Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerbarkeit der Sammelbeförderungen von Arbeitnehmern
Leitsatz (amtlich)
1. Dem EuGH werden folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:
1.1. Erfüllt die Beförderungsleistung eines Arbeitgebers auch dann den Begriff einer Dienstleistung "gegen Entgelt" i.S. von Art.2 Nr.1 der Richtlinie 77/388/EWG --nämlich gegen einen zu schätzenden Anteil der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer--, wenn der Arbeitgeber aufgrund Tarifvertrags Arbeitnehmer (ohne besonders vereinbartes und berechnetes Entgelt) von der Wohnung zur Arbeitsstätte ab einer bestimmten Mindestentfernung befördert und die Arbeitsleistung --ohne konkrete Verknüpfung mit solchen Beförderungsleistungen-- wie bei den übrigen Arbeitnehmern bereits gegen den vereinbarten Barlohn auszuführen ist?
1.2. Erfaßt Art.6 Abs.2 der Richtlinie 77/388/EWG die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands bzw. eine unentgeltliche Dienstleistung auch dann, wenn sie --wie bei unentgeltlicher Beförderung von Arbeitnehmern von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück mit einem betrieblichen Kfz-- beim Arbeitgeber keinen unternehmensfremden Zwecken, beim Arbeitnehmer aber dessen privaten Zwecken dient, ohne daß der Arbeitnehmer (wegen unentgeltlicher Inanspruchnahme der Beförderungsleistung) insoweit mit Umsatzsteuer belastet wird?
3. Falls Frage 1.2 zu bejahen ist:
Liegt auch dann ein Fall des Art.6 Abs.2 der Richtlinie 77/388/EWG vor, wenn der Arbeitgeber die Arbeitnehmer nicht in eigenen Fahrzeugen befördert, sondern Dritte (im Streitfall einen eigenen Arbeitnehmer) mit der Beförderung beauftragt?
Normenkette
UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 1, 2 Buchst. b; EWGRL 388/77 Art. 6 Abs. 2, Art. 2 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) betreibt ein Bauunternehmen. Sie beförderte in den Streitjahren 1980 bis 1985 Arbeitnehmer (in firmeneigenen Fahrzeugen) unentgeltlich von deren Wohnungen zu den Baustellen. Zusätzlich beförderte in ihrem Auftrag ein Arbeitnehmer in seinem Fahrzeug einige Arbeitnehmer von deren Wohnungen zu den wechselnden Einsatzstellen.
Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --FA--) nahm insoweit steuerbare Umsätze gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 an.
Einspruch und Klage hinsichtlich Steuerbarkeit und Steuerpflicht der Beförderungsleistungen hatten keinen Erfolg.
Mit der vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts. Wie im Einspruchs- und Klageverfahren trägt sie zur Begründung im wesentlichen vor: Die von ihr bzw. von einem Dritten (dem beauftragten Arbeitnehmer) unentgeltlich durchgeführte Sammelbeförderung der Arbeitnehmer könne nicht unter Berufung auf die Urteile des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 11. März 1988 V R 30/84 und V R 114/83 (BFHE 153, 155, 162, BStBl II 1988, 643, 651) als steuerbare Leistung gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b UStG 1980 angesehen werden. Die zitierte BFH-Rechtsprechung sei auf den zu beurteilenden Sachverhalt nicht anwendbar. FA und FG hätten verkannt, daß es sich bei der Beförderung um keine Leistungen an die Arbeitnehmer für deren privaten Bedarf, sondern um Leistungen des Arbeitgebers, die überwiegend durch dessen betriebliches Interesse veranlaßt gewesen seien, gehandelt habe. Das ergebe sich aus der Besonderheit, daß sie, die Klägerin, als Bauunternehmerin durch § 7 Nr.3.1 des Bundesrahmentarifvertrags für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 (ebenso der bis 31. Dezember 1980 geltende Bundesrahmentarifvertrag vom 5. Juni 1978) verpflichtet sei, Fahrtkostenabgeltung zu zahlen oder die Möglichkeit der kostenlosen Beförderung in firmeneigenen Fahrzeