Entscheidungsstichwort (Thema)
Prozeßkostenhilfe für Klage gegen Mineralölsteuerhaftungsbescheid
Leitsatz (NV)
1. Das FG darf sich ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführte strafgerichtliche Feststellungen auch dann zu eigen machen, wenn der betroffene Beteiligte des finanzgerichtlichen Verfahrens am Strafverfahren nicht beteiligt war und diese Feststellungen nicht substantiiert bestritten hat.
2. Eine Verfahrensdauer von 14 Jahren zwischen Erlaß eines Mineralölsteuerhaftungsbescheids wegen Heizölverdieselung und der Einspruchsentscheidung ist jedenfalls dann nicht zu beanstanden, wenn sie darauf zurückzuführen ist, daß sich der Haftungsschuldner der Strafverfolgung durch Flucht ins Ausland entzogen und das HZA den rechtskräftigen Abschluß des Strafverfahrens gegen die übrigen Tatbeteiligten abgewartet hat.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 142 Abs. 1; MinöStG § 2 Abs. 1, § 8 Abs. 2 Nr. 1; RAO §§ 112, 118, 392 Abs. 1; MinöStDV § 23 Abs. 2 S. 1, Abs. 3 Nr. 4, Abs. 7 Nr. 1
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) beantragte beim Finanzgericht (FG) die Gewährung von Prozeßkostenhilfe (PKH) für das Klageverfahren gegen seine Inanspruchnahme als Haftungsschuldner durch das beklagte Hauptzollamt (HZA) für Mineralölsteuer in Höhe von ... DM wegen Mitwirkung an Heizölverdieselungen in den Jahren 1967 und 1968. Das FG lehnte den Antrag ab, weil für die beabsichtigte Rechtsverfolgung nach der gebotenen summarischen Prüfung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bestünde. Der Antragsteller und der Transportunternehmer X hätten eine Steuerhinterziehung nach § 392 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) begangen, indem sie vorsätzlich zu ihrem Vorteil bewirkt hätten, daß Steuereinnahmen dadurch verkürzt worden seien, daß Heizöl als Dieselkraftstoff verkauft, nicht aber entsprechend versteuert worden sei. Durch die bestimmungswidrige Verwendung des Heizöls als Kraftstoff sei die auf dem Heizöl ruhende bedingte Steuerschuld in Höhe des Unterschiedsbetrags zwischen dem Steuersatz nach § 2 Abs. 1 des Mineralölsteuergesetzes (MinöStG) und dem ermäßigten Steuersatz nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MinöStG in Höhe von 37,85 DM/100 kg gemäß § 23 Abs. 3 Nr. 4 und Abs. 7 Nr. 1 der Verordnung zur Durchführung des Mineralölsteuergesetzes (MinöStDV) unbedingt und sofort fällig geworden. Steuerschuldner seien die einzelnen Lieferanten des Heizöls geworden, da die Steuerschuld nicht nach § 23 Abs. 2 Satz 1 MinöStDV auf X und den Antragsteller übergegangen sei. Das HZA habe daher den Antragsteller zu Recht als nach § 112 i.V.m. § 118 AO hierfür Haftenden in Anspruch genommen.
Hinsichtlich der getroffenen tatsächlichen Feststellungen stützte sich das FG im wesentlichen auf die Feststellungen im rechtskräftigen Urteil des Landgerichts Y vom ..., in dem X zu einer Freiheitsstrafe wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden ist. Diese Feststellungen müsse auch der Antragsteller, der sich der Strafverfolgung durch Flucht ins Ausland entzogen habe, im finanzgerichtlichen Verfahren gegen sich gelten lassen, weil er sie nicht substantiiert bestritten habe.
Im übrigen sei die Inanspruchnahme des Antragstellers als Haftender weder ermessensfehlerhaft noch etwa deswegen ausgeschlossen, weil zwischen Erlaß des Haftungsbescheids und der Einspruchsentscheidung 14 Jahre verstrichen seien. Unter den gegebenen Umständen habe das HZA erst den rechtskräftigen Abschluß der Strafverfahren gegen die übrigen Beteiligten an den damaligen Heizölverdieselungen abwarten dürfen.
Gegen die Ablehnung der Bewilligung der PKH hat der Antragsteller fristgerecht Beschwerde eingelegt, die Beschwerde aber im folgenden nicht begründet.
Entscheidungsgründe
Die trotz fehlender Begründung zulässige Beschwerde (vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 25. April 1968 VI B 47/67, BFHE 92, 469, BStBl II 1968, 608) ist nicht begründet.
Da eine Beschwerdebegründung nicht vorliegt, kann der Senat die angefochtene Entscheidung nur daraufhin überprüfen, ob sich aufgrund der Aktenlage oder aus den Entscheidungsgründen des FG selbst Rechtsfehler oder Gesichtspunkte tatsächlicher Art ergeben, die zu einer anderen Entscheidung zwingen. Das trifft aber nicht zu. Das FG hat - soweit ersichtlich - seiner Entscheidung den im Rahmen der gebotenen summarischen Prüfung (§ 142 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung i.V.m. § 114 der Zivilprozeßordnung) zutreffend ermittelten Sachverhalt zugrunde gelegt. Insbesondere durfte sich das FG dabei die Feststellungen des in das finanzgerichtliche Verfahren eingeführten Strafurteils gegen X auch gegenüber dem Antragsteller zu eigen machen, da dessen Vorbringen in der Klageschrift und in dem weiteren Schriftsatz vom ..., wovon das FG zu Recht ausgeht, kein substantiiertes Bestreiten dieser Feststellungen darstellt (Senatsurteil vom 26. April 1988 VII R 124/85, BFHE 153, 463, 467).
Die Entscheidung des FG in rechtlicher Hinsicht, auf die der Senat Bezug nimmt, entspricht der Gesetzeslage und der Rechtsprechung des Senats, die in dem angefochtenen Beschluß zitiert worden ist. Anhaltspunkte, daß der angefochtene Haftungsbescheid aus anderen Gründen rechts- widrig ist, sind nicht erkennbar. Insbesondere kann die lange Verfahrensdauer zwischen Erlaß des Haftungsbescheids und der Einspruchsentscheidung unter den vom FG festgestellten Umständen nicht zugunsten des Antragstellers ins Feld geführt werden. Seine Beschwerde war daher als unbegründet zurückzuweisen.
Fundstellen
Haufe-Index 419691 |
BFH/NV 1994, 804 |