Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung -- rechtzeitige Vollmachtsvorlage durch Telefax, verspätete Vorlage des Originals
Leitsatz (NV)
Mit einer Nichtzulassungsbeschwerde wird kein Zulassungsgrund dargelegt, wenn lediglich geltend gemacht wird, das FG habe eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Frist für die Vorlage der Prozeßvollmacht zu Unrecht nicht gewährt, obwohl die Prozeßvollmacht dem FG in Kopie (Telefax) rechtzeitig und im Ori ginal um einen Tag verspätet vorgelegt worden war. Das gilt insbesondere, wenn der Beschwerdeführer auch keine Wiedereinsetzungsgründe dargelegt hatte.
Normenkette
FGO § 56 Abs. 2, § 62 Abs. 3, § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) setzte den Prozeß bevollmächtigten des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) durch die ihnen am 21. Dezember 1995 mit Postzustellungs urkunde zugestellte Verfügung vom 17. Dezember 1995 gemäß § 62 Abs. 3 Satz 1, 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) eine Frist "für das Einreichen der (Original-)Vollmacht" bis zum 28. Februar 1996. Am 28. Februar 1996 übermittelten die Prozeßbevollmächtigten dem FG eine Prozeßvollmacht durch Telekopie (Telefax). Mit dem am 1. März 1996 beim FG eingegangenen Schriftsatz vom 28. Februar 1996 legten sie die Prozeßvollmacht im Original vor.
In dem den Prozeßbevollmächtigten am 16. April 1996 zugestellten Gerichtsbescheid vom 1. April 1996 wies das FG auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. November 1995 VII R 63/95 (BFHE 179, 5, BStBl II 1996, 105) hin, wonach es nicht ausreicht, daß der Prozeßbevollmächtigte dem Gericht die ihm erteilte Prozeßvollmacht durch Telefax übermittelt. Der Kläger beantragte mündliche Verhandlung, stellte aber keinen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand.
Das FG wies die Klage daraufhin durch Urteil vom 1. August 1996 als unzulässig ab. Zur Begründung führte es unter Hinweis auf das Urteil des BFH vom 14. März 1996 IV R 44/95 (BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319) u. a. aus, daß durch die Übermittlung der Tele kopie die nach § 62 Abs. 3 FGO gesetzte Ausschlußfrist nicht gewahrt worden sei und daß deswegen eine Prozeßvoraussetzung fehle.
Mit der Beschwerde begehrt der Kläger die Zulassung der Revision gegen das Urteil des FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache. An der Begründung des FG -- so führt der Kläger u. a. aus -- erscheine "schon auf den ersten Blick rechtlich zweifelhaft, ob dem Kläger für die Frage, ob eine Vollmachtsvorlage per Telefax am 28. 02. 1996 vor der einen Tag später auf dem Postwege folgenden Originalvollmacht ein BFH-Urteil mit Datum vom 14. 03. 1996 vorgehalten werden kann, d. h. eine Entscheidung des BFH, die im fraglichen Zeitpunkt weder veröffentlicht, noch überhaupt getroffen war". Wiedereinsetzung hätte ihm, dem Kläger, auch ohne ausdrücklichen Antrag gewährt werden müssen, wenn die Originalvollmacht der am letzten Tag der Ausschlußfrist durch Telefax übermittelten Prozeßvollmacht einen Tag später folge.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Sie ist nicht zulässig.
Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung dargelegt werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der Kläger hat nicht dargelegt, weshalb die von ihm für bedeutsam erachteten Rechtsfragen grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Satz 3 FGO) haben können.
a) Nach ständiger Rechtsprechung des BFH hat eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung, wenn eine für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das (abstrakte) Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (BFH-Beschlüsse vom 31. August 1994 II B 68/94, BFH/NV 1995, 240; vom 27. Juni 1985 I B 27/85, BFHE 144, 137, BStBl II 1985, 625). Dies erfordert ein substantiiertes Eingehen auf die Rechtsfrage. In der Beschwerdebegründung muß konkret ausgeführt werden, inwieweit die Rechtsfrage im allgemeinen Interesse des Rechts klärungsbedürftig und in welchem Umfang, von welcher Seite und aus welchen Gründen die Rechtsfrage umstritten ist (ständige Rechtsprechung des BFH z. B. Beschlüsse vom 21. Juni 1996 VIII B 89/95, BFH/NV 1996, 920; vom 21. August 1986 V B 46/86, BFH/NV 1987, 171).
Welche allgemeine Rechtsfrage der Kläger für klärungsbedürftig hält, ist nicht hin reichend erkennbar. Daß das FG in seinem Urteil vom 1. August 1996 bis dahin ver öffentlichte Entscheidungen des BFH heranziehen durfte, um den eindeutig bezeichneten Inhalt der Fristsetzungsverfügung des FG nach § 62 Abs. 3 FGO und die Folgen einer Nichtbeachtung zu prüfen, ist zweifelsfrei.
b) Im Zusammenhang mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Ver säumung der Frist für die Vorlage der Prozeßvollmacht im Original hat der Kläger ebenfalls keine klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung dargelegt, sondern nur eine seiner Ansicht nach vorhandene fehlerhafte Rechtsanwendung gerügt. Der Kläger beachtet nicht, daß er im Gegensatz zu der vom BFH in BFHE 179, 569, BStBl II 1996, 319 gegebenen Fallgestaltung ausdrücklich aufgefordert worden war, die Originalvollmacht vorzulegen, und daß ohne eine Darlegung von Wiedereinsetzungsgründen innerhalb der dafür vorgeschriebenen Frist (§ 56 Abs. 2 Satz 1 FGO) nicht beurteilt werden kann, ob er ohne Verschulden gehindert war (§ 56 Abs. 1 FGO), die gesetzte richterliche Frist einzuhalten. Darauf kann auch dann nicht verzichtet werden, wenn die Prozeßvollmacht im Original um einen Tag verspätet beim FG eingegangen ist, nachdem die Kopie der Vollmacht das FG noch vor Fristablauf erreicht hat. Es ist nicht offenkundig, weshalb dem Kläger die Vorlage der Originalvollmacht nicht innerhalb der Frist möglich war oder weshalb er nicht noch vor Fristablauf die Verlängerung der Frist (formlos) beantragen konnte.
3. Im übrigen ergeht die Entscheidung ohne weitere Begründung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs.
Fundstellen