Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung, der Sachaufklärungsrüge und der Gehörsrüge
Leitsatz (NV)
- Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache muss ‐ von dem hier nicht gegebenen Fall ihrer Offenkundigkeit abgesehen ‐ schlüssig dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage, d.h. es muss konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist.
- Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO a.F. vorliegt, ist stets vom materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz auszugehen, mag dieser richtig oder falsch sein. Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung gerügt, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so setzt eine schlüssige Verfahrensrüge u.a. den Vortrag des Beschwerdeführers voraus, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können. Entsprechendes gilt auch für die Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Übergehens von Beweisanträgen.
- Auch eine schlüssige Gehörsrüge erfordert den substantiierten Vortrag des Beschwerdeführers, inwieweit die Entscheidung des FG unter Zugrundelegung dessen materiell-rechtlichen Standpunkts bei Vermeidung des Gehörsverstoßes anders hätte ausfallen können. Dies gilt jedenfalls bei dem hier in Betracht kommenden Fall, dass sich der gerügte Gehörsverstoß nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern nur auf einzelne Feststellungen bezieht.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3, Abs. 3 S. 3
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig, weil ihre Begründung nicht den Anforderungen des § 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.d.F. vor In-Kraft-Treten des Zweiten Gesetzes zur Änderung der Finanzgerichtsordnung und anderer Gesetze ―2.FGOÄndG― (BGBl I 2000, 1757) entspricht.
1. Zur grundsätzlichen Bedeutung
Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache muss ―von dem hier nicht gegebenen Fall ihrer Offenkundigkeit abgesehen― schlüssig dargelegt werden. Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage, d.h. es muss konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse an der Entwicklung und Handhabung des Rechts klärungsbedürftig ist und ggf. in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (vgl. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Die Ausführungen des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) erschöpfen sich in der bloßen und nicht näher begründeten Behauptung, die "Frage der Ablaufhemmung des § 171 Abgabenordnung bei jahrelangen Steuerfahndungsmaßnahmen, die zu keinen Steuerfestsetzungen (geführt hätten), (sei) von grundsätzlicher Bedeutung".
2. Verfahrensmängel (Sachaufklärungsrüge, Gehörsrüge)
a) Der Kläger hat in diesem Zusammenhang beanstandet, das Finanzgericht (FG) habe bei seiner Entscheidung nur die schriftlichen Äußerungen der Steuerfahndung ausgewertet. Die unübersehbaren Spuren tatsächlicher Prüfungshandlungen (gegen ihn, den Kläger) hätten die Richter "nicht sehen" wollen. Das FG habe insbesondere trotz zahlreicher ausdrücklicher Hinweise seines Prozessbevollmächtigten versäumt, den vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt ―FA―) in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Leitzordner zu sichten. Bei genauer Durchsicht und Auswertung dieser Unterlage hätte sich sein Vorbringen bestätigt, dass seine, des Klägers, Unterlagen tatsächlich beschlagnahmt und jahrelang von der Steuerfahndung einbehalten worden seien. Obwohl die Steuerfahndung wiederholt behauptet habe, gegen ihn (Kläger) nicht ermittelt zu haben, "sprächen" die Akten "eine ganz andere Sprache". Die Steuerfahndung habe einige Hundert Originalunterlagen mitgenommen und davon Kopien gefertigt. Eine bessere Dokumentation über die tatsächlichen Ermittlungshandlungen gegen ihn (Kläger) gebe es nicht.
Nicht zu erkennen sei, wie das FG zu dem Ergebnis hätte gelangen können, dass er (Kläger) mit (damals) 13 Jahren handlungsunfähig gewesen sei. Er sei von Anfang an durch seinen Vater und jetzigen Prozessbevollmächtigten von der Beschlagnahme seiner Unterlagen durch die Steuerfahndung umfassend unterrichtet worden.
b) Diese Ausführungen werden den Anforderungen an eine schlüssige Verfahrensrüge, hier namentlich an eine Sachaufklärungsrüge (vgl. § 76 Abs. 1 FGO) und an eine Rüge der Verletzung des Rechts auf Gehör (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes ―GG―, § 119 Nr. 3 FGO) nicht gerecht.
