Entscheidungsstichwort (Thema)

Errichtung und Verkauf von Eigentumswohnungen als gewerblicher Grundstückshandel

 

Leitsatz (NV)

1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, daß die Errichtung von zwei Wohnblöcken mit 18 Wohnungen und der hieran anschließende Verkauf von 13 Wohnungen als gewerblicher Grundstückshandel anzusehen sind.

2. Zu den Voraussetzungen verbindlicher Zusagen der Finanzbehörden.

 

Normenkette

EStG 1984 § 15 Abs. 2; GewStDV § 1 Abs. 1

 

Tatbestand

In den Hauptsacheverfahren ist streitig, ob A und B, die Kläger, Revisionskläger und Antragsteller (Kläger), durch die Errichtung von zwei Wohnblocks mit 18 Wohnungen, durch deren Umwandlung in Eigentumswohnungen und den Verkauf von 13 der 18 Eigentumswohnungen nebst einer Garage in der Zeit von Ende 1966 bis einschließlich 1974 eine Vermögensverwaltung ausgeübt oder einen gewerblichen Grundstückshandel betrieben haben und demgemäß in den Streitjahren 1971 bis 1975 Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt haben, ebenso für 1970 bis 1975 gewerbesteuerpflichtig sind und ob zum 1. Januar 1970 bis einschließlich 1. Januar 1976 Einheitswerte des Betriebsvermögens festzustellen waren.

Der Beklagte, Revisionsbeklagte und Antragsgegner (das Finanzamt - FA -) bejahte für die Streitjahre bzw. für die angeführten Stichtage - entgegen der Behandlung in den vorausgegangenen Veranlagungsjahren - einen gewerblichen Grundstückshandel und stellte daher die Gewinne aus der Veräußerung der Eigentumswohnungen als Einkünfte aus Gewerbebetrieb und als Erträge im Sinne des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) fest und behandelte die bebauten Grundstücke ab 1. Januar 1970 als gewerbliches Betriebsvermögen.

Einsprüche und Klagen, mit denen die Kläger eine gewerbliche Betätigung sowohl aus sachlichen Gründen bestritten als auch unter Berufung auf die Grundsätze von Treu und Glauben, durch die sich das FA an die Bejahung einer bloßen Vermögensverwaltung gebunden habe, hatten keinen Erfolg.

Gleichzeitig mit den Revisionen in den Hauptsacheverfahren beantragten die Kläger die Aussetzung der Vollziehung der genannten Feststellungsbescheide (Gewinnfeststellungsbescheide, Gewerbesteuermeßbetragsbescheide und Einheitswertbescheide), weil ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestünden; für eine Aussetzung der Vollziehung im summarischen Verfahren genüge es, daß ein Erfolg der Revisionen ebensowenig auszuschließen sei wie deren Mißerfolg.

 

Entscheidungsgründe

Die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung sind unbegründet.

Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag die Vollziehung der angefochtenen Verwaltungsakte ganz oder teilweise aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an ihrer Rechtmäßigkeit bestehen, oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte (§ 69 Abs. 3 Satz 1, Abs. 2 Satz 2 FGO).

Das Aussetzungsverfahren ist ein summarisches Verfahren. Zweifel rechtlicher oder tatsächlicher Art können in diesen Verfahren nicht abschließend geklärt werden, da das Gericht sonst der Entscheidung im Hauptsacheverfahren vorgreifen würde. Dies ist schon deshalb unzulässig, weil das Gericht bei der Entscheidung in der Hauptsache anders besetzt sein muß als bei Entscheidungen im Aussetzungsverfahren, die im Beschlußverfahren erlassen werden.

Im Streitfall bestehen bei einer solchen summarischen Prüfung keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide, Gewerbesteuermeßbetragsbescheide und Einheitswertbescheide.

