Entscheidungsstichwort (Thema)
Rechtsschutzbedürfnis für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
Für die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde (NZB) fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn feststeht, daß die erstrebte Revision unzulässig wäre. Eine NZB wird daher unzulässig, wenn das Rechtsschutzinteresse für die künftige Revision nicht mehr bestehen kann, weil das Urteil des FG über einen den angefochtenen Bescheid ändernden Bescheid - ein Antrag nach § 68 FGO war nicht gestellt - zwischenzeitlich rechtskräftig geworden ist.
Normenkette
FGO § 115
Tatbestand
Im Streitjahr waren an der KG der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) als Kommanditist und die GmbH als persönlich haftende Gesellschafterin beteiligt. Über das Vermögen der KG wurde mit Beschluß vom 14. Oktober 1975 das Konkursverfahren eröffnet.
Mit gemäß § 100 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO) für vorläufig erklärtem Bescheid vom 7. September 1976 wurden die Einkünfte der KG im Streitjahr einheitlich und gesondert auf ./. . . . DM festgestellt und antragsgemäß auf den Kläger in Höhe von ./. . . . DM und die GmbH in Höhe von + . . . DM verteilt. Den Vorbehalt der Nachprüfung hob der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) mit an die KG gerichteter Verfügung vom 28. März 1978 auf.
Das FA änderte den Feststellungsbescheid mit an den Kläger und die GmbH adressiertem Bescheid vom 4. August 1978, in dem es den Verlust der KG in vollem Umfang der GmbH zuordnete. Es stützte den Änderungsbescheid auf § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977).
Einspruch und Klage wurden als unbegründet zurückgewiesen.
Während des Klageverfahrens hatte das FA den angefochtenen Bescheid mit Bescheid vom 2. Oktober 1984 erneut geändert und den Gewinn der KG auf + . . . DM heraufgesetzt und in Höhe von + . . . DM dem Kläger und in Höhe von ./. . . . DM der GmbH zugerechnet. Dagegen erhob der Kläger nach erfolglos gebliebenem Einspruchsverfahren ebenfalls Klage. Einen Antrag nach § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) stellte er nicht. Mit Urteil des Finanzgerichts (FG) vom 16. Februar 1989 VI 57/85 sind die Einkünfte der KG auf ./. . . . DM herabgesetzt und dem Kläger in Höhe von + . . . DM und der GmbH in Höhe von ./. . . . DM zugeordnet worden. Die gegen die Nichtzulassung der Revision gegen dieses Urteil eingelegte Beschwerde wurde mit Beschluß des Senats vom heutigen Tage VIII B 48/89 als unzulässig verworfen.
Entscheidungsgründe
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist unzulässig. Für ihre Einlegung besteht kein Rechtsschutzbedürfnis.
Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ein Rechtsmittel und nicht bloßer Rechtsbehelf (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 3. Februar 1987 VII B 129/86, BFHE 148, 489, BStBl II 1987, 305; Gräber, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 115 Rdnr. 47). Wie für jedes Rechtsmittel muß deshalb auch für die Nichtzulassungsbeschwerde ein Rechtsschutzbedürfnis gegeben sein. Im Hinblick auf den Zweck der Nichtzulassungsbeschwerde kann ein Rechtsschutzbedürfnis nur angenommen werden, wenn der Beschwerdeführer ein berücksichtigenswertes Interesse daran hat, daß das Revisionsverfahren eröffnet wird. Ein solches Interesse kann zwar nicht schon dann verneint werden, wenn erkennbar ist, daß die Revision keinen Erfolg haben wird. Die Erfolgsaussichten der künftigen Revision spielen grundsätzlich bei der Entscheidung über die Zulassung der Revision keine Rolle (BFH-Beschluß vom 21. Mai 1968 II B 7/68, BFHE 92, 110; Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 115 FGO Tz. 101; Gräber, a.a.O., § 115 Rdnr. 6). Das gilt aber nur, soweit es um die Begründetheit der Revision geht. Stellt sich hingegen im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde heraus, daß die Revision unzulässig wäre, dann kann auch die Nichtzulassungsbeschwerde nicht zulässig sein. An der Eröffnung eines unzulässigen Revisionsverfahrens kann schlechthin kein schutzbedürftiges Interesse bestehen.
Im Streitfall folgt daraus, daß für die Nichtzulassungsbeschwerde ein Rechtsschutzbedürfnis fehlt, weil die Revision mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig wäre. Der Kläger hat die Klage zu dem Zweck erhoben, eine Änderung des Bescheides vom 4. August 1978 zu erreichen. An die Stelle dieses Bescheides ist jedoch der geänderte Feststellungsbescheid vom 2. Oktober 1984 getreten, der in der Gestalt, die er durch das finanzgerichtliche Urteil gefunden hat, bestandskräftig geworden ist. Die Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision gegen das Urteil des FG vom 16. Februar 1989 VI 57/85 ist als unzulässig verworfen worden. Der angefochtene Bescheid kann deshalb keine Wirkung gegen den Kläger mehr entfalten (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Oktober 1972 GrS 1/72, BFHE 108, 1, BStBl II 1973, 231). Unter diesen Umständen besteht kein Rechtsschutzbedürfnis für das auf Abänderung des angefochtenen Bescheides gerichtete Klagebegehren. Aus diesem Grunde kann auch das Revisionsverfahren der Klage nicht zum Erfolg verhelfen. Für eine solche Revision besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, weil es dem Kläger offensichtlich nicht gelingen kann, eine ihm günstigere Entscheidung zu erreichen (vgl. BFH-Beschluß vom 24. November 1982 II R 172/80, BFHE 137, 6, BStBl II 1983, 237).
Fundstellen
Haufe-Index 416873 |
BFH/NV 1991, 168 |