Entscheidungsstichwort (Thema)
Vertretungszwang vor dem BFH - Auslegung der Beschwerdeschrift
Leitsatz (NV)
- Die Einlegung der Beschwerde durch eine Steuerberatungsgesellschaft mbH erfüllt nicht die Voraussetzungen des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG.
- Ist die Beschwerde unter dem Briefkopf der GmbH in der "Wir-Form" abgefasst, spricht der erste Anschein für eine Erklärung der juristischen Person.
Normenkette
BFHEntlG Art. 1 Nr. 1 Sätze 1-2
Gründe
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision ist unzulässig; sie war daher zu verwerfen.
Nach Art. 1 Nr. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vom 8. Juli 1975 (BGBl I 1975, 1861) muss sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer als Bevollmächtigten vertreten lassen. Nach Satz 2 dieser Vorschrift gilt dies auch für die Einlegung der Beschwerde. Die Einlegung der Beschwerde durch eine Steuerberatungsgesellschaft mbH erfüllt die gesetzlichen Voraussetzungen nicht (ständige Rechtsprechung des BFH, vgl. BFH-Beschluss vom 24. Oktober 1996 VIII B 83-84/96, BFH/NV 1997, 372). Fehlt es an der ordnungsgemäßen Vertretung durch einen Angehörigen der in Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG genannten Berufsgruppen, so ist die betreffende Prozesshandlung unwirksam.
Die mit Schriftsatz vom 17. September 1999 eingelegte Beschwerde ist als Erklärung der Steuerberatungsgesellschaft (GmbH) und nicht als eine persönliche Erklärung des unterzeichnenden angestellten Steuerberaters A anzusehen (vgl. BFH-Beschluss vom 21. März 1995 I R 115/94, BFH/NV 1995, 916).
Die Beschwerde wurde unter dem Briefkopf der GmbH eingelegt und in der "Wir-Form" abgefasst. Bei der auf dem Briefkopf einer juristischen Person abgegebenen Erklärung spricht der erste Anschein grundsätzlich für eine Erklärung der juristischen Person (BFH-Beschluss vom 30. April 1986 VIII R 199-201/85, BFH/NV 1986, 691). Wird die Erklärung darüber hinaus in der "Wir-Form" abgefasst, so deuten Wortlaut und Erklärungsinhalt verstärkt auf eine Erklärung der Gesellschaft. Umstände, die diesen Beweis des ersten Anscheins mit hinreichender Deutlichkeit entkräften, sind im Streitfall nicht ersichtlich; insoweit verbleibende Zweifel gehen zu Lasten des Beschwerdeführers (BFH-Beschluss vom 21. Mai 1997 I B 136/96, BFH/NV 1997, 888).
Soweit in der Beschwerdeschrift von der "Auffassung des Unterzeichners" die Rede ist, kann hieraus kein eindeutiger Hinweis darauf abgeleitet werden, Steuerberater A habe die Beschwerde persönlich eingelegt. Letzteres wäre nur dann zu erwägen, wenn der "Unterzeichner" in der Beschwerdeschrift als Prozessbevollmächtigter bezeichnet worden wäre (BFH-Beschluss vom 19. November 1998 VII B 127/98, BFH/NV 1999, 673).
Auch die vorgelegten Vollmachten vermögen im Streitfall den Anscheinsschein zugunsten der Beschwerdeerhebung durch die GmbH nicht zu erschüttern. Denn die Vollmacht als solche sagt nichts darüber aus, wer das Rechtsmittel eingelegt hat. Aus ihr kann lediglich entnommen werden, ob derjenige, der das Rechtsmittel eingelegt hat, auch dazu bevollmächtigt war (vgl. BFH-Beschluss vom 6. Dezember 1990 III R 9/90, BFH/NV 1991, 762, und in BFH/NV 1986, 691). Zudem ist in den Vollmachten die Steuerberatungsgesellschaft mit Angabe von Telefon- und Fax-Nummer sowie voller Anschrift aufgeführt, darunter befindet sich lediglich handschriftlich bzw. maschinenschriftlich der zusätzliche Hinweis auf den Steuerberater A. Anders als im Fall des BFH-Urteils vom 13. August 1982 (VI R 52/79, nicht veröffentlicht), bei dem im Briefkopf der Steuerberater persönlich genannt wurde, kann im Streitfall der Zusatz zu den Vollmachten auch lediglich auf die Stellung des Steuerberaters A als Bearbeiter der bevollmächtigten GmbH hinweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung.
Fundstellen
Haufe-Index 425027 |
BFH/NV 2000, 847 |