Entscheidungsstichwort (Thema)

Inanspruchnahme eines Kommanditisten nach Auflösung der KG

 

Leitsatz (NV)

1. Nach Beendigung einer KG kann ein Kommanditist den Gewinn aus dem Fortfall des negativen Kapitalkontos nur mindern, wenn er im Zusammenhang mit seiner Beteiligung noch mit einer Inanspruchnahme rechnen muß.

2. §117 Abs. 1 Satz 2 ZPO macht es dem Antragsteller zur Pflicht, im PKH-Verfahren die hinreichende Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung anhand konkret zu bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert aufzuzeigen.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 16 Abs. 1; FGO § 142; ZPO § 114ff

 

Tatbestand

Der Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) war als Kommanditist an der X-KG (KG) mit einer Kommanditeinlage in Höhe von 48 000 DM beteiligt. Die KG, die ihren Gewinn nach einem vom Kalenderjahr abweichenden Wirtschaftsjahr (1. August bis 31. Juli) ermittelte, wurde durch Beschluß der Gesellschafter vom 21. April 1988 zum 30. April 1988 aufgelöst. Die Abwicklung erfolgte durch sämtliche Gesellschafter im Wirtschaftsjahr 1988/89 und endete mit der Veräußerung des Betriebsgrundstücks.

Nach der von dem Steuerberater der KG auf den 31. Juli 1989 eingereichten Bilanz wiesen die Kapitalkonten der Gesellschafter einen negativen Saldo in Höhe von 530 367,53 DM aus. Außerdem waren Bürgschaftsleistungen der A-KG, einem Kunden der KG, in derselben Höhe passiviert. Der Saldo der Kapitalkonten des Klägers betrug zum 31. Juli 1988 ./. 292 683,79 DM (geleistete Kommanditeinlage 48 000 DM abzüglich 340 683,79 DM Kapitalkonto II).

Dementsprechend stellte der Beklagte (das Finanzamt -- FA --) den Veräußerungsgewinn der KG in Höhe von insgesamt 530 367 DM fest. Der anteilige Veräußerungsgewinn des Klägers wurde mit 292 684 DM berücksichtigt und nach Abzug verrechenbarer Verluste gemäß §15a Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von 168 141 DM angesetzt. Der Einspruch des Klägers blieb erfolglos.

Mit der Klage machte der Kläger geltend, die negativen Kapitalkonten der Kommanditisten seien in der Bilanz zum 31. Juli 1989 stehengeblieben, ohne daß noch irgendwelche Schulden der KG bestanden hätten. Die Schulden seien durch den Verkauf des Betriebsgrundstücks getilgt worden. Ein schriftlicher Bürgschaftsvertrag zwischen der A-KG und der KG sei nie abgeschlossen worden. Auch sei die A-KG nie in Anspruch genommen worden.

Er gehe davon aus, daß die KG auf einen Ausgleich der negativen Konten nicht verzichten werde. Das ergebe sich auch aus dem von ihm mit der A-KG abgeschlossenen Darlehensvertrag vom 9. Dezember 1988. Danach habe die Auszahlung der Darlehenssumme von 110 000 DM direkt an die KG zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten führen sollen.

Nach Klageerhebung beantragte der Kläger die Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH). Diesen Antrag lehnte das Finanzgericht (FG) mangels hinreichender Aussicht auf Erfolg der beabsichtigten Rechtsverfolgung ab. Bei der gebotenen summarischen Prüfung sei der festgestellte anteilige Veräußerungsgewinn des Klägers nicht auf null DM herabzusetzen. Nach dem eigenen Vortrag des Klägers sei die KG zum 30. April 1988 aufgelöst und der Erlös aus der Veräußerung des Betriebsgrundstücks zur Tilgung der offenen Verbindlichkeiten verwandt worden. Im Zuge der Liquidation falle das negative Kapitalkonto des Kommanditisten weg, weil er nur mit seiner Einlage am Verlust teilnehme (§167 Abs. 3 des Handelsgesetzbuchs -- HGB --). Der Einwand des Klägers, er müsse noch mit einer Inanspruchnahme wegen seines negativen Kapitalkontos rechnen, sei angesichts seiner Stellung als Kommanditist unerheblich. Auch könne dahingestellt bleiben, ob der Vortrag des Klägers zum Bürgschaftsvertrag mit der A-KG zutreffe. Denn die Höhe seines negativen Kapitalkontos in der Abschlußbilanz zum 31. Juli 1989, das auf der Zuweisung verrechenbarer Verluste (§15a EStG) der Vorjahre resultiere, werde durch etwaige Bürgschaftsleistungen nicht beeinflußt.

Nach der vorliegenden Abschlußbilanz erscheine es sogar naheliegend, daß Bürgschaftsleistungen nicht erbracht worden seien, weil sich die Bilanzposten "Bürgschaftsposten" und die Summe der Kapitalkonten rechnerisch entsprächen. Das deute darauf hin, daß die Bürgschaftsleistungen in die Bilanz lediglich aufgenommen worden seien, um eine gewinnerhöhende Auflösung der Kapitalkonten zu vermeiden. Der Vortrag zum Darlehen der A-KG sei unerheblich. Danach seien keine Zahlungen zur Auffüllung seines negativen Kapitalkontos erfolgt. Auch sei der Kläger nicht verpflichtet gewesen, über die geleistete Kommanditeinlage hinaus etwas zu zahlen. Im übrigen könne die im Bescheid 1988 getroffene Feststellung des FA, der verrechenbare Verlust betrage 124 543 DM, nicht im anhängigen Klageverfahren betreffend den Feststellungsbescheid 1989 überprüft werden.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der Beschwerde. Er macht u.a. geltend, er sei nicht nur an der KG als Kommanditist mit 48 000 DM, sondern auch an der Komplementär- GmbH mit 24 000 DM beteiligt gewesen. Um beurteilen zu können, inwieweit er zum Ausgleich des negativen Kapitalkontos verpflichtet gewesen sei, seien daher auch der Gesellschaftsvertrag sowie Bilanz und Gewinn- und Verlustrechnung der GmbH heranzuziehen.

