Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen für die Beiladung der geschiedenen Ehefrau nach § 174 Abs. 5 AO 1977 bei Streit um Abziehbarkeit von Unterhaltsaufwendungen
Leitsatz (NV)
1. Für die Beiladung des Dritten nach § 174 Abs. 5 AO 1977 genügt schon die Möglichkeit, daß ein Steuerbescheid wegen irriger Beurteilung eines Sachverhalts zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern ist und daraus bei dem Dritten steuerliche Folgen zu ziehen sein könnten.
2. Der nach § 174 Abs. 5 AO 1977 Beigeladene erhält die Stellung eines notwendig Beigeladenen.
Normenkette
AO 1977 § 174 Abs. 4-5; EStG § 10 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Vor dem Finanzgericht (FG) ist streitig, ob Zahlungen, die der mit seiner jetzigen Ehefrau (Klägerin und Beschwerdeführerin -- Klägerin --) zusammen veranlagte Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) in den Jahren 1989 und 1990 an seine geschiedene, unbeschränkt steuerpflichtige Ehefrau (die Beigeladene und Beschwerdeführerin -- Beigeladene --) geleistet hat, als Unterhaltsleistungen i. S. des § 10 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) abgezogen werden dürfen.
Mit Schriftsatz vom 28. Februar 1995 hat der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt -- FA --) beantragt, die geschiedene Ehefrau des Klägers nach § 174 Abs. 5 Satz 2 i. V. m. Abs. 4 der Abgabenordnung (AO 1977) zu dem Verfahren beizuladen. Das FA sei grundsätzlich bereit, die Steuerbescheide des Klägers zu ändern. Eine Änderung der entsprechenden Einkommensteuerbescheide bei der geschiedenen Ehefrau setze deren Beiladung voraus, da diese zu einer Änderung nach § 172 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 keine Zustimmung erteile.
Das FG hat diesem Antrag durch Beschluß vom 9. März 1995 entsprochen.
Hiergegen haben sowohl die Kläger als auch die Beigeladene Beschwerde erhoben. Entgegen ihrer Ankündigung haben sie die Beschwerden nicht begründet.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerden sind unbegründet. Die Voraussetzungen für die in dem angefochtenen Beschluß ausgesprochene Beiladung liegen vor.
Für die besondere Beiladung nach § 174 Abs. 5 i. V. m. § 174 Abs. 4 AO 1977 ist erforderlich
-- ein Antrag des FA (vgl. die Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 17. Mai 1994 IV B 84/93, BFH/NV 1995, 87, und vom 20. März 1995 V R 46/94, BFH/NV 1995, 858);
-- die Möglichkeit, daß ein Steuerbescheid wegen irriger Beurteilung eines Sachverhalts zugunsten des Steuerpflichtigen aufzuheben oder zu ändern ist und hieraus bei dem Dritten steuerliche Folgerungen zu ziehen sind, wobei grundsätzlich nicht zu prüfen ist, ob gegenüber dem Dritten ergangene Bescheide geändert werden können (z. B. BFH-Beschluß vom 22. September 1993 II B 67/93, BFH/NV 1994, 216 m. w. N.).
Liegen -- wie im Streitfall -- diese Voraussetzungen vor, erhält der Beigeladene die Stellung eines notwendig Beigeladenen (z. B. BFH-Urteil vom 25. August 1987 IX R 98/82, BFHE 151, 506, BStBl II 1988, 344; BFH-Beschluß in BFH/NV 1995, 87).
Fundstellen
Haufe-Index 423571 |
BFH/NV 1996, 589 |