Entscheidungsstichwort (Thema)

Erlaß von Säumniszuschlägen

 

Leitsatz (NV)

1. Durch die Rechtsprechung ist grundsätzlich geklärt, daß Säumniszuschläge neben ihrer Rechtfertigung als Druckmittel auch den Zweck haben, Gegenleistung für das Hinausschieben der Steuerzahlung zu sein.

2. Zeitweilige Zahlungsunfähigkeit rechtfertigt regelmäßig nicht den Erlaß sämtlicher Säumniszuschläge.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 227, 240, 258; FGO §§ 101-102, 115

 

Verfahrensgang

FG Köln

 

Gründe

Nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 und 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) hat oder das Urteil von einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO). In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des BFH, von der das Urteil abweicht, bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO).

1. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO, wenn die für die Beurteilung des Streitfalls maßgebliche Rechtsfrage das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Die Zulassung der Revision kommt nur wegen einer klärungsbedürftigen und klärungsfähigen Rechtsfrage in Betracht. An der Klärungsbedürftigkeit fehlt es, wenn die streitige Rechtsfrage aufgrund der Rechtsprechung des BFH geklärt ist (vgl. BFH-Beschlüsse vom 17. September 1974 VII B 112/73, BFHE 113, 409, BStBl II 1975, 196 und vom 16. Juli 1996 VII B 44/96, BFH/NV 1996, 871).

Durch die Rechtsprechung ist grundsätzlich geklärt, daß Säumniszuschläge neben ihrer Rechtfertigung als Druckmittel auch den Zweck haben, Gegenleistung für das Hinausschieben der Steuerzahlung zu sein, und es deshalb gerechtfertigt sein kann, den Erlaß der Säumniszuschläge in der Weise zu begrenzen, daß der säumige Steuerschuldner in der Höhe belastet bleibt, in der im Fall einer Aussetzung oder Stundung Aussetzungs- bzw. Stundungszinsen angefallen wären (vgl. BFH-Urteile vom 22. Juni 1990 III R 150/85, BFHE 161, 4, BStBl II 1991, 864; vom 29. August 1991 V R 78/86, BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906 und vom 18. April 1996 V R 55/95, BFHE 180, 516, BStBl II 1996, 561); dies gilt auch, falls Vollstreckungsaufschub nach § 258 der Abgabenordnung (AO 1977) gewährt wurde (BFH in BFHE 161, 4, BStBl II 1991, 864 und in BFHE 165, 178, BStBl II 1991, 906).

Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich nicht, warum -- worauf der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in der Beschwerdebegründung abstellt -- für die Entscheidung des Streitfalls darüber hinaus noch klärungsbedürftig sein soll, ob ein Vollstreckungsaufschub gegen Ratenzahlungen indiziert, daß es dem Steuerschuldner nicht möglich war, seinen Steuerzahlungsverpflichtungen sofort nachzukommen.

2. Eine Abweichung i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO liegt vor, wenn das Urteil des Finanzgerichts (FG) in einer konkreten Rechtsfrage von einer Entscheidung des BFH abweicht. Das FG muß seiner Entscheidung einen Rechtssatz zugrundegelegt haben, der mit den ebenfalls tragenden rechtlichen Erwägungen einer Entscheidung des BFH nicht übereinstimmt (Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 115 Anm. 17). Die Entscheidung des BFH und die Rechtsfrage müssen in der Beschwerdeschrift genau bezeichnet werden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Der Kläger muß dartun, daß das vorinstanzliche Gericht seiner Entscheidung einen abstrakten Rechtssatz zugrundegelegt hat, der mit der näher angeführten Rechtsprechung des Revisionsgerichts nicht übereinstimmt. In der Beschwerdebegründung müssen abstrakte Rechtssätze des vorinstanzlichen Urteils und der Divergenzentscheidung des BFH so genau bezeichnet werden, daß eine Abweichung erkennbar wird (Gräber/Ruban, a.a.O., § 115 Anm. 63). Hieran fehlt es im Streitfall.

Der Kläger behauptet zwar, das FG habe den Begriff der Zahlungsunfähigkeit im konkursrechtlichen Sinne verstanden, während es nach dem BFH-Urteil vom 16. September 1992 X R 169/90 (BFH/NV 1993, 510) nicht auf die Zahlungsunfähigkeit im konkursrechtlichen Sinne ankomme. Es ist jedoch bereits zweifelhaft, inwieweit das FG mit seinem Hinweis auf "Kilger/Schmidt, Konkursordnung, 16. Aufl. 1993, § 30 Anm. 5" den Begriff der Zahlungs unfähigkeit konkursrechtlich definieren wollte. Jedenfalls geht es dem FG an der genannten Stelle um die dauernde Zahlungsunfähigkeit, die den Erlaß sämtlicher Säumniszuschläge rechtfertigt. Demgegenüber geht es in der vom Kläger zitierten Stelle aus dem BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 510 um die zeitweilige Zahlungsunfähigkeit, die -- wie oben ausgeführt -- regelmäßig nicht den Erlaß sämtlicher Säumniszuschläge rechtfertigt.

Aus der Beschwerdeschrift ergibt sich auch keine Divergenz zu dem Urteil des BFH vom 7. Mai 1993 III R 43/89 (BFH/NV 1994, 144); vielmehr stimmen die Grundsätze dieser Entscheidung mit denen der Vorentscheidung im wesentlichen überein.

3. Von einer weiteren Begründung seiner Entscheidung sieht der Senat gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ab.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422078

BFH/NV 1997, 729

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