Ob ein gewerbliches Unternehmen im Sinne von § 15 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) oder ein stehender Gewerbebetrieb im Sinne von § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG oder ein gewerbliches Betriebsvermögen im Sinne des Bewertungsgesetzes (BewG) vorliegt, ist nach übereinstimmenden Grundsätzen zu entscheiden. Ein Gewerbebetrieb ist anzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 1 der Gewerbesteuer-Durchführungsverordnung - GewStDV - (ab 1984 auch des § 15 Abs. 2 EStG) erfüllt sind und sich die Tätigkeit nach den Umständen des Einzelfalles nicht als private Vermögensverwaltung darstellt. Nach § 1 Abs. 1 GewStDV ist Voraussetzung für einen Gewerbebetrieb eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, die mit Gewinnerzielungsabsicht unternommen wird, sich als Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr darstellt und weder als Ausübung für Land- und Forstwirtschaft noch als Ausübung eines freien Berufes oder sonstiger selbständiger Arbeiten im Sinne des EStG anzusehen ist.

Aufgrund summarischer Prüfung sind die in der genannten Bestimmung beschriebenen Merkmale einer selbständigen nachhaltigen und mit Gewinnerzielungsabsicht unter Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr vorgenommenen Betätigung erfüllt. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) stellt die Errichtung und der Verkauf von Eigentumswohnungen mit allen dazugehörigen Aktivitäten eine gewerbliche Betätigung dar, wenn nach dem Gesamtbild und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung die ,,Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung" gegenüber der ,,Nutzung von Grundbesitz im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten" entscheidend in den Vordergrund tritt (vgl. Urteil vom 17. Januar 1973 I R 191/72, BFHE 108, 190, BStBl II 1973, 260). Eine nachhaltige Betätigung, die nach dem Gesamtbild und unter Berücksichtigung der Verkehrsauffassung den Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschreitet, liegt insbesondere dann vor,

a) wenn die genannten Aktivitäten im unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit dem entgeltlichen Erwerb des Grundbesitzes von Personen entfaltet werden, die ihren Tätigkeiten nach Bau- und Grundstücksgeschäften nahestehen,

b) wenn feststeht, daß dabei als Zielsetzung von vornherein auch eine gewinnbringende Veräußerung von Eigentumswohnungen ernstlich in Betracht gezogen worden ist, insbesondere nicht erwiesen ist, daß ausschließlich eine Bebauung zwecks langfristiger Vermietung geplant war und

c) wenn überdies die Gesamtheit der Aktivitäten (Grundstückserwerb, Maßnahmen zur Baureifmachung, Errichtung von Wohnungen, Umwandlung in Eigentumswohnungen und schließlich die Veräußerung der Eigentumswohnungen) objektiv erkennbar auf Wiederholung angelegt war.

Das Vorliegen dieser Voraussetzungen wurde vom Finanzgericht (FG) mit eingehender Begründung bejaht. Das FG hat festgestellt, daß die Kläger bei der Errichtung von 18 Wohnungen in den Jahren 1965 und 1966, bei ihrer Umwandlung in Eigentumswohnungen und bei der Veräußerung von 13 der 18 Eigentumswohnungen nebst einer Garage in den Jahren 1967-1974 selbständig auf eigene Rechnung und in eigener Verantwortung tätig geworden sind. Allein durch die Veräußerung an 13 verschiedene Käufer hätten sich die Kläger auch nachhaltig betätigt, weil die Verkaufstätigkeit auf Wiederholung angelegt war. Die Kläger hätten mit dem Verkauf der Wohnungen einen Gewinn erzielen wollen, was sich daraus ergebe, daß sie die einzelnen Wohnungen zu einem Preis veräußert haben, der über ihren Herstellungs- und Anschaffungskosten gelegen habe. Eine Teilnahme am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr bejahte das FG schon deshalb, weil die Kläger notwendigerweise mit mehreren Kaufinteressenten verhandeln mußten. Dies reiche nach der Rechtsprechung des BFH insbesondere beim Verkauf von Häusern und Eigentumswohnungen aus (vgl. Urteil vom 15. Dezember 1971 I R 49/70, BFHE 104, 178, BStBl II 1972, 291).

