Leitsatz (amtlich)
Hat nur ein (ehemaliger) Gesellschafter im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung die ersatzlose Aufhebung des Feststellungsbescheides begehrt, so ist der diesem Gesellschafter zugerechnete Gewinnanteil Bemessungsgrundlage für die Streitwertberechnung.
Normenkette
GKG § 13 Abs. 1; AO § 215; FGO § 60 Abs. 3
Tatbestand
Die Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Erinnerungsführerin) sowie die Beigeladene E.W. waren am 31. Dezember 1960 aus der W-OHG ausgeschieden. Mit Bescheid vom 22. April 1968 hatte das Finanzamt (FA) einen berichtigten Feststellungsbescheid für das Kalenderjahr 1960 erlassen und darin der Erinnerungsführerin sowie E.W. erstmals einen Veräußerungsgewinn von 76 583 DM bzw. 76 584 DM zugerechnet. Sowohl die Erinnerungsführerin als auch E.W. hatten gegen diesen Bescheid Einspruch eingelegt mit dem Ziel, die ersatzlose Aufhebung des Bescheides zu erreichen. Die Rechtsbehelfe hatten keinen Erfolg. In dem sich anschließenden Klageverfahren war E.W., die nicht selbst Klage erhoben hatte, vom Finanzgericht (FG), gestützt auf § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), beigeladen worden. Gegen das klagabweisende Urteil hatte nur die Erinnerungsführerin Revision einlegen lassen.
Der Senat hat die Revision mit Urteil vom 31. Mai 1978 I R 76/76 (BFHE 125, 332, BStBl II 1978, 600) als unbegründet zurückgewiesen. Einen Streitwert für diese Entscheidung hat er nicht festgestellt.
Die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) hat mit Kostenrechnung vom 22. September 1978 Gerichtskosten aus einem Streitwert in Höhe von 30 633 DM angesetzt, den sie wie folgt errechnet hat:
Insgesamt begehrte Gewinnminderung 153 167 DM
davon 20 v. H. 30 633 DM
Mit ihrer Erinnerung hat die Erinnerungsführerin beantragt, den Streitwert auf 11 487 DM (= 15 v. H. von 76 583 DM) herabzusetzen. Dieser Betrag entspreche den Festsetzungen des FA und des FG. Die Erinnerungsführerin wendet sich insbesondere dagegen, daß die Kostenstelle des BFH den gesamten Veräußerungsgewinn (in Höhe von 153 167 DM) in die Streitwertberechnung einbezogen habe.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung führt zu einer Änderung des Kostenansatzes.
Zutreffend ist die Kostenstelle des BFH bei der Streitwertberechnung von einem Vomhundertsatz von 20 ausgegangen. Bemessungsgrundlage für die Anwendung dieses Satzes ist jedoch nicht der im Bescheid vom 22. April 1968 insgesamt festgestellte Veräußerungsgewinn, sondern nur der streitige Gewinnanteil der Erinnerungsführerin.
Ausgangspunkt für die Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren in Verfahren der Finanzgerichtsbarkeit ist - vorbehaltlich hier nicht einschlägiger Gesetzesbestimmungen - § 13 Abs. 1 GKG. Nach dieser Vorschrift ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
Im Streitfall hatte die Erinnerungsführerin allein Revision eingelegt. E.W. war an diesem Verfahren nur aufgrund der Beiladung des FG beteiligt (§ 122 Abs. 1, § 60 Abs. 3 FGO). Das Interesse der Erinnerungsführerin an der beantragten Aufhebung des Gewinnfeststellungsbescheides vom 22. April 1968 war erkennbar darauf begrenzt, (letztlich) für sich eine bestimmte Einkommensteuerminderung zu erreichen. Daß sie zu diesem Zweck aus verfahrensrechtlichen Gründen die ersatzlose Aufhebung des (gesamten) Feststellungsbescheides beantragen mußte, ist für die Streitwertbemessung ohne Bedeutung; ihr steuerliches Interesse erschöpfte sich darin, daß der auf sie entfallende Gewinnanteil außer Ansatz bleiben sollte (vgl. hierzu auch das Urteil des BFH vom 24. Juli 1953 III 178/52 U, BFHE 57, 713, BStBl III 1953, 272).
Daran ändert auch nichts der Umstand, daß ein eventueller Erfolg der Erinnerungsführerin auch ohne weiteres E.W. zugute gekommen wäre (§ 110 Abs. 1, § 60 Abs. 3 FGO). Der Senat hält es nicht für zulässig, die im Streitfall nicht gegebene Möglichkeit, auch E.W. nach § 135 Abs. 3 FGO Kosten aufzuerlegen, durch eine entsprechende Erhöhung des Streitwertes für das Verfahren der Erinnerungsführerin gleichsam zu ersetzen.
Die Entscheidung des Senats widerspricht nicht dem Beschluß des BFH vom 8. November 1973 IV B 90/70 (BFHE 110, 491, BStBl II 1974, 140). Diesem Beschluß lag ein Streit um die Gewinn verteilung im Verfahren der einheitlichen Gewinnfeststellung zugrunde. Ebensowenig weicht der erkennende Senat von dem Beschluß des BFH vom 11. September 1975 IV B 22/71 (BFHE 116, 530, BStBl II 1976, 22) ab. Anders als hier hatten im Falle des Beschlusses IV B 22/71 beide Beteiligte Klage erhoben.
Fundstellen
Haufe-Index 72919 |
BStBl II 1979, 608 |
BFHE 1979, 23 |