Entscheidungsstichwort (Thema)
Erinnerung gegen Kostenansatz: keine Überprüfung der Richtigkeit einer rechtskräftigen Entscheidung
Leitsatz (NV)
1. Die Erinnerung gegen den Kostenansatz ist nicht geeignet, die Überprüfung einer rechtskräftigen Entscheidung auf ihre Richtigkeit herbeizuführen.
2. Die Überprüfung einer rechtskräftigen Entscheidung auf ihre Richtigkeit kann im Verfahren über die Erinnerung gegen den Kostenansatz nicht aufgrund § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO herbeigeführt werden.
3. Eine unrichtige Sachbehandlung, die nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. ein Absehen von der Erhebung von Gerichtskosten rechtfertigt, ist nur bei Vorliegen eines schweren und offensichtlichen Fehlers gegeben.
Normenkette
GKG §§ 4-5, 8 Abs. 1, § 63 Abs. 1; JBeitrO § 8 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
I. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Beschwerde der Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin) wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) mit seinem dem Kostenansatz zugrunde liegenden Beschluss als unzulässig verworfen. Daraufhin hat die Kostenstelle des BFH die zu entrichtenden Gerichtskosten mit Kostenrechnung vom 10. Februar 2004 mit 680 € festgesetzt.
Dagegen legte die Kostenschuldnerin am 19. Mai 2004 Erinnerung ein, mit der sie sich gegen die Abhandlung des Streitfalles durch das FG und den BFH wendet.
Entscheidungsgründe
II. Die Erinnerung, deren Zulässigkeit sich noch nach den bis zum 30. Juni 2004 geltenden Vorschriften des Gerichtskostengesetzes (GKG a.F.) richtet (§ 72 Nr. 1 GKG i.d.F. des Art. 1 des Gesetzes zur Modernisierung des Kostenrechts, BGBl I 2004, 718), ist unbegründet.
1. Die Kostenrechnung als solche ist nicht zu beanstanden. Sie entspricht dem Grunde nach dem Gesetz und verletzt die Kostenschuldnerin der Höhe nach nicht in ihren Rechten.
Gerichtskosten dürfen nach § 4 GKG a.F. angesetzt werden, sobald der ihnen zugrunde liegende Entstehungstatbestand verwirklicht ist und die Kosten fällig geworden sind (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juli 1986 VII E 3/85, BFH/NV 1987, 53). Beide Voraussetzungen sind hinsichtlich der angesetzten Kosten erfüllt. Die Gebühr in Höhe von 680 € für die gegen das Urteil des FG eingelegte Beschwerde ist mit dem BFH-Beschluss, mit dem die Beschwerde als unzulässig verworfen wurde, entstanden. Damit war das Rechtsmittelverfahren bei dem Rechtsmittelgericht abgeschlossen, so dass Gerichtskosten anzusetzen waren (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 GKG a.F.). Die Gebühren sind nach § 63 Abs. 1 GKG a.F. mit der Bekanntgabe der Kostenentscheidung in dem genannten BFH-Beschluss fällig geworden, da diese Kostenentscheidung eine unbedingte Entscheidung über die Kosten i.S. des § 63 Abs. 1 GKG a.F. ist (vgl. Senatsbeschluss vom 4. Juli 1986 VII E 4/85, BFH/NV 1986, 693).
2. Soweit die Kostenschuldnerin im Übrigen die angebliche Fehlerhaftigkeit des FG-Urteils und des BFH-Beschlusses geltend macht, kann sie damit im Erinnerungsverfahren vor dem BFH nicht gehört werden. Die gegen den Kostenansatz einschließlich des diesem zugrunde liegenden Streitwerts statthafte Erinnerung ist nicht geeignet, die Überprüfung einer rechtskräftigen Entscheidung auf ihre Richtigkeit herbeizuführen. Das gilt sowohl für die Sachentscheidung als auch für die dem Kostenansatz zugrunde liegende Kostenentscheidung (vgl. Senatsbeschluss vom 13. Januar 1994 VII E 15/93, BFH/NV 1994, 818, m.w.N.).
