Entscheidungsstichwort (Thema)
NZB: Versäumung der Beschwerdefrist; Beweiskraft der Zustellungsurkunde
Leitsatz (NV)
Für den Gegenbeweis der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen ist die bloße Behauptung, das Schriftstück nicht erhalten zu haben, nicht ausreichend.
Normenkette
FGO § 53 Abs. 2, § 116 Abs. 2; ZPO § 168 Abs. 1, §§ 176, 182, 418 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Hessisches FG (Urteil vom 03.12.2004; Aktenzeichen 13 K 635/04) |
Nachgehend
Tatbestand
I. Die Klage der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin), mit der sie sich gegen die Entscheidung über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung 2002 wendet, wurde vom Finanzgericht (FG) wegen Versäumung der Klagefrist als unzulässig abgewiesen. Das Urteil wurde der Klägerin durch die Post mit Zustellungsurkunde übermittelt. Nach dem Vermerk auf der Zustellungsurkunde war die Zustellung am 11. Dezember 2004 durch Einlegen des Schriftstücks in den zur Wohnung gehörenden Briefkasten oder eine ähnliche Vorrichtung erfolgt. Auf eine Sachstandsanfrage der Klägerin vom 23. Februar 2005 wies das FG mit Schreiben vom 24. Februar 2005 auf die Abweisung der Klage durch das am 11. Dezember 2004 zugestellte Urteil hin. Der mit Schreiben vom 1. März 2005 geäußerten Bitte der Klägerin, ihr das Urteil per Telefax zu übermitteln, kam das FG am 3. März 2005 nach.
Gegen das Urteil des FG richtet sich die am 1. April 2005 beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangene Nichtzulassungsbeschwerde, mit der die Klägerin zugleich Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Beschwerdefrist beantragt hat. Sie trägt vor, dass sie vor dem 3. März 2005 keine Kenntnis von dem Inhalt des FG-Urteils gehabt habe.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig, weil die Klägerin die Frist für die Einlegung der Beschwerde versäumt hat und Wiedereinsetzung in den vorigen Stand der Klägerin nicht gewährt werden kann.
Nach § 116 Abs. 2 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils beim BFH einzulegen. Im Streitfall erfolgte die Zustellung des angefochtenen Urteils am 11. Dezember 2004. Dies folgt aus der Zustellungsurkunde, bei der es sich nach § 53 Abs. 2 FGO i.V.m. § 182 Abs. 1 Satz 2, § 418 der Zivilprozessordnung (ZPO) um eine öffentliche Urkunde handelt, die den vollen Beweis der in ihr bezeugten Tatsachen begründet. Ein Gegenbeweis kann nach § 418 Abs. 2 ZPO nur durch den Beweis der Unrichtigkeit der in der Zustellungsurkunde bezeugten Tatsachen geführt werden; hierfür ist die bloße Behauptung, das Schriftstück nicht erhalten zu haben, nicht ausreichend (ständige Rechtsprechung, vgl. Senatsbeschluss vom 10. November 2003 VII B 366/02, BFH/NV 2004, 509, m.w.N.). Im Streitfall lief daher die Beschwerdefrist am 11. Januar 2005 ab (§ 54 FGO i.V.m. § 222 ZPO i.V.m. §§ 186, 187 und 188 des Bürgerlichen Gesetzbuchs); die Beschwerde der Klägerin ist jedoch erst am 1. April 2005 beim BFH eingegangen.
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann der Klägerin nicht gewährt werden.
Nach § 56 Abs. 2 FGO ist der Wiedereinsetzungsantrag binnen zwei Wochen nach Wegfall des Hindernisses zu stellen und es ist die versäumte Rechtshandlung nachzuholen. Diese Antragsfrist hat die Klägerin nicht gewahrt, da sie bereits am 3. März 2005 Kenntnis vom klageabweisenden Urteil hatte. Jedenfalls ist die beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu versagen, weil die Klägerin keine Tatsachen vorgetragen hat, aus denen sich ergibt, dass sie ohne Verschulden verhindert war (§ 56 Abs. 1 FGO), die Frist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde einzuhalten. Sie hat keine Gründe dafür benannt, weshalb sie --wie sie behauptet-- vor dem 3. März 2005 keine Kenntnis von dem bereits am 11. Dezember 2004 zugestellten Urteil des FG hatte. Es fehlt daher an einer vollständigen und schlüssigen Darlegung der Ereignisse, welche geeignet sind, die angebliche unverschuldete Säumnis zu belegen.
Im Übrigen ist die Beschwerde auch deshalb unzulässig, weil keiner der Gründe, der nach § 115 Abs. 2 FGO die Zulassung rechtfertigt, in einer den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO entsprechenden Weise dargelegt worden ist.
Fundstellen