Die Einwände der Kläger in ihren Revisionen vermögen die Würdigung des FG nicht zu erschüttern. Ihre Behauptung, die Wohnungen seien als Vermietungsobjekte errichtet worden, ist durch die vom FG festgestellten Fakten widerlegt. Auch aus der eigenen Aussage des Klägers zu 2 vor dem FG ergibt sich, daß der Verkauf von Eigentumswohnungen von Anfang an geplant war. Ohne diese Veräußerungsabsicht wäre die Vorsprache des Klägers zu 2 beim FA im Jahre 1964, durch die er die Zusage erlangen wollte, daß der Verkauf von Eigentumswohnungen noch im Rahmen der Vermögensverwaltung liege, sinnlos. Im Falle der Kläger spricht alles dafür, daß es sich bei ihren Grundstücksgeschäften nach der Rechtsprechung des BFH um einen typischen Fall der Ausnutzung substantieller Vermögenswerte durch Umschichtung handelt, die auch zu diesem Zwecke eigens erworben wurden.

Auch gegen die Würdigung des FG, daß der Annahme einer gewerblichen Betätigung der Kläger bei den strittigen Grundstücksgeschäften weder der Grundsatz von Treu und Glauben, noch eine bindende Zusage des FA entgegenstehe, bestehen aufgrund summarischer Prüfung keine Bedenken.

Unstreitig ergingen die ursprünglichen einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheide für die Jahre 1966-1969, die die Einkünfte der Kläger aus ihren Grundstücksgeschäften als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelten, nach § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) vorläufig, wobei der Bescheid für 1967 den Hinweis enthielt, daß die Errichtung von 18 Eigentumswohnungen die Grenzen der Vermögensverwaltung überschreite und deshalb beabsichtigt sei, bei den endgültigen Veranlagungen von gewerblichen Einkünften auszugehen (vgl. Feststellungsbescheid 1966 vom 2. Mai 1968, Feststellungsbescheid 1967 vom 20. Mai 1969, Feststellungsbescheid 1968 vom 11. August 1970 und Feststellungsbescheid 1969 vom 7. September 1971). Erst auf das wiederholte Monieren des Steuerberaters X wurden diese Bescheide am 3. Juli 1973 ohne Änderung für endgültig erklärt. Und erst mit Bescheid vom 13. Juli 1973 wurden die Einkünfte für 1970 endgültig als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung festgestellt.

Nach diesem Verfahrensablauf konnten die Kläger bis Juli 1973 nicht darauf vertrauen, daß die Grundstücksgeschäfte insgesamt den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zugerechnet würden. Bereits am 21. Juni 1974 schrieb der neue Sachbearbeiter dem Steuerberater X, daß bei den Klägern gewerblicher Grundstückshandel vorliege. Bei dieser Beurteilung verblieb dann das FA.

Entgegen diesem Verfahrensablauf ist eine Bindung des FA in der steuerlichen Beurteilung der Grundstücksgeschäfte der Kläger auch nicht dadurch eingetreten, daß den Klägern entweder schon vor den Veranlagungen der Jahre 1966 bis 1969 oder zumindest vor den Veranlagungen der Streitjahre eine bindende Zusage seitens des FA erteilt worden ist.

Die diesbezüglichen Behauptungen der Kläger können aufgrund der Beweisaufnahmen durch das FG nicht als erwiesen angesehen werden.

Eine bindende Zusage des FA setzt eine ausdrückliche Erklärung des dafür zuständigen Beamten, also nicht nur des Sachbearbeiters des FA voraus, in der sich dieser für einen bestimmten Sachverhalt in künftigen Jahren zu einer bestimmten rechtlichen Beurteilung verpflichtet. Behaupten Steuerpflichtige eine solche Zusage, so tragen sie dafür die Beweislast. Selbst wenn man davon ausgeht, daß eine solche Zusage unter der Geltung der AO nicht unbedingt hätte schriftlich erteilt werden müssen, so mußte das FG nach dem Ergebnis seiner Beweisaufnahmen den erforderlichen Nachweis für ihr Bestehen verneinen.

