Entscheidungsstichwort (Thema)
Widerruf der Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls
Leitsatz (NV)
Die Fragen, ob die Bestellung als Steuerberater auch dann gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wegen Vermögensverfalls zu widerrufen ist, wenn über das Vermögen des Steuerberaters das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und eine Restschuldbefreiung in Aussicht steht, und ob von einer Gefährdung der Interessen der Auftraggeber auch dann ausgegangen werden kann, wenn der Steuerberater nicht mehr selbständig, sondern als Angestellter tätig ist, sind nicht grundsätzlich klärungsbedürftig.
Normenkette
StBerG § 46 Abs. 2 Nr. 4; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 26.10.2004; Aktenzeichen 6 K 3127/03) |
Tatbestand
I. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) gegen den Widerruf seiner Bestellung als Steuerberater wegen Vermögensverfalls (§ 46 Abs. 2 Nr. 4 des Steuerberatungsgesetzes --StBerG--) durch den Bescheid der Beklagten und Beschwerdegegnerin (Steuerberaterkammer) vom 3. Dezember 2003 als unbegründet abgewiesen. Das FG hat die Voraussetzungen für den Widerruf der Bestellung als Steuerberater als gegeben angesehen, da das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Klägers eröffnet worden sei und die daraus folgende gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zudem durch das Insolvenzgutachten bestätigt werde, wonach den Verbindlichkeiten des Klägers in Höhe von 11,7 Mio. DM liquide Vermögenswerte in Höhe von lediglich ca. 803 000 DM gegenüberstünden. Dass eine Gefährdung der Interessen der Auftraggeber durch den Vermögensverfall ausgeschlossen sei, habe der Kläger nicht zur Überzeugung des Gerichts dargetan. Die vermutete Gefährdung werde insbesondere nicht durch den Umstand ausgeschlossen, dass der Kläger nunmehr als angestellter Steuerberater tätig sei.
Hiergegen richtet sich die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers, welche er auf den Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) stützt.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Ungeachtet der Mängel in der Darlegung des geltend gemachten Zulassungsgrundes liegt dieser jedenfalls nicht vor.
Die von der Beschwerde als grundsätzlich bedeutsam bezeichneten Rechtsfragen, ob die Bestellung als Steuerberater auch dann gemäß § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wegen Vermögensverfalls zu widerrufen ist, wenn über das Vermögen des Steuerberaters das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist und eine Restschuldbefreiung in Aussicht steht, und ob von einer Gefährdung der Interessen der Auftraggeber auch dann ausgegangen werden kann, wenn der Steuerberater nicht mehr selbständig, sondern als Angestellter tätig ist, sind nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, weil sie sich bereits nach dem Wortlaut des Gesetzes beantworten lassen bzw. durch die Rechtsprechung des Senats geklärt sind.
Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG wird ein Vermögensverfall des Steuerberaters u.a. dann vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über sein Vermögen eröffnet worden ist. Es liegt daher auf der Hand und bedarf keiner weiteren Erörterung, dass die durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Steuerberaters nach der Insolvenzordnung (InsO) eintretenden Rechtsfolgen nicht geeignet sein können, die Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen. Dementsprechend hat der Senat bereits entschieden, dass in Anbetracht des eindeutigen Wortlauts des § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG, der mit dem In-Kraft-Treten der InsO der neuen insolvenzrechtlichen Lage angepasst worden ist, unter der Geltung der InsO kein Raum für die Auslegung des Begriffs des Vermögensverfalls besteht, welche --anders als bisher unter der Geltung der Konkursordnung-- trotz Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Berufszulassung zu belassen gestattet, da das In-Kraft-Treten der InsO nichts an der gesetzlichen Grundentscheidung geändert hat, dass den Beruf des Steuerberaters nur ausüben dürfen soll, wer in geordneten Vermögensverhältnissen lebt (Senatsbeschlüsse vom 28. August 2003 VII B 79/02, BFH/NV 2004, 90; vom 28. August 2003 VII B 159/02, BFH/NV 2004, 91; vom 4. März 2004 VII R 21/02, BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016; Senatsurteil vom 30. März 2004 VII R 56/03, BFH/NV 2004, 1426). Allein die Möglichkeit, die wirtschaftliche Situation des in Vermögensverfall geratenen Steuerberaters im Rahmen eines Insolvenzverfahrens zu bereinigen, hat noch nicht zur Folge, dass die wirtschaftlichen Verhältnisse nunmehr als geordnet zu betrachten wären (Senatsbeschluss in BFH/NV 2004, 90). Vielmehr muss die Ordnung der wirtschaftlichen Verhältnisse auch tatsächlich eingetreten sein. Ob dies in einer Weise geschehen ist, dass die Gefährdung von Auftraggeberinteressen nicht mehr zu besorgen ist, ist eine Frage des Einzelfalls und einer grundsätzlichen Klärung in einem Revisionsverfahren nicht zugänglich.
