Entscheidungsstichwort (Thema)
Anordnung zur Bestellung eines Bevollmächtigten
Leitsatz (NV)
Die Anordnung, einen Bevollmächtigten zu bestellen, kann gegen einen Steuerberater, der in eigener Sache auftritt, gerechtfertigt sein, wenn dieser wegen Erkrankung seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachkommen kann.
Normenkette
FGO § 62 Abs. 1 S. 2
Tatbestand
Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) ist Steuerberater. Er führt seit Jahren wiederholt Verfahren in eigener Sache vor dem Finanzgericht (FG), in denen er wegen einer schweren Augenerkrankung nicht in der erforderlichen Weise mitwirken kann.
Im finanzgerichtlichen Verfahren wegen Einkommensteuer 1986 bis 1988 hatte der Kläger vorgetragen, daß er nach einer erneuten Augenoperation bis auf weiteres arbeitsunfähig sei und einen Termin zur mündlichen Verhandlung nicht wahrnehmen könne.
Mit Beschluß vom 22. November 1994 ordnete das FG daraufhin an, daß der Kläger einen Bevollmächtigten zu bestellen hat. Mit der dagegen persönlich eingelegten Beschwerde trägt der Kläger im wesentlichen vor, daß die Bestellung eines Bevollmächtigten keinen Erfolg gebracht hätte, weil es einem von ihm vor längerer Zeit bestellten Rechtsanwalt auch nicht gelungen sei, die für den finanzgerichtlichen Prozeß angeforderten Unterlagen von der X-Bank herauszubekommen.
Entscheidungsgründe
1. Die Beschwerde ist zulässig.
Insbesondere liegen die Voraussetzungen des Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs, wonach ein Rechtsmittel zum Bundesfinanzhof (BFH) nur durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer eingelegt werden kann, vor. Denn der Kläger ist selbst als Steuerberater zugelassen.
Zwar würde die vom FG getroffene Anordnung, einen Bevollmächtigten zu bestellen, ab dem Zeitpunkt ihrer Rechtskraft bewirken, daß der Kläger die Postulationsfähigkeit verliert; bis zum Eintritt der Rechtskraft des die Anordnung enthaltenden Beschlusses bleibt die Postulationsfähigkeit des Klägers jedoch erhalten (vgl. BFH-Beschluß vom 12. Februar 1986 IV B 54/85, BFH/NV 1986, 616).
2. Die Beschwerde ist jedoch nicht begründet.
Die Anordnung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zur Bestellung eines Bevollmächtigten steht im Ermessen des Gerichts. Der Senat kann die vom FG getroffene Anordnung deshalb nur daraufhin überprüfen, ob das FG von unzutreffenden rechtlichen Voraussetzungen ausgegangen ist oder von seinem Ermessen in zweckwidriger Weise Gebrauch gemacht hat (vgl. BFH-Beschluß vom 14. November 1988 IV B 77/88, BFH/NV 1989, 515). Das ist hier nicht der Fall.
Das FG hat insbesondere aufgrund der schweren Augenerkrankung und der damit zusammenhängenden Arbeitsunfähigkeit des Klägers angenommen, daß dieser seiner prozessualen Mitwirkungspflicht nicht ausreichend nachkommen könne und auf nicht absehbare Zeit daran gehindert sei, einen Termin zur mündlichen Verhandlung wahrzunehmen. Auf diese Erwägungen kann eine Anordnung nach § 62 Abs. 1 Satz 2 FGO gestützt werden (vgl. BFH-Beschluß vom 9. August 1974 V B 23/74, BFHE 113, 267, BStBl II 1975, 17). Schließlich steht auch der Umstand, daß der Kläger selbst als Steuerberater zugelassen ist, der Anordnung auf Bestellung eines Bevollmächtigten für ihn nicht entgegen (vgl. BFH-Beschluß vom 20. September 1979 VII B 20/79, BFHE 128, 489, BStBl II 1979, 778).
Fundstellen
Haufe-Index 421094 |
BFH/NV 1996, 481 |