Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfahrensrecht/Abgabenordnung
Leitsatz (amtlich)
Ist das Urteil eines Finanzgerichts dem Steuerpflichtigen vor dem Inkrafttreten der FGO zugestellt worden, so ist die Frage, welches Rechtsmittel gegeben und ob es zulässig ist, nach den früheren Vorschriften der AO zu beurteilen.
Normenkette
FGO §§ 115, 128, 184 Abs. 2 Ziff. 1
Tatbestand
Dem Bf. ist das in seiner Lohnsteuersache 1963 ergangene Urteil des Finanzgerichts (FG) am 21. Dezember 1965 zugestellt worden. Seine Anträge, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen und den Tatbestand des Urteils zu berichtigen, hatten keinen Erfolg. Der erste Antrag wurde als unbegründet zurückgewiesen und der zweite Antrag als unzulässig verworfen. Der Beschluß des FG erging am 15. Februar 1966. Mit seiner Beschwerde wendet sich der Bf. gegen diesen Beschluß und rügt, der Beschluß verstoße gegen das geltende Recht, weil das FG sich bei der Verwerfung seines Zulassungsantrags über § 115 Abs. 3 FGO hinweggesetzt habe und weil die Ablehnung seines Berichtigungsantrags nach §§ 121 und 102 FGO ermessensfehlerhaft gewesen sei.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde kann keinen Erfolg haben. Was die Nichtzulassung der Revision angeht, so ist dem FG zwar darin nicht beizupflichten, daß sein Beschluß unanfechtbar sei. Da dieser Beschluß nach dem Inkrafttreten der FGO ergangen ist, beurteilt sich die Zulässigkeit einer Beschwerde gegen den Beschluß nach den Vorschriften der FGO. Dabei kann es dahingestellt bleiben, ob sich die Zulässigkeit aus § 115 Abs. 3 oder aus § 128 FGO ergibt.
Jedenfalls ist dem FG aber darin beizutreten, daß die Frage, ob das dem Bf. am 21. Dezember 1965 - also vor dem Inkrafttreten der FGO - zugestellte Urteil anfechtbar ist oder nicht, noch nach den damals geltenden Vorschriften der AO zu beantworten ist (§ 184 Abs. 2 Ziff. 1 FGO) und daß nach diesen Vorschriften keine Möglichkeit zur Anfechtung bestand. Nach § 286 AO a. F. war die Rb., wenn - wie im Streitfall - der Wert des Streitgegenstandes 1.000 DM nicht überstieg, nur zulässig, wenn das FG sie ausdrücklich zugelassen hatte. Eine derartige Zulassung hatte hier das FG nicht ausgesprochen. Der Bf. hatte sie auch nicht beantragt. Ob sich das FG mit der Frage der Zulassung überhaupt befaßt hat, ist zwar aus den Gründen des Urteils nicht ersichtlich. Diese Frage brauchte das FG aber - entgegen der Ansicht des Bf. - in den Gründen auch nicht zu erörtern, weil es die Zulassung nicht aussprach und auch keinen entsprechenden Antrag des Bf. ablehnte. War ein Urteil vom FG erlassen, so konnte nach altem Recht die Zulassung der Rb. grundsätzlich nicht mehr nachträglich ausgesprochen werden (Urteil des BFH II 255/59 vom 27. Januar 1960, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1961 S. 59). Zum Ausschluß der Rb. genügte, daß ein Ausspruch über die Zulässigkeit in dem Urteil des FG nicht enthalten war (Urteil des BFH III 194/63 U vom 14. Februar 1964, Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Bd. 79 S. 5, BStBl III 1964, 235). Wie das FG auch zutreffend darlegt, war dem BFH die Nachprüfung der Nichtzulassung verwehrt (§ 286 Abs. 2 AO a. F.). Daß die Anfechtungsmöglichkeiten seit dem Inkrafttreten der FGO anders sind und daß heute im allgemeinen alle Beschlüsse eines FG anfechtbar sind, ändert nichts an der Tatsache, daß sich die Anfechtbarkeit eines vor dem Inkrafttreten der FGO zugestellten Urteils nur nach dem alten Recht beurteilt. Danach stand aber die Zulassung der Rb., wie dargelegt, allein dem FG zu.
Was die Berichtigung des Tatbestandes angeht, so ist, wie das FG in seiner Rechtsbehelfsbelehrung zutreffend ausführt, der ablehnende Beschluß nicht anfechtbar (§ 108 Abs. 2 FGO). Die Nichtanfechtbarkeit beruht darauf, daß der Beteiligte seine Angriffe gegebenenfalls gegen das Urteil selbst richten kann. Im Streitfall ist das Urteil, das nach Ansicht des Bf. zu berichtigen ist, allerdings unanfechtbar. Dann aber fehlt es für die Berichtigung an einem rechtsschutzwürdigen Interesse.
Fundstellen
Haufe-Index 412188 |
BStBl III 1966, 595 |
BFHE 1966, 562 |
BFHE 86, 562 |