist die Beschwerde nach § 128 FGO gegeben.

 

Normenkette

FGO § 128; AO § 257 Abs. 2

 

Tatbestand

Durch Entscheidung des FA vom 16. Januar 1969 wurde der Einspruch des Beschwerdeführers gegen den berichtigten Einkommensteuerbescheid 1964 als unzulässig verworfen. Außerdem wurden dem Beschwerdeführer die Kosten des Verfahrens auferlegt. Der Streitwert wurde auf 35 236 DM festgesetzt. Gegen diese Entscheidung legte der Beschwerdeführer keinen Rechtsbehelf ein.

Mit Kostenfestsetzungsbescheid vom 29. April 1969 setzte das FA die Kosten für das Einspruchsverfahren auf 161,50 DM fest. Gegen diesen Bescheid legte der Beschwerdeführer im wesentlichen mit der Begründung Erinnerung ein, die Einkommensteuer 1964 sei nicht rechtskräftig festgesetzt worden, weil gegen den Feststellungsbescheid, der dem Einkommensteuerbescheid zugrunde liegt, fristgerecht Einspruch erhoben worden sei. Das FA wies die Erinnerung durch Entscheidung vom 14. Mai 1969 als unbegründet zurück.

Der Beschwerdeführer rief daraufhin das FG mit dem Antrag an, den Kostenfestsetzungsbescheid und die Erinnerungsentscheidung des FA aufzuheben. Das FG wies den Antrag durch Beschluß vom 2. Oktober 1969 als unbegründet zurück.

Gegen diesen Beschluß legte der Beschwerdeführer mit der Begründung Beschwerde ein, als juristisch nicht gewandter Steuerzahler werde er überfordert, wenn ihm nun vorgeworfen werde, daß er gegen die Einspruchsentscheidung des FA keine Klage erhoben habe. Davon habe er nur deshalb abgesehen, weil der Einspruch lediglich aus formalen Gründen verworfen worden sei. Das FA habe außerdem sein Ermessen dadurch verletzt, daß es die Einspruchsentscheidung erlassen habe, obwohl ihm bekannt gewesen sei, daß die Feststellung der Einkünfte angefochten gewesen sei und der Besteuerung unzutreffende Tatsachen zugrunde gelegt worden seien.

Der Beschwerdeführer beantragt, den angefochtenen Beschluß aufzuheben und die Kostenentscheidung für ungültig zu erklären.

Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.

Es ist der Auffassung, daß es sein Ermessen durch die Einspruchsentscheidung nicht verletzt habe.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Soweit der Beschwerdeführer sich gegen die Gebührenfestsetzung durch das FA wendet, ist die Beschwerde gemäß § 128 FGO zulässig (vgl. Tipke-Kruse, Reichsabgabenordnung/Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 2. bis 4. Aufl., Erläuterung zu § 257 AO; Klempt-Meyer, Das Kostenrecht des Steuerprozesses, 1969, S. 20; Ziemer-Haarmann, Einspruch, Beschwerde und Klage in Steuersachen, 1967, Tz. 1432; Eisenberg, Das Kostenrecht nach der Finanzgerichtsordnung, DStR 1966, 417).

