Entscheidungsstichwort (Thema)
Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Prozeßkostenhilfe ist für jede Instanz gesondert zu beantragen und zu bewilligen.
2. Das Versäumen der Beschwerdefrist für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde kann nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn ein Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe für eine Nichtzulassungsbeschwerde gestellt wurde. Die Beschwerde gegen die Versagung der Prozeßkostenhilfe für das Verfahren vor dem FG reicht hierzu nicht aus.
Normenkette
FGO §§ 56, 115 Abs. 3; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1
Tatbestand
Die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) sind Eheleute, die im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Klägerin bezog Einkünfte aus Kapitalvermögen; sie hält sämtliche Anteile der A-GmbH in X. Der Kläger hatte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Betriebsleiter bei der A-GmbH.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) Feststellungen einer im Frühjahr 1981 bei der GmbH durchgeführten Betriebsprüfung und änderte den Einkommensteuerbescheid entsprechend.
Einspruch und Klage hiergegen blieben erfolglos. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist den Klägern am 7. Januar 1986 zugestellt worden.
Am 4. August 1987 ging beim FG ein Schreiben des Prozeßbevollmächtigten der Kläger vom 3. August 1987 ein, in dem u. a. folgendes ausgeführt wird:
,,. . . wiederholen wir
1. hiermit unter Bezugnahme auf unseren Schriftsatz vom 27.02.1987 sowie den uns am 30.07.1987 zugegangenen Beschluß des BFH vom 11.06.1987 den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand hinsichtlich des Rechtsmittels der Nichtzulassungsbeschwerde und führen zur Begründung aus . . ."
In dem Schriftsatz vom 27. Februar 1987, der beim FG am 2. März 1987 einging, ist u. a. folgendes ausgeführt:
,,wiederholen wir hiermit äußerst vorsorglich - unter gleichzeitiger Übersendung einer Durchschrift dieses Schreibens als Finanzamt-AdV-Antr. an das Finanzamt P - sowie unter gleichzeitiger vorsorglicher Antragstellung auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, soweit Rechtsmittelfristen abgelaufen sind, nachdem das Verfahrenshindernis der Nichterteilung von Prozeßkostenhilfe durch Ziff. 1 des Beschlusses vom 12.02.1987, zugestellt am 23.02.1987, beseitigt ist, das gegen den Einkommensteuerbescheid 1979 anhängige Rechtsmittel und legen gleichzeitig gegen den PKH-Verweigerungsbeschluß vom 12.02.1987 das Rechtsmittel der Beschwerde ein, soweit es sich um die Kostenentscheidung nach Ziff. 3 des Beschlusses vom 12.02.1987 und um die Beschwerde hinsichtlich S. 1 Abs. 4 und um die Abwehrkosten in Höhe von 44 237,- DM handelt."
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision ist unzulässig.
Nach § 115 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten werden soll. In der Beschwerdeschrift muß die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dargelegt oder die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH), von der das Urteil abweicht, oder der Verfahrensmangel bezeichnet werden.
Gegen das Urteil des FG, durch das dieses die Klage abgewiesen hat, ist nicht fristgerecht durch eine nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertretungsberechtigte Person Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingelegt worden. Die Beschwerdefrist war bei Eingang des Schreibens vom 27. Februar 1987, sofern darin zugunsten der Kläger eine Nichtzulassungsbeschwerde gesehen wird, bereits mehr als über ein Jahr abgelaufen. Zu einem früheren Zeitpunkt ist entgegen der Behauptung der Kläger weder beim FG noch beim BFH eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision eingegangen.
Wird wegen fehlender finanzieller Mittel die Beschwerdefrist versäumt, so kann unter den Voraussetzungen des § 56 FGO zwar Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gewährt werden. Dazu ist aber notwendig, daß die Beschwerdefrist unverschuldet versäumt wird. Diese Voraussetzung ist nur dann erfüllt, wenn innerhalb der Beschwerdefrist ein Antrag auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für die Durchführung des Beschwerdeverfahrens gestellt wird und die für die Entscheidung über den PKH-Antrag erforderlichen Unterlagen vorgelegt werden. Insbesondere muß der Antragsteller innerhalb der Beschwerdefrist die Erklärung über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse auf dem dafür vorgeschriebenen amtlichen Vordruck einreichen oder zumindest auf früher eingereichte Erklärungen verweisen, da PKH für jede Instanz gesondert zu bewilligen ist (Beschluß des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 9. Juli 1981 VII ZR 127/81, Versicherungsrecht 1981, 884; Beschluß des Bundessozialgerichts vom 30. April 1982 7 BH 10/82, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung 1984, 244; BGH-Beschluß vom 16. März 1983 IV b ZB 73/82, Der Betrieb 1983, 1251; BFH-Beschluß vom 15. April 1985 VIII S 17/81, BFH/NV 1986, 355).
Diese Voraussetzungen sind im Streitfall nicht gegeben. Die Kläger haben zwar Beschwerde gegen die Versagung der PKH durch das FG für das Klageverfahren vor dem FG eingelegt, nicht aber PKH für ein Beschwerdeverfahren vor dem BFH beantragt. Nur wenn die Kläger einen Antrag auf Bewilligung von PKH für eine Nichtzulassungsbeschwerde gestellt hätten, könnte die Versäumung der Beschwerdefrist für die Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde als unverschuldet im Sinne des § 56 FGO angesehen werden.
Fundstellen
Haufe-Index 416196 |
BFH/NV 1989, 452 |