Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorlage der Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse erst im Beschwerdeverfahren
Leitsatz (NV)
Lehnt das FG den Antrag auf Prozeßkostenhilfe ab, weil der Antragsteller die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht vorgelegt hat, wird der finanzgerichtliche Beschluß nicht dadurch rechtswidrig, daß der Antragsteller seiner Beschwerde gegen den Beschluß diese Erklärung beifügt.
Normenkette
FGO § 142; ZPO §§ 114, 117
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragten beim Finanzgericht (FG) mit Schreiben vom 13. Juni 1996, die Vollziehung der aufgrund einer Außenprüfung ergangenen Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide für 1990 bis 1992 sowie des Bescheids über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für 1992 auszusetzen. Außerdem begehrten sie Prozeßkostenhilfe (PKH) für dieses Verfahren.
Zur Begründung des Antrags auf PKH trugen die Antragsteller vor: Das Aussetzungsverfahren habe Aussicht auf Erfolg, da bei der Außenprüfung gegen zwingende Verfahrensvorschriften über die Beteiligung und Anhörung des Bevollmächtigten evident verstoßen worden sei. Sie seien nicht in der Lage, die Prozeßkosten für das Verfahren aus eigenen Mitteln zu bezahlen. Aufgrund eines Konkursverfahrens hätten sie sämtliche Vermögenswerte verloren. Da sie derzeit stellungslos seien, erzielten sie auch keine Einkünfte. Das Formular über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse werde nachgereicht. Mit einem weiteren Schreiben teilten die Antragsteller mit, das Landgericht habe in einer Zivilprozeßsache PKH bewilligt. Eine Kopie des Bewilligungsbeschlusses fügten sie bei und baten das FG nunmehr, ebenfalls PKH zu bewilligen.
Das FG lehnte den Antrag auf PKH durch Beschluß vom 15. August 1996 ab. Es führte aus: Die Antragsteller hätten die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse, die unabdingbare Voraussetzung für die Gewährung von PKH sei, nicht vorgelegt. Der Bewilligungsbeschluß des Landgerichts mache die Vorlage dieser Erklärung nicht entbehrlich. Abgesehen davon, daß nur dem Antragsteller PKH bewilligt worden sei, datiere dieser Beschluß bereits vom 27. März 1996 und sei daher als aktueller Nachweis für die wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller nicht geeignet. Zudem hätten die Antragsteller die dem Landgericht vorgelegte Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die entsprechenden Belege nicht beigefügt.
Mit der Beschwerde gegen den finanzgerichtlichen Beschluß legten die Antragsteller eine Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vom 6. September 1996 vor und baten den Beschluß abzuändern. Sie trugen vor, sie seien davon ausgegangen, daß durch den Bewilligungsbeschluß des Landgerichts die Bedürftigkeit ausreichend glaubhaft gemacht worden sei.
Das FG half der Beschwerde nicht ab, weil die Antragsteller keine die Angaben in der Erklärung bestätigenden Belege vorgelegt hätten. Hierfür hätte im Streitfall besonders deshalb Anlaß bestanden, weil die Antragsteller noch im Schreiben vom 13. Juni 1996 mitgeteilt hätten, daß sie keine Einkünfte erzielten.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist unbegründet.
a) Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 114 der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält eine Partei, die nach ihren persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Dem beim Prozeßgericht zu stellenden Antrag (§ 117 Abs. 1 Satz 1 ZPO) sind eine Erklärung der Partei über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse sowie entsprechende Belege beizufügen (§ 117 Abs. 2 ZPO). Hierbei hat der Prozeßbeteiligte die dafür eingeführten Vordrucke zu benutzen (§ 117 Abs. 4 ZPO).
b) Das FG hat den Antrag auf PKH zu Recht abgelehnt, weil die Antragsteller bis zum Erlaß des finanzgerichtlichen Beschlusses keine Erklärung über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt hatten. Das FG brauchte die Antragsteller auch nicht zur Abgabe aufzufordern, da der anwaltliche Vertreter angekündigt hatte, diese Erklärung vorzulegen (Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 23. November 1993 VII B 175/93, BFH/NV 1994, 734).
c) Die Rechtmäßigkeit des finanzgerichtlichen Beschlusses wird nicht dadurch berührt, daß die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beschwerdeschrift beigefügt wurde. Denn die Bewilligung der PKH wirkt grundsätzlich nur in die Zukunft (BFH-Beschlüsse vom 3. August 1993 VII B 71/93, BFH/NV 1994, 257; vom 23. Dezember 1993 VIII B 98/93, BFH/NV 1994, 657; in BFH/NV 1994, 734, und vom 26. Oktober 1994 X B 156/94, BFH/NV 1995, 725). Rückwirkend auf den Zeitpunkt der Antragstellung wird die PKH nur dann gewährt, wenn der Antragsteller einen formgerechten Antrag unter Beifügung aller erforderlichen Unterlagen gestellt hat.
Im Streitfall haben die Antragsteller erst im Beschwerdeverfahren -- also nach der ablehnenden Entscheidung des FG -- die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse vorgelegt. Die PKH könnte somit frühestens ab diesem Zeitpunkt bewilligt werden. Dieser Zeitpunkt war aber nicht Gegenstand des angefochtenen finanzgerichtlichen Beschlusses und kann somit auch nicht Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sein (BFH in BFH/NV 1994, 257; BFH/NV 1994, 657; BFH/NV 1994, 734; BFH/NV 1995, 725). Es kommt daher für die Entscheidung über die Beschwerde auch nicht darauf an, ob die Antragsteller der Erklärung die "entsprechenden Belege" (z. B. über die Einkünfte, die Rente und die Ausgaben) hätten beifügen müssen.
d) Es bleibt den Antragstellern jedoch unbenommen, unter Vorlage der erforderlichen Unterlagen und Darlegung der Erfolgsaussichten des Rechtsstreits beim FG erneut PKH für das Aussetzungsverfahren zu beantragen.
Fundstellen
Haufe-Index 422154 |
BFH/NV 1997, 436 |