Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsätzlich keine Zulassung einer Beschwerde in der Rechtsmittelbelehrung
Leitsatz (NV)
- Die Beschwerde gegen einen die Aussetzung der Vollziehung ablehnenden Beschluss ist nur statthaft, wenn sie entweder im Tenor oder in den Entscheidungsgründen des Beschlusses vom FG ausdrücklich zugelassen worden ist.
- Ausnahmsweise kann sich die Zulassung der Beschwerde auch aus der Rechtsmittelbelehrung des FG-Beschlusses ergeben, wenn das FG damit unmissverständlich zu erkennen gibt, dass es insoweit eine besondere Entscheidung über die Zulassung aus einem der in § 115 Abs. 2 FGO aufgeführten Gründe getroffen hat.
Normenkette
FGO § 128 Abs. 3
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragte beim Finanzgericht (FG) Aussetzung der Vollziehung der Gewinnfeststellungsbescheide 1996 und 1997, weil der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) eine beantragte Bilanzänderung zur Geltendmachung von Sonderabschreibungen nach dem Fördergebietsgesetz unter Hinweis auf § 4 Abs. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.d.F. des Gesetzes zur Steuerentlastung und Investitionsförderung (StEntlG) 1999/ 2000/2002 vom 24. März 1999 (BGBl I 1999, 402, BStBl I 1999, 304) abgelehnt hatte. Diesen Antrag lehnte das FG ab. Der Beschluss enthielt eine Rechtsmittelbelehrung, wonach den Beteiligten "gegen diesen Beschluss … die Beschwerde" zustehe. Weder im Tenor der Entscheidung noch in der Begründung des Beschlusses sind aber Ausführungen zur Zulassung der Beschwerde enthalten.
Der Antragsteller legte Beschwerde ein und begründete diese u.a. mit dem Hinweis, dass das Beschwerdeverfahren erforderlich sei, weil es sich "um eine Grundsatzfrage i.S. des § 115 Abs. 2" der Finanzgerichtsordnung (FGO) handele "und die Entscheidung außerdem von bestehender Rechtsprechung des BFH … und des BVerfG" abweiche.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie war deshalb zu verwerfen.
1. Nach § 128 Abs. 3 FGO steht den Beteiligten gegen die Entscheidung des FG über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO die Beschwerde nur zu, wenn sie in der Entscheidung ausdrücklich oder ausnahmsweise noch in einem späteren Beschluss nachträglich vom FG zugelassen worden ist (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 10. Oktober 1991 XI B 18/90, BFHE 165, 565, BStBl II 1992, 301, und vom 24. September 1996 III B 151/96, BFH/NV 1997, 256). Für die Zulassung gilt § 115 Abs. 2 FGO. Die §§ 115 und 128 FGO regeln nicht, welche äußere Form bei der Zulassung der Beschwerde zu beachten ist. In Rechtsprechung und Schrifttum wird für die Revisionszulassung empfohlen, im Interesse der Klarheit die Zulassung im Tenor der Entscheidung auszusprechen (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 5. Aufl., § 115 Rz. 107, m.w.N.). Die Zulassung soll aber auch wirksam sein, wenn sie sich aus den Gründen der Entscheidung oder in Ausnahmefällen aus der Rechtsmittelbelehrung selbst klar und eindeutig ergibt (vgl. Gräber/Ruban, a.a.O.). Gleiches gilt für die Zulassung der Beschwerde gegen Beschlüsse über die Aussetzung der Vollziehung nach § 69 Abs. 3 FGO (s. hierzu Gräber/Ruban, a.a.O., § 128 Rz. 14).
2. a) Der hier angefochtene Beschluss enthält weder im Tenor noch in den Entscheidungsgründen Ausführungen, denen die Zulassung der Beschwerde wegen eines der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Zulassungsgründe (vgl. § 128 Abs. 3 Satz 2 FGO) entnommen werden könnte. Schweigen über die Zulassung bedeutet indes Nichtzulassung, so dass die Beschwerde dann unstatthaft ist (vgl. z.B. BFH-Beschluss vom 18. September 1997 VII B 161/97, BFH/NV 1998, 484).
b) Auch die in dem Beschluss des FG enthaltene Rechtsmittelbelehrung, nach der den Beteiligten gegen diesen Beschluss die Beschwerde zustehen soll, enthält keine Zulassung der Beschwerde.
Zwar kann unter besonderen Voraussetzungen ausnahmsweise auch ein in der Rechtsmittelbelehrung des FG-Beschlusses enthaltener ausdrücklicher Ausspruch, dass die Beschwerde zulässig sei, als Beschwerdezulassung anerkannt werden. Aber auch diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Da die Beschwerde stets ausdrücklich durch besondere Entscheidung zugelassen werden muss, reicht es nicht aus, dass eine Rechtsmittelbelehrung lediglich von der Zulässigkeit der Beschwerde gegen den Beschluss des FG ausgeht und nicht unmissverständlich zu erkennen gibt, dass mit ihr selbst die Beschwerde durch besondere Entscheidung aus einem der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe zugelassen wird. Vielmehr kann eine Rechtsmittelbelehrung, nach der ―ohne Hinweis auf die besondere Entscheidung über die Zulassung― die Beschwerde als zulässig angesehen wird, nur als unrichtige Rechtsmittelbelehrung verstanden werden (BFH-Beschluss in BFH/NV 1997, 256). Eine unrichtige Rechtsmittelbelehrung führt indes nicht dazu, dass ein nach dem Gesetz nicht zulässiges Rechtsmittel als zulässig zu behandeln ist (BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1998, 484, und vom 31. Januar 2002 III B 170/01, BFH/NV 2002, 673).
c) Das FG hat eine Beschwerde gegen seinen Beschluss auch nicht nachträglich zugelassen. Insbesondere ergibt sich ein Anhaltspunkt für die Zulassung der Beschwerde durch besondere Entscheidung auch nicht daraus, dass das FG auf die Beschwerde des Antragstellers hin einen Nichtabhilfebeschluss (in der Sache) gefasst hat (§ 130 Abs. 1 FGO). Auch diesem kann eine ausdrückliche Zulassung der Beschwerde, wie sie nach dem eindeutigen Wortlaut des § 128 Abs. 3 FGO erforderlich ist (vgl. zur konstitutiven Zulassung eines Rechtsmittels generell Senatsbeschluss vom 26. August 1987 IV B 27/87, BFHE 150, 403, BStBl II 1987, 786), nicht entnommen werden.
3. Von der Erhebung von Gerichtskosten wird gemäß § 8 des Gerichtskostengesetzes abgesehen (BFH-Beschlüsse vom 25. August 1999 X R 95/98, BFH/NV 2000, 441 und in BFH/NV 1997, 256).
Fundstellen
Haufe-Index 853151 |
BFH/NV 2003, 69 |