Es wird zwar die Auffassung vertreten, daß gegen die Beschlüsse der FG nach § 257 Abs. 2 AO nicht die Beschwerde nach § 128 FGO gegeben sei (vgl. Kalthoff, Rechtsmittelentscheidungen im Steuerrecht, 5. Aufl., S. 100; Kaiser, Die Erinnerung im Steuerstreitverfahren, DB 1967, 397; Tschischgale, Die Anrufung des Finanzgerichts in Kostensachen, BB 1968, 869; Beschluß des FG Düsseldorf VI 88/66 A vom 20. Dezember 1966, EFG 1967, 145). Dieser Auffassung kann aber nicht gefolgt werden. Zu ihrer Begründung wird im wesentlichen ausgeführt, die Beschwerde nach § 128 FGO sei nur gegen Entscheidungen der FG gegeben, die auf Grund der FGO ergangen seien. Wenn die Entscheidung dagegen auf Grund eines in der AO geregelten Verfahrens ergangen sei, könne § 128 FGO nicht angewandt werden (vgl. Kalthoff, a. a. O.). Aus der FGO könne nicht entnommen werden, daß auch der BFH in Kostensachen tätig werden solle. Die Regelung in § 148 Abs. 3 Satz 2 FGO spreche vielmehr dafür, daß der Gesetzgeber das Tätigwerden der FG als ausreichenden Rechtsschutz in Kostensachen angesehen habe (vgl. Kaiser, a. a. O.). Es erscheine auch nicht angebracht, den BFH über das sachlich erforderliche Maß hinaus mit bloßen Kostenangelegenheiten zu befassen (vgl. Tschischgale, a. a. O.). Es mag einzuräumen sein, daß gegen die Belastung des BFH mit Beschwerden in Kostensachen Bedenken erhoben werden können. Die bestehende Rechtslage rechtfertige es aber nicht, dem Rechtsuchenden die Beschwerde gegen die Entscheidung eines FG nach § 257 Abs. 2 AO zu versagen. Die Regelung in § 128 FGO erfaßt alle Entscheidungen der FG, die nicht Urteile oder Vorbescheide sind. Aus ihr kann eine Beschränkung auf solche Entscheidungen, die ausschließlich nach den Vorschriften der FGO ergangen sind, nicht entnommen werden.

Auch § 257 Abs. 2 AO kann nicht dahin ausgelegt werden, daß gegen eine Entscheidung nach dieser Vorschrift die Beschwerde nicht gegeben sein soll. Ein solcher Schluß wäre nur dann gerechtfertigt, wenn aus § 257 Abs. 2 AO entnommen werden müßte, daß das Verfahren darin abschließend geregelt ist. Er würde aber vor allem über Sinn und Zweck dieser Vorschrift hinausgehen. Durch die Regelung in § 257 Abs. 2 AO soll lediglich erreicht werden, daß die Entscheidungen der Verwaltung über die Gebührenfestsetzung und über die Erinnerung im vereinfachten gerichtlichen Beschlußverfahren geprüft werden können. Auch ohne die Regelung in § 257 Abs. 2 AO wäre gegen die Gebührenfesetzung nach § 256 AO und gegen die Erinnerungsentscheidung nach § 257 Abs. 1 AO der Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO gegeben, da die Gebührenfestsetzung nach § 256 AO gemäß § 33 Abs. 2 FGO zu den Abgabenangelegenheiten im Sinne des § 33 Abs. 1 Nr. 1 FGO gehört. Allerdings müßte dann gegen die Gebührenfestsetzung und gegen die Erinnerungsentscheidung Anfechtungsklage erhoben werden. Eine weitergehende Bedeutung als die, das Verfahren zu vereinfachen, kann der Regelung in § 257 Abs. 2 AO nicht beigemessen werden.

Die Auffassung, der Beschluß nach § 257 Abs. 2 AO sei unanfechtbar, kann auch nicht damit gerechtfertigt werden, daß der Gesetzgeber zu erkennen gegeben habe, daß die Entscheidungen in Kostensachen nicht anfechtbar seien und der BFH mit Kostenangelegenheiten nicht befaßt werden solle. Die Regelungen in §§ 128 Abs. 3, 148 Abs. 3 Sätze 2 und 3 FGO lassen vielmehr erkennen, daß die Entscheidungen der FG in Kostensachen unter bestimmten Voraussetzungen anfechtbar sein sollen und daß der BFH dann über den eingelegten Rechtsbehelf zu entscheiden hat.

Im vorliegenden Fall kommt zwar eine Beschwerde nach § 148 Abs. 3 FGO nicht in Betracht, da nicht eine Erinnerungsentscheidung des FG angefochten worden ist. Es liegt aber eine Beschwerde in einer Streitigkeit über Gebühren im Sinne des § 128 Abs. 3 FGO vor, die zulässig ist, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 50 DM übersteigt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 69250

BStBl II 1971, 739

BFHE 1971, 462

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