Entscheidungsstichwort (Thema)

Fremdüblichkeit bei Mietverhältnis/Rügeverlust; Verwertungsverbot im Besteuerungsverfahren

 

Leitsatz (NV)

1. Die Frage der Fremdüblichkeit eines Mietverhältnisses hat das FG anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung als Tatfrage zu beurteilen. In diesem Rahmen konnte das FG unabhängig vom Vorliegen einer Wohn- oder Haushalts- oder gar Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Mieterin davon ausgehen, dass das Einfamilienhaus - mit Ausnahme des dem Kläger zur alleinigen Nutzung vorbehaltenen Zimmers - von ihm und der Mieterin gemeinsam genutzt wurde, weil aufgrund des Mietvertrages sämtliche anderen Räume der Mieter nur "mit zur Verfügung" standen.

2. Der Kläger - vor dem FG rechtskundig vertreten - verliert hinsichtlich des (verzichtbaren) Verfahrensmangels der Sachaufklärungspflicht sein Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge. Zudem hat er es unterlassen darzutun, warum dies nicht bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG geltend gemacht wurde oder weshalb die Rüge nicht möglich war.

3. Mit der Rüge eines "Verwertungsverbotes" hinsichtlich des Ergebnisses der betriebsnahen Veranlagung wird kein Verfahrensfehler des FG, sondern ein materiell-rechtlicher Mangel geltend gemacht; damit kann die Zulassung der Revision indes nicht erreicht werden.

4. Im Besteuerungsverfahren besteht kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Verletzung von Verfahrensvorschriften ermittelt und die für rechtswidrig erklärt worden sind.

 

Normenkette

FGO § 76 Abs. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3, § 118 Abs. 2, § 115; GG Art. 13; ZPO § 295

 

Verfahrensgang

FG München (Urteil vom 17.01.2008; Aktenzeichen 11 K 4062/06)

 

Gründe

Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zum Teil entspricht ihre Begründung schon nicht den Darlegungsanforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO); im Übrigen sind die vom Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) geltend gemachten Zulassungsgründe nicht gegeben.

1. Abgesehen davon, dass es hinsichtlich der gerügten Verlet-zung der Sachaufklärungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) als Verfah-rensmangel (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO) bereits an genauen Angaben und Ausführungen zu bestimmten Punkten (vgl. zu den Darlegungsanforderungen z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofes --BFH-- vom 21. März 2006 X B 94/05, BFH/NV 2006, 1142; vom 9. Januar 2007 VIII B 180/05, BFH/NV 2007, 751) fehlt, ist das Vorbringen des Klägers nicht entscheidungserheblich. Denn unabhängig vom Vorliegen einer Wohn- oder Haushalts- oder gar Lebensgemeinschaft zwischen dem Kläger und der Mieterin konnte das Finanzgericht (FG) davon ausgehen, dass das Einfamilienhaus mit Ausnahme des dem Kläger zur alleinigen Nutzung vorbehaltenen Zimmers von ihm und der Mieterin gemeinsam genutzt wurde, weil nach dem Mietvertrag "sämtliche anderen Räume dem Mieter mit zur Verfügung" standen. Auch hat das FG im Streitfall die Frage der Fremdüblichkeit des Mietverhältnisses anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls im Rahmen der erforderlichen Gesamtwürdigung als Tatfrage (§ 118 Abs. 2 FGO; vgl. BFH-Beschlüsse vom 25. September 2002 IX B 14/02, BFH/NV 2003, 191; vom 28. Januar 2003 VI B 161/00, BFH/NV 2003, 793) auf der Basis der BFH-Rechtsprechung beurteilt.

Zudem hat der Kläger --vor dem FG rechtskundig vertreten-- hinsichtlich der Verletzung der Sachaufklärungspflicht als (verzichtbaren) Verfahrensmangel sein Rügerecht durch rügelose Verhandlung zur Sache (s. Sitzungsprotokoll) und damit durch bloßes Unterlassen einer rechtzeitigen Rüge verloren (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung; vgl. BFH-Beschlüsse vom 29. Oktober 2002 IV B 98/01, BFH/NV 2003, 326; vom 15. September 2006 IX B 209/05, BFH/NV 2007, 80, unter 3.b). Auch ist nicht dargetan, warum die Rüge nicht bereits in der mündlichen Verhandlung vor dem FG geltend gemacht wurde oder weshalb sie nicht möglich war (vgl. BFH-Beschluss vom 15. März 2007 IX B 234/06, BFH/NV 2007, 1179).

2. Soweit der Kläger ein "Verwertungsverbot" hinsichtlich des Ergebnisses der betriebsnahen Veranlagung moniert, macht er keinen Verfahrensfehler des FG (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 6. Aufl., § 115 Rz 76, 80; Beermann in Beermann/Gosch, FGO § 115 Rz 145), sondern einen materiell-rechtlichen Mangel geltend. Der Kläger beanstandet letztlich die tatrichterliche Würdigung und eine fehlerhafte Rechtsanwendung durch das FG; damit kann die Zulassung der Revision indes nicht erreicht werden (ständige Rechtsprechung, vgl. BFH-Beschlüsse vom 28. September 2001 V B 77/00, BFH/NV 2002, 359; vom 7. Februar 2005 IX B 239/02, BFH/NV 2005, 1052).

Im Übrigen besteht im Besteuerungsverfahren kein allgemeines gesetzliches Verwertungsverbot für Tatsachen, die unter Ver-letzung von Verfahrensvorschriften ermittelt worden sind (z.B. BFH-Beschlüsse vom 3. April 2007 VIII B 110/06, BFH/NV 2007, 1273; vom 17. Juli 2003 X B 19/03, BFH/NV 2003, 1594, m.w.N.). Zudem war der Kläger bei der Ortsbesichtigung in den Räumen des in seinem Eigentum stehenden und von ihm genutzten Einfamilienhauses anwesend, ohne dass er dem Außendienstbeamten den Zutritt wie auch das Fotografieren verwehrt hätte; auch wurden diese Vorgänge in der mündlichen Verhandlung vor dem FG nicht gerügt. Ein Verstoß gegen das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung des Klägers (Art. 13 des Grundgesetzes) ist danach unabhängig von der Bezeichnung eines Zulassungsgrundes i.S. von § 115 Abs. 2 FGO nicht dargelegt.

 

Fundstellen

Haufe-Index 2036634

BFH/NV 2008, 1844

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