Zur Überprüfung einer rechtskräftigen Entscheidung auf ihre Richtigkeit in diesem Verfahren führt auch nicht --so wie die Kostenschuldnerin meint-- die Bestimmung des § 8 Abs. 1 Satz 1 der Justizbeitreibungsordnung (JBeitrO). Unabhängig davon, welche Einwendungen gegen einen beizutreibenden Anspruch --wie den Gerichtskostenanspruch-- nach dieser Vorschrift geltend gemacht werden können (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Februar 2003 VII K 1/03, BFH/NV 2003, 811), ist § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO nur im Erhebungsverfahren, nicht jedoch im Festsetzungsverfahren anwendbar. Denn die JBeitrO regelt die Beitreibung bestimmter Ansprüche, die von den Justizbehörden des Bundes einzuziehen sind (s. § 1 JBeitrO). Im Streitfall handelt es sich aber nicht um ein Verfahren, in dem die Gerichtskosten (schon) beigetrieben wurden, sondern in dem sie von der Kostenstelle des BFH (erst) festgesetzt wurden. Auch wenn § 8 Abs. 1 Satz 1 JBeitrO bestimmt, dass Einwendungen gegen den Gerichtskostenanspruch im Wege der Erinnerung geltend gemacht werden können, ist die Regelung nicht so zu verstehen, dass sie für jegliche Erinnerungen, also auch für die Erinnerung gegen den Kostenansatz anwendbar ist. Die Kostenschuldnerin kann daher die Einwendung der unzulässigen Rechtsausübung unter Bezugnahme auf den Senatsbeschluss in BFH/NV 2003, 811 nicht in diesem Stadium des Verfahrens geltend machen.
3. Die Voraussetzungen dafür, dass nach § 8 Abs. 1 GKG a.F. von einer Erhebung der Kosten vollständig oder teilweise abgesehen werden könnte, liegen nicht vor.
Nach § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG a.F. werden Kosten nicht erhoben, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären. "Behandlung der Sache" in diesem Sinne kann sowohl diejenige in der die Kosten auslösenden Instanz als auch diejenige in einer verfahrensrechtlich vorgeschalteten Instanz sein. Jedoch rechtfertigt nicht jeder im Verfahren unterlaufene Rechtsfehler ein Absehen von der Kostenfestsetzung; § 8 Abs. 1 Satz 1 GKG setzt vielmehr das Vorliegen eines schweren und offensichtlichen Fehlers voraus (vgl. BFH-Beschluss vom 3. Mai 2002 I E 1/01, BFH/NV 2002, 1458). Die inhaltliche Richtigkeit des der Kostenfestsetzung zugrunde liegenden Urteils oder Beschlusses kann im Kostenfestsetzungsverfahren nicht überprüft werden (BFH-Beschlüsse vom 20. März 1998 X E 1/98, BFH/NV 1998, 1120; in BFH/NV 2002, 1458).
Anders als die Kostenschuldnerin meint, kann von einer offensichtlich rechtsfehlerhaften Behandlung der Sache nicht ausgegangen werden. Der BFH hat in seinem Beschluss lediglich, wie es seine Pflicht war, ein nach dem Gesetz nicht formgerecht (unter Beachtung der Darlegungserfordernisse eines Zulassungsgrundes i.S. des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung) eingelegtes Rechtsmittel kostenpflichtig als unzulässig verworfen. Wie der Senat im Übrigen ausgeführt hat, hat das FG die Klage zutreffend als unbegründet abgewiesen. Auf den Einwand, dass die Zollbehörde ihr Auswahlermessen falsch ausgeübt habe, konnte daher genauso wenig eingegangen werden, wie auf den Einwand, die zu erwartende Entscheidung des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) in dem Verfahren Rs. C-222/01 habe auch Auswirkungen auf den Streitfall. Rein informatorisch weist der Senat in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der EuGH das oben genannte Verfahren bereits entschieden hat (Urteil vom 29. April 2004 Rs. C-222/01 --British American Tobacco Manufacturing BV--, BFH/NV 2004, Beilage 3, 286).
4. Das Verfahren über die Erinnerung ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 5 Abs. 6 GKG a.F.).
Fundstellen