Das FG hat der Beschwerde nicht abgeholfen.

Der Kläger beantragt, ihm unter Aufhebung der Vorentscheidung PKH zu bewilligen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg.

Gemäß §142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i.V.m. §§114ff. der Zivilprozeßordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozeßführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Die Rechtsverfolgung verspricht nur dann hinreichende Aussicht auf Erfolg, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Antragstellers aufgrund dessen Sachdarstellung und der vorhandenen Unterlagen für zutreffend oder zumindest vertretbar hält, in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist und deshalb bei summarischer Prüfung für den angestrebten Erfolg eine gewisse Wahrscheinlichkeit besteht (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86, BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217, sowie Senatsbeschluß vom 3. Dezember 1996 IV S 2/96, BFH/NV 1997, 700; s. weiter BFH-Beschluß vom 24. Juni 1997 VII B 83/97, BFH/NV 1998, 78, m.w.N.).

Im Streitfall liegen diese Voraussetzungen nicht vor. Das FG hat zu Recht das Vorbringen des Klägers, er müsse noch mit einer Inanspruchnahme wegen seines negativen Kapitalkontos rechnen, für unerheblich erachtet. Denn als Kommanditist war der Kläger gemäß §167 Abs. 3 HGB nicht verpflichtet, sein negatives Kapitalkonto auszugleichen (vgl. Senatsurteil vom 28. Juli 1994 IV R 53/91, BFHE 175, 353, BStBl II 1995, 112). Er hatte seine Kommanditeinlage voll erbracht; auch hat er nicht behauptet, daß seine Einlage zurückbezahlt worden sei oder er Gewinnanteile i.S. von §172 Abs. 4 HGB entnommen habe.

Das FG konnte ferner die Behauptung, seitens der A-KG seien keine Bürgschaftsleistungen erfolgt, dahingestellt sein lassen. Denn die Höhe des anteiligen Aufgabegewinns des Klägers wäre dadurch nicht beeinflußt worden. Denn bestünde der für die Bürgschaftsleistung in Höhe von 530 367,53 DM angesetzte Passivposten nicht, würde sich der Aufgabegewinn der KG um diesen Betrag und der anteilige Aufgabegewinn des Klägers entsprechend erhöhen.

Im übrigen hat das FG die auf den Darlehensvertrag vom 9. Dezember 1988 mit der A-KG gestützte Behauptung des Klägers, die KG werde auf den Ausgleich des negativen Kapitalkontos nicht verzichten, zu Recht für unerheblich erachtet. Denn selbst wenn die vereinbarte Darlehenssumme in Höhe von 110 000 DM dazu dienen sollte, Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber der KG zu tilgen, so hat der Kläger weder dargelegt, daß ihm trotz vollständiger Erbringung seiner Kommanditeinlage eine Inanspruchnahme wegen Verbindlichkeiten der KG drohe (vgl. Senatsurteil vom 12. Juli 1990 IV R 37/89, BFHE 162, 30, BStBl II 1991, 64, sowie BFH-Urteil vom 9. Februar 1993 VIII R 29/91, BFHE 171, 419, BStBl II 1993, 747) noch hat er behauptet, daß die Darlehenssumme in Höhe von 110 000 DM tatsächlich an die KG abgeflossen sei, noch dargelegt, woraus seine angeblichen Verbindlichkeiten gegenüber der KG bestanden haben sollten. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem im Beschwerdeverfahren in Kopie vorgelegten Schreiben der A- KG vom 30. Juni 1992, der Kläger habe es übersehen, die im Darlehensvertrag vom 9. Dezember 1988 vorgesehenen Rückzahlungen und Zinsen (in Höhe von insgesamt 60 500 DM) zu begleichen. Daß die A-KG diesen Anspruch weiterverfolgt habe, ist nicht ersichtlich. Nicht dargetan hat der Kläger ferner, daß sich durch seine im Beschwerdeverfahren erstmals behauptete Beteiligung als Gesellschafter an der Komplementärin der KG, einer GmbH, seine eigene beschränkte Haftung als Kommanditist der KG geändert haben könnte.

Der erkennende Senat ist nicht verpflichtet, sich in diesem summarischen Verfahren durch Einsicht in die Gesellschaftsverträge der KG und ihrer Komplementär-GmbH davon zu überzeugen, daß der Kläger abweichend von den Bestimmungen des HGB über die erbrachte Kommanditeinlage hinaus für die Verbindlichkeiten der KG in Anspruch genommen werden könnte. Zwar darf im Rahmen des PKH-Verfahrens die Entscheidung des Klageverfahrens nicht vorweggenommen werden. §117 Abs. 1 Satz 2 ZPO macht es aber dem Antragsteller zur Pflicht, die hinreichende Erfolgsaussicht anhand konkret zu bezeichnender und darzulegender Tatsachen schlüssig und substantiiert aufzuzeigen (Senatsbeschluß in BFH/NV 1997, 700, m.w.N.). Dazu gehört insbesondere die Vorlage von Unterlagen.

Aus diesem Grunde kann die beabsichtigte Rechtsverfolgung auch nicht etwa deshalb als erfolgversprechend angesehen werden, weil das FA die nunmehr behauptete Beteiligung des Klägers an der Komplementär- GmbH nicht erfaßt hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 302931

BFH/NV 1998, 1484

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