Entscheidungsstichwort (Thema)

NZB wegen Verfahrensmängeln bei Beweiserhebung

 

Leitsatz (NV)

1. Die ordnungsgemäße Rüge mangelnder Sachaufklärung erfordert nach § 115 Abs. 3 S. 3 FGO nicht nur die genaue Bezeichnung der angebotenen (bzw. sich aufdrängenden), aber nicht erhobenen Beweise, sondern auch Dartun der Entscheidungserheblichkeit der vermißten Beweiserhebung, und zwar bezogen auf die materiell-rechtliche Sicht des FG.

2. Einwände, die sich gegen die Beweiswürdigung des erstinstanzlichen Urteils und die ihm zu Grunde liegende Beweislastverteilung richten, betreffen keinen Verfahrensmangel i. S. des § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO.

 

Normenkette

AO 1977 §§ 158, 162; FGO §§ 73, 115 Abs. 2 Nr. 3, Abs. 3 S. 3, § 155; ZPO § 255

 

Gründe

Die Beschwerden, die in entsprechender Anwendung des § 73 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden wurden, sind unbegründet.

1. Die Nichtzulassungsbeschwerden des Beklagten und Beschwerdeführers (Finanzamt -- FA --) entsprechen nicht den gesetzlichen Anforderungen (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Zur ordnungsgemäßen Rüge einer Verletzung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) hätte, da es sich um einen verzichtbaren Mangel handelt (§ 155 FGO i. V. m. § 295 der Zivilprozeßordnung -- ZPO --), neben der genauen Bezeichnung der angebotenen, aber nicht erhobenen Beweismittel auch der Vortrag des FA gehört, daß es den Mangel in der mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht (FG) gerügt hat. Dabei ist von dem materiell-rechtlichen Standpunkt des FG auszugehen (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 7. Juli 1976 I R 218/74, BFHE 119, 274, BStBl II 1976, 621, und vom 7. Januar 1993 VII B 115/92, BFH/NV 1994, 37; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 4. Aufl., 1997, § 120 Rz. 39). Wird mangelnde Sachaufklärung mit der Begründung gerügt, das FG habe auch ohne Beweisantritt von Amts wegen den Sachverhalt in bestimmter Weise aufklären müssen, so ist für eine ordnungsmäßige Verfahrensrüge die genaue Angabe der Beweismittel erforderlich, die das FG nicht erhoben hat, deren Erhebung sich ihm aber auch ohne Antrag als noch erforderlich hätte aufdrängen müssen (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. Beschlüsse vom 12. Mai 1992 VII S 2/92, BFH/NV 1993, 262; vom 29. Juli 1992 I B 49/92, BFH/NV 1993, 83).

Hieran fehlt es im Streitfall.

Aus der Beschwerdeschrift ist -- von den unter 2. erwähnten Ausnahmen abgesehen -- nicht ersichtlich, welche konkreten, für die Urteilsfindung maßgeblichen Tatsachen oder Beweismittel (zu den Anforderungen ihrer Benennung im Rahmen von Sachaufklärungsrügen s. auch BFH-Beschlüsse vom 7. August 1996 V B 10/96 BFH/NV 1997, 198, 199, und vom 8. August 1996 V B 12/96, BFH/NV 1997, 186, 187, m. w. N.), die zu einem anderen Ergebnis hätten führen können, das FG unberücksichtigt gelassen haben soll.

Im wesentlichen wendet sich das FA gegen die die angefochtenen Urteile tragenden Aussagen,

-- für eine steuerbare Tätigkeit als Zuordnungsgrund für die Herkunft der dem Gaststättenbetrieb zugeführten Mittel gebe es keinen Anhaltspunkt,

-- deshalb bestehe kein Anlaß zu weiterer Sachaufklärung,

-- unter den gegebenen Umständen verlange eine Schätzung zusätzlicher Einkünfte bzw. Umsätze den nicht erbrachten (und nicht zu erbringenden) Nachweis, daß der Kläger im fraglichen Zeitraum überhaupt einer Erwerbstätigkeit bzw. einer unternehmerischen Betätigung nachgegangen sei,

-- daher müsse hier nach Beweislastgrundsätzen entschieden werden.

Gegenstand solcher Angriffe der Beschwerdebegründung sind insoweit ausnahmslos Fragen der Beweiswürdigung und Beweislastverteilung, die für die Anwendung des § 115 FGO materiell-rechtlichen Charakter haben (Gräber, a. a. O., § 115 Rz. 28, m. w. N.).

2. Soweit das FA mit der Beschwerdebegründung weitere Sachaufklärung anmahnt, bleibt es Ausführungen darüber schuldig, welche konkreten Ansatzpunkte hierzu im Streitfall noch gegeben sein sollten bzw. auf welchem Verfahrensfehler insoweit die FG-Urteile beruhten.

Die Einwände, die sich auf die Buchführung, die eigene Schätzungsbefugnis des FG sowie auf das Vorbringen im Schriftsatz vom 27. Februar 1996 beziehen, sind zwar hinreichend substantiiert, erweisen sich aber angesichts der Urteilsausführungen in der Sache ... zu § 158 der Abgabenordnung (AO 1977) und zu den hieraus resultierenden Folgen für die Sachaufklärung als nicht entscheidungserheblich.

Im übrigen ergeht der Beschluß nach Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422386

BFH/NV 1997, 886

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