Die Frage, ob Auftraggeberinteressen trotz des Vermögensverfalls des Steuerberaters ausnahmsweise dann als nicht gefährdet anzusehen sind, wenn der Steuerberater ausschließlich nur als Angestellter tätig ist bzw. tätig sein will, ist ebenfalls nicht klärungsbedürftig, da sie durch die Rechtsprechung des Senats bereits beantwortet --und verneint-- worden ist (vgl. Senatsbeschlüsse in BFH/NV 2004, 90, und in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016). § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG gilt auch für nicht selbständig tätige Steuerberater (vgl. Senatsbeschluss vom 8. Februar 2000 VII B 245/99, BFH/NV 2000, 992). Auch von ihnen verlangt das StBerG persönliche Eignung, die u.a. grundsätzlich voraussetzt, dass sie in geordneten Vermögensverhältnissen leben und nicht in Vermögensverfall. Die Widerlegung der Vermutung, dass durch den Vermögensverfall des Steuerberaters Interessen der Auftraggeber gefährdet sind, erfordert eine umfassende Würdigung der tatsächlichen Verhältnisse, die in erster Linie dem Tatrichter obliegt und revisionsrechtlich nur eingeschränkt überprüft werden kann (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016).
Da somit die von der Beschwerde bezeichneten Rechtsfragen als durch die Rechtsprechung des Senats geklärt anzusehen sind, hätte die Beschwerde zur Begründung einer gleichwohl vorliegenden grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache eingehend begründen müssen, warum sie eine erneute Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den betreffenden Fragen im Interesse der Rechtseinheit oder Rechtsentwicklung für erforderlich hält, und hätte hierfür substantiiert darlegen müssen, in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die bereits höchstrichterlich beantworteten Fragen umstritten sind, insbesondere welche neuen gewichtigen, vom BFH bislang nicht geprüften Einwände in der Literatur und/oder in der Rechtsprechung der Instanzgerichte gegen die höchstrichterliche Auffassung erhoben werden (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 3. April 2000 VIII B 99/99, BFH/NV 2000, 985, m.w.N.).
Diesen Anforderungen wird die Beschwerde jedoch nicht gerecht. Sie vertritt lediglich die Ansicht, dass die bisherige Rechtsprechung des Senats nicht zu überzeugen vermöge und verfassungsrechtlich unhaltbar sei und verweist auf einen Aufsatz von Schmittmann in Neue Juristische Wochenschrift 2002, 182, der jedoch durch die bezeichnete jüngere Rechtsprechung des Senats, die sich mit jenem Aufsatz auseinander setzt (vgl. Senatsbeschluss in BFHE 204, 563, BStBl II 2004, 1016), überholt ist und der überdies --soweit sich die Beschwerde auf ihn stützt-- Tatsachen zu Grunde legt, deren Vorliegen das FG im Streitfall nicht festgestellt hat. Letzteres gilt auch, soweit sich die Beschwerde auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Münster vom 29. Juli 2004 4 A 2591/02 (Anwaltsblatt 2005, 72) beruft, in dem das OVG Münster eine durch ungeordnete wirtschaftliche Verhältnisse eines Wirtschaftsprüfers bestehende Gefährdung von Auftraggeberinteressen als fernliegend angesehen hat, solange der Wirtschaftsprüfer bei seiner weiteren beruflichen Tätigkeit durch einen anderen Berufsangehörigen beaufsichtigt wird. Von einer solchen besonderen Sachlage kann im Streitfall nach den Feststellungen des FG nicht ausgegangen werden. Vielmehr hat das FG festgestellt, dass der Kläger seine steuerberatende Tätigkeit als alleinvertretungsberechtigter und einziger Geschäftsführer einer GmbH ausübe, die unter seinem Namen firmiere, und dass es weder vorgetragen noch ersichtlich sei, dass der einzige Gesellschafter der GmbH den Kläger so anzuleiten und zu kontrollieren vermöge, dass eine Gefährdung von Auftraggeberinteressen ausgeschlossen werden könne. Die Frage, ob der Ansicht des OVG Münster auch im Steuerberatungsrecht zu folgen ist, wäre daher im Streitfall in einem Revisionsverfahren nicht klärungsfähig.
Fundstellen
Haufe-Index 1385355 |
BFH/NV 2005, 1637 |