Gegen eine Zusage im Jahre 1964 spricht vor allem, daß die Beamten des FA, die die Zusage gegeben haben sollen, nicht die zuständigen Sachgebietsleiter waren; außerdem das Verhalten des FA bei den vorläufigen Veranlagungen der Jahre 1966-1969. Des weiteren spricht dagegen, daß über die behauptete Zusage kein Schriftstück irgendwelcher Art existiert, nicht einmal eine Aktennotiz, wie sie sonst üblich ist. Die vernommenen Beamten des FA haben auch ausgesagt, daß Zusagen der behaupteten Art vom FA nur schriftlich erteilt werden. Keiner der vernommenen Beamten konnte sich an eine derartige Zusage erinnern, obwohl ihnen die Vorsprache des Klägers zu 2 teilweise noch in Erinnerung war.

Insgesamt haben sich für eine verbindliche Zusage im Jahre 1964 keine faßbaren Anhaltspunkte ergeben.

Was die behauptete erneute Zusage am 9. Juli 1969 betrifft, so bestehen auch insoweit gegen die negative Würdigung durch das FG im Ergebnis keine Bedenken. Gegen diese Zusage spricht der Umstand, daß der Kläger zu 2 wiederum mit dafür nicht zuständigen Beamten gesprochen hat und darüber wiederum kein Schriftstück in Händen hat, obwohl ihm die Bedeutung der Schriftlichkeit einer solchen Zusicherung von seinem Steuerberater inzwischen klargemacht worden war. Dagegen spricht auch, daß von seiten des FA daraufhin nichts veranlaßt wurde. Es spricht vielmehr alles dafür, daß es sich bei dieser Vorsprache mehr darum handelte, die Endgültigkeitserklärung der Bescheide für 1966-1969 zu erreichen, in welchen Jahren erst vier Eigentumswohnungen verkauft worden waren, und deren steuerliche Behandlung daher für die folgenden Jahre nicht unbedingt maßgebend sein konnte. Auch diese Feststellungsbescheide wurden jedoch erst nach mehreren Jahren und mehreren weiteren Unterredungen im Juli 1973 für endgültig erklärt. All das spricht gegen eine Zusage des FA hinsichtlich der Streitjahre. Die Frage der gewerblichen Betätigung blieb offenbar auch nach dieser Vorsprache noch jahrelang offen.

Die Erklärungen des Steuerberaters X und seine Aktennotizen, die das FG in seine Würdigung einbezogen hat, führen zu keinem anderen Ergebnis. Steuerberater X zwar nicht Zeuge der behaupteten verbindlichen Zusagen und behauptet auch selbst nicht, daß ihm gegenüber solche verbindlichen Erklärungen abgegeben wurden. Im übrigen war dem Steuerberater X auch bekannt, daß die behaupteten verbindlichen Erklärungen des Sachbearbeiters Y ohne Rechtswirkungen waren. Steuerberater X hat selbst den Kläger zu 2 auf diesen Umstand hingewiesen.

Die Rüge mangelnder Sachaufklärung mit der Begründung, das FG habe den Steuerberater X nicht - wie beantragt - als Zeugen vernommen, läßt die Rechtslage zugunsten der Kläger schon deshalb nicht als zweifelhaft erscheinen, weil die Unterlassung dieser Vernehmung in den beiden Beweisterminen vor dem FG spätestens bei Abschluß der mündlichen Verhandlung vor dem FG hätte gerügt werden müssen und gerügt werden können (vgl. BFH-Urteil vom 18. April 1972 VIII R 40/66, BFHE 105, 325, BStBl II 1972, 572).

Nach alledem fehlen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Feststellungsbescheide, die Voraussetzung für eine Aussetzung der Vollziehung wären. Daß die Vollziehung eine unbillige Härte i. S. des § 69 Abs. 2 und 3 FGO zur Folge hätte, wurde weder vorgetragen noch ist eine solche erkennbar. Die Anträge auf Aussetzung der Vollziehung waren daher abzulehnen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 414291

BFH/NV 1987, 438

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