Entscheidungsstichwort (Thema)
Zu den Voraussetzungen der Beiordnung eines Notanwalts
Leitsatz (NV)
Die Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78 b ZPO nur für die Dauer der vorübergehenden Abwesenheit des zur Vertretung bereiten Anwalts ist nicht möglich.
Normenkette
FGO § 155; ZPO § 78b
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat durch Beschlüsse vom 28. Juli 1994 die Anträge des Antragstellers auf Gewährung von Prozeßkosten hilfe (PKH) in seinen Verfahren vor dem FG wegen Einkommensteuer 1989 sowie Zins bescheid zur Einkommensteuer 1989 als unbegründet abgelehnt. Dagegen hat der Antragsteller persönlich Beschwerde eingelegt. In dem Beschwerdeschreiben führt der Antragsteller u. a. aus: "
Außerdem wird schon jetzt der sog. Not anwalt gemäß der ZPO § 78 b beantragt." Der Antragsteller weist in seinem Schreiben ferner darauf hin, daß "der Steueranwalt" sich z. Zt. in Urlaub befinde.
Die Anträge wurden gemäß §§ 121, 73 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Entscheidungsgründe
Die Anträge waren abzulehnen.
Gemäß § 155 FGO i. V. m. § 78 b Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozeßordnung (ZPO) hat das Prozeßgericht einem Beteiligten auf seinen Antrag für den Rechtszug einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer (vgl. Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs) zur Wahrnehmung seiner Rechte beizuordnen, wenn er einen zu seiner Vertretung bereiten Angehörigen dieses Personenkreises nicht findet und die Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung nicht mutwillig oder aussichtslos erscheint.
Voraussetzung für die Beiordnung eines solchen Prozeßvertreters ist, daß der Antragsteller zumindest eine gewisse Zahl von zur Vertretung vor dem jeweiligen Gericht befugten Personen nachweisbar vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat (vgl. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 27. Januar 1988 VIII S 12/87, BFH/NV 1988, 383; vom 27. März 1991 XI S 2--4/90, BFH/NV 1992, 252). Der Vortrag des Antragstellers genügt diesen Anforderungen nicht. Er hat nicht dargelegt, daß er jemanden vergeblich um die Übernahme des Mandats ersucht hat.
Der Hinweis des Antragstellers auf die urlaubsbedingte Abwesenheit des "Steuer anwalts" läßt darauf schließen, daß der Antragsteller der Ansicht sein könnte, die Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78 b ZPO sei auch dann möglich, wenn der von dem Beteiligten gewählte und zur Vertretung auch bereite Anwalt vorübergehend das Mandat nicht wahrnehmen kann.
Die Beiordnung eines Notanwalts gemäß § 78 b ZPO nur für die Dauer der vorübergehenden Abwesenheit des Anwalts ist nicht möglich. Da aber für die Einlegung der Beschwerde eine Frist gesetzt ist (§ 129 Abs. 1 FGO), kann der Beteiligte tatsächlich vor der Notwendigkeit stehen, innerhalb dieser Frist einen Prozeßvertreter finden zu müssen. Das kann aber nur zur Folge haben, daß nicht zu hohe Anforderungen an seine Bemühungen, einen Prozeßvertreter zu finden, gemacht werden dürfen (vgl. Bork in Stein /Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 21. Aufl., § 78 b Rdnr. 5). Hier hat der Antragsteller indes überhaupt nichts dazu vorgetragen, ob er sich um eine Vertretung bemüht hat.
Ob die Tatsache, daß sein Anwalt vorübergehend abwesend war, sich unter dem Gesichtspunkt der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) möglicherweise im Beschwerdeverfahren auswirken kann, ist in diesem Verfahren nicht zu entscheiden.
Fundstellen
Haufe-Index 420364 |
BFH/NV 1995, 531 |