Entscheidungsstichwort (Thema)
Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches
Leitsatz (NV)
1. Ist mit dem Antrag auf einstweilige Anordnung die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung und nicht die Rücknahme oder Änderung einer Pfändungsmaßnahme angestrebt worden, so ist nach Erledigung des Rechtsstreits über die Auferlegung der Verfahrenskosten nach § 138 Abs. 1 FGO zu entscheiden.
2. Zur Glaubhaftmachung des Anordnungsanspruches ist erforderlich, daß geeignete Beweismittel (Unterlagen) zur Bestätigung der für die Entscheidung bedeutsamen Behauptungen vorgelegt werden.
Normenkette
FGO § 114 Abs. 3, § 138 Abs. 1; ZPO § 920 Abs. 2
Tatbestand
Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) pfändete Bank- sowie Miet- und Pachtzinsforderungen des Antragstellers und Beschwerdeführers (Beschwerdeführer). Als Schuldgrund wurden Steuern und steuerliche Nebenleistungen bezeichnet. Nachdem der Beschwerdeführer ohne Erfolg beim FA die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen beantragt hatte, stellte er beim Finanzgericht (FG) den Antrag, im Wege der einstweiligen Anordnung die einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckungsmaßnahmen anzuordnen. Das FG lehnte den Antrag mit im wesentlichen folgender Begründung ab:
Es fehle bereits an der schlüssigen Darlegung eines Anordnungsanspruchs. Als Ansatzpunkt für eine Unbilligkeit der Zwangsvollstreckung nach § 258 der Abgabenordnung (AO 1977) komme nur das Bestreben des Beschwerdeführers in Betracht, die - ihm entzogene - Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zu erreichen und durch erneutes Betreiben einer Rechtsanwaltspraxis seine bisherige Existenzgrundlage wieder aufzubauen. Der Beschwerdeführer habe aber nicht schlüssig dargelegt, daß die einstweilige Einstellung der Vollstreckung Voraussetzung für eine Wiederzulassung zur Rechtsanwaltschaft sei. Nach § 15 Nr. 1 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) könne die Zulassung zur Rechtsanwaltschaft zurückgenommen werden, wenn der Rechtsanwalt in Vermögensverfall geraten sei und dadurch die Interessen der Rechtsuchenden gefährdet seien. Die Frage, ob und inwieweit eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung Einfluß auf den Vermögensverfall des Beschwerdeführers habe, könne schon deshalb nicht beurteilt werden, weil der Beschwerdeführer die für die Rücknahme der Zulassung als Rechtsanwalt maßgebenden Feststellungen der für die Rücknahme zuständigen Behörde nicht vorgelegt habe. Im übrigen bewirke eine einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung nicht eine Aufhebung der Pfändungen. Auch deshalb sei nicht zu erkennen, daß durch die begehrte einstweilige Anordnung schon der Vermögensverfall beendet werde. Darüber hinaus sei nicht zu erkennen, ob eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung im Hinblick auf die Vollstreckung durch andere Gläubiger ein Beitrag zur Beendigung des Vermögensverfalls sei. Für eine Einstellung der Vollstreckung nach § 257 Abs. 1 Nr. 3 AO 1977 fehle eine Glaubhaftmachung der behaupteten Zahlungen durch Vorlage von Zahlungsnachweisen.
Der Beschwerdeführer legte mit folgender Begründung Beschwerde ein:
Es sei ihm gelungen, alle anderen Gläubiger zu befriedigen oder zur Gewährung von Vollstreckungsschutz zu bewegen. Es komme nur noch auf die Einstellung der Vollstreckung durch das FA an, um die Zulassung zu erreichen.
Das FA machte geltend, es habe die Pfändungsmaßnahmen inzwischen aufgehoben, nachdem der Beschwerdeführer zur Sicherung noch bestehender Steuerrückstände Mietforderungen und Eigentümergrundschulden abgetreten habe.
Die Beteiligten haben übereinstimmend den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt.
Entscheidungsgründe
Aufgrund der übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Beteiligten ist nur noch über die Auferlegung der Verfahrenskosten zu entscheiden. Die Entscheidung ist nach § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zu treffen. § 138 Abs. 2 FGO ist nicht anwendbar. Mit der einstweiligen Anordnung ist nicht die Rücknahme oder Änderung der Pfändungsmaßnahmen angestrebt worden.
Unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes entspricht es billigem Ermessen, dem Beschwerdeführer die Verfahrenskosten aufzuerlegen (§ 138 Abs. 1 FGO). Denn der bisherige Sach- und Streitstand rechtfertigt die Annahme, daß der Beschwerdeführer mit der Beschwerde und damit auch mit dem Antrag auf einstweilige Anordnung keinen Erfolg gehabt hätte und deshalb unterlegen wäre.
Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß der Beschwerdeführer in der Vorinstanz einen Anordnungsanspruch nicht glaubhaft gemacht hat (§ 114 Abs. 3 FGO, § 920 Abs. 2 der Zivilprozeßordnung - ZPO -). Daran fehlt es zumindest deshalb, weil der Beschwerdeführer keine geeigneten Beweismittel zur Bestätigung dafür vorgelegt hat, daß eine einstweilige Einstellung der Vollstreckung zur Zulassung als Rechtsanwalt geführt hätte. Dazu wäre, wie das FG zutreffend ausgeführt hat, etwa erforderlich gewesen, daß der Beschwerdeführer geeignete Unterlagen (schriftliche Mitteilung der zuständigen Behörde, eidesstattliche Versicherung) vorgelegt hätte, aus denen die für die Rücknahme der Zulassung maßgebenden Gründe und die Anforderungen für die Wiederzulassung hätten entnommen werden können und aus denen sich vor allem auch ergeben hätte, daß die Einstellung der Vollstreckung - ohne Rücksicht auf die der Vollstreckung zugrunde liegenden Steuerforderungen - geeignet gewesen wäre, die Wiederzulassung als Rechtsanwalt herbeizuführen. Derartige Unterlagen sind auch im Beschwerdeverfahren nicht vorgelegt worden. Allein die Behauptung des Beschwerdeführers, die Wiederzulassung sei nur noch von der einstweiligen Einstellung der Zwangsvollstreckung durch das FA abhängig, reicht zur Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs nicht aus (vgl. Beschluß des Senats vom 28. Januar 1986 VII B 86/85, BFH/NV 1986, 552).
Fundstellen
Haufe-Index 416319 |
BFH/NV 1989, 655 |