Bei der Prüfung, ob ein Verfahrensmangel (i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO i.d.F. vor In-Kraft-Treten des 2.FGOÄndG) vorliegt, ist stets von dem materiell-rechtlichen Standpunkt der Vorinstanz auszugehen, mag dieser richtig oder falsch sein (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 7. Februar 1995 V B 62/94, BFH/NV 1995, 861; Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., § 115 Rz. 24 und 34, m.w.N.; Herrmann, Die Zulassung der Revision und die Nichtzulassungsbeschwerde im Steuerprozess, Rz. 219, m.w.N.). Wird ein Verstoß gegen die Sachaufklärungspflicht mit der Begründung gerügt, das FG habe auch ohne entsprechenden Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt weiter aufklären müssen, so setzt eine schlüssige Verfahrensrüge u.a. den Vortrag des Beschwerdeführers voraus, inwiefern eine weitere Aufklärung des Sachverhalts auf der Grundlage des materiell-rechtlichen Standpunkts des FG zu einer anderen Entscheidung hätte führen können (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 17. Mai 1994 X B 280/93, BFH/NV 1995, 114; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 40, m.w.N.; Herrmann, a.a.O., Rz. 228). Entsprechendes gilt auch für die Rüge mangelnder Sachaufklärung wegen Übergehens von Beweisanträgen (vgl. BFH-Beschluss vom 19. August 1994 X B 124/94, BFH/NV 1995, 238; Gräber/Ruban, a.a.O., § 120 Rz. 40, m.w.N.; Herrmann, a.a.O., Rz. 226).
Auch eine schlüssige Gehörsrüge erfordert den substantiierten Vortrag des Beschwerdeführers, inwieweit die Entscheidung des FG unter Zugrundelegung dessen materiell-rechtlicher Auffassung bei Vermeidung des Gehörsverstoßes anders hätte ausfallen können (vgl. z.B. Herrmann, a.a.O., Rz. 230, m.w.N.). Dies gilt jedenfalls bei dem hier in Betracht kommenden Fall, dass sich der gerügte Gehörsverstoß nicht auf das Gesamtergebnis des Verfahrens, sondern nur auf einzelne Feststellungen bezieht (näher dazu Gräber/Ruban, a.a.O., § 119 Rz. 14, m.w.N.).
An diesen Erfordernissen fehlt es im Streitfall. Das FG hat in dem angefochtenen Urteil ausdrücklich hervorgehoben, es sei nach seinem materiell-rechtlichen Standpunkt unerheblich, ob die Steuerfahndung "Unterlagen des Klägers anlässlich der Durchsuchung bei seinem Vater und Prozessbevollmächtigten mitbeschlagnahmt (habe)" sowie ob und wann diese Unterlagen dem Kläger zurückgegeben worden seien (S. 8 unten f. des FG-Urteils).
3. Soweit der Kläger moniert, das FG habe aus dem Verhalten der Steuerfahndung zu der Schlussfolgerung gelangen müssen, dass sich deren Ermittlungen nicht nur gegen seinen Vater, sondern auch gegen ihn selbst gerichtet hätten, liegt darin die Rüge eines materiell-rechtlichen Fehlers, der für sich allein die Zulassung der Revision nicht rechtfertigt. Entsprechendes gilt für die Rüge, das Urteil lasse nicht erkennen, wie das FG zur Annahme der Handlungsunfähigkeit des Klägers gelangt sei.
4. Von einer weiteren Begründung wird gemäß § 116 Abs. 5 Satz 2, 2. Halbsatz FGO i.d.F. des 2.FGOÄndG abgesehen.
Fundstellen