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BFH Beschluss vom 10.02.1988 - IV B 134/85 (NV)

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Entscheidungsstichwort (Thema)

Beschwerde wegen Prozeßkostenhilfe nach Änderung des angefochtenen Bescheides; Mutwillige Rechtsverfolgung bei Klage gegen Folgebescheid

 

Leitsatz (NV)

1. Eine Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozeßkostenhilfe ist noch statthaft, wenn das FA den angefochtenen Bescheid geändert, aber nur dieses den Rechtsstreit für in der Hauptsache erledigt erklärt hat.

2. Die Rechtsverfolgung hinsichtlich eines Folgebescheides ist mutwillig, wenn der Antragsteller die erstrebte Änderung bereits durch die Anfechtung des Grundlagenbescheides erreichen kann.

 

Normenkette

FGO § 142; ZPO §§ 114, 127 Abs. 2 S. 2

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Im Einkommensteuerbescheid 1981 hatte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) aufgrund einer Mitteilung des FA A vom 12. Januar 1983 über die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte betreffend die X-KG einen laufenden Verlust in Höhe von . . . DM und einen Veräußerungsgewinn in Höhe von . . . DM, somit insgesamt . . . DM, bei den Einkünften aus Gewerbebetrieb angesetzt. In der Einspruchsentscheidung berücksichtigte das FA, ausgehend von einem Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von . . . DM, zusätzlich einen Betrag als Verlustabzug gemäß § 10 d des Einkommensteuergesetzes (EStG) und setzte die Einkommensteuer 1981 auf . . . DM herab.

Im Klageverfahren machten die Antragsteller und Beschwerdeführer (Kläger) zunächst geltend: Der Kläger habe außer einer Altersrente kein Einkommen. Im Streitjahr 1981 sei er nicht mehr Inhaber des Betriebes gewesen. Im übrigen sei der Gesamtbetrag der Einkünfte in Höhe von . . . DM offensichtlich unrichtig. Der Kläger sei krank.

Die Kläger beantragen im Klageverfahren, den Einkommensteuerbescheid 1981 aufzuheben, hilfsweise, die Sache an das FA zurückzuverweisen.

Den Antrag der Kläger auf Bewilligung von Prozeßkostenhilfe (PKH) unter Beiordnung des Prozeßbevollmächtigten, Rechtsanwalt Z, als Anwalt hat das Finanzgericht (FG) abgelehnt, weil wegen der bindenden Wirkung des Grundlagenbescheides die Klage keine Aussicht auf Erfolg haben könne.

Dagegen richtet sich die Beschwerde der Kläger. Sie machen zunächst geltend: Der Kläger sei nicht prozeßfähig. Die Prozeßfähigkeit müsse von Amts wegen geprüft werden.

Durch Bescheid vom 2. Januar 1986 hat das FA die Einkommensteuer 1981 auf 0 DM herabgesetzt und im Klageverfahren den Rechtsstreit betreffend die Einkommensteuer 1981 in der Hauptsache für erledigt erklärt. Die Kläger haben dazu keine Erklärung abgegeben.

Am 28. Februar 1986 ist der Kläger verstorben. Seine Erben sind noch nicht ermittelt. Die Klägerin hat die Erbschaft ausgeschlagen.

Die Prozeßbevollmächtigten sind der Auffassung, das Verfahren ruhe.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist zulässig, aber unbegründet.

Nach § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 127 Abs. 2 Satz 2 der Zivilprozeßordnung (ZPO) findet gegen ablehnende Entscheidungen über die PKH die Beschwerde statt, ,,es sei denn, daß das Berufungsgericht die Entscheidung getroffen hat". Aus dieser Regelung wird entnommen, daß die Beschwerde in einer PKH-Sache nicht an diejenige Instanz gerichtet werden kann, an die die zugehörige Hauptsache nicht kommen kann. Da das FG vorliegend in der Hauptsache noch nicht entschieden hat, ist die Beschwerde statthaft.

Etwas anderes folgt auch nicht daraus, daß das FA während des Beschwerdeverfahrens den ursprünglich angefochtenen Einkommensteuerbescheid geändert und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt hat. Zwar hat das zur Folge, daß das FG die Klage wegen des von den Klägern aufrechterhaltenen Sachantrages mangels Rechtsschutzinteresses als unzulässig abweisen muß (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. März 1979 GrS 4/78, BFHE 127, 147, BStBl II 1979, 375), aber das Klageverfahren ist damit noch nicht beendet. Die begehrte PKH könnte noch bewilligt werden (vgl. BFH-Beschluß vom 7. August 1984 VII B 27/84, BFHE 141, 494, BStBl II 1984, 838).

Die Beschwerde ist jedoch unbegründet.

Die Klage gegen den Einkommensteuerbescheid 1981 erscheint mutwillig.

PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 142 Abs. 1 FGO i. V. m. § 114 Satz 1 ZPO). Diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht erfüllt.

Eine Rechtsverfolgung ist dann mutwillig, wenn ein verständiger, nicht hilfsbedürftiger Beteiligter seine Rechte nicht in gleicher Weise verfolgen würde oder wenn der Beteiligte den von ihm verfolgten Zweck auf einem billigeren als dem von ihm eingeschlagenen Weg erreichen könnte (BFH-Beschluß vom 27. März 1986 I S 16/85, BFH/NV 1986, 632). Im Streitfall hätte eine Anfechtung des Grundlagenbescheides genügt (vgl. § 351 Abs. 2 der Abgabenordnung - AO 1977 -; § 42 FGO); der im vorliegenden Verfahren angefochtene Einkommensteuerbescheid 1981 wäre ggf. gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 zu ändern. Hinzu kommt, daß gemäß § 182 Abs. 1 AO 1977 Feststellungsbescheide (Grundlagenbescheide), auch wenn sie noch nicht unanfechtbar sind, für andere Feststellungsbescheide, für Steuermeßbescheide, für Steuerbescheide und für Steueranmeldungen (Folgebescheide) bindend sind, soweit die in den Feststellungsbescheiden getroffenen Feststellungen für diese Folgebescheide von Bedeutung sind.

Dem steht nicht entgegen, daß nach der Rechtsprechung des BFH (zuletzt Urteil vom 2. September 1987 I R 162/84, BFHE 151, 104, BStBl II 1988, 142, und Beschluß in BFH/NV 1986, 632, m.w.N.) eine Klage gegen einen Folgebescheid, die auf Einwendungen gegen den Grundlagenbescheid gestützt wird, nicht unzulässig ist und der den Folgebescheid betreffende Rechtsstreit gemäß § 74 FGO auszusetzen gewesen wäre (Beschluß in BFH/NV 1986, 632). Denn die Kläger hätten sich auf eine Anfechtung des Grundlagenbescheides beschränken und damit ihr Ziel auf einem kostengünstigeren Weg erreichen können.

Die Sache ist entscheidungsreif. Gemäß § 155 i. V. m. § 246 Abs. 1 ZPO ist das Verfahren durch den Tod des Klägers nicht unterbrochen worden. Das würde auch für den möglichen vorherigen Verlust der Prozeßfähigkeit gelten. Denn beide Kläger waren oder sind noch durch einen Prozeßbevollmächtigten vertreten. Trotz des entsprechenden Hinweises des FA auf die Bestimmungen des § 246 ZPO haben die Kläger auch nicht beantragt, das Verfahren auszusetzen. Die Anordnung des Ruhens des Verfahrens (§ 155 FGO i. V. m. § 251 ZPO) erscheint nicht zweckmäßig, zumal das FA ihr entgegengetreten ist.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423967

BFH/NV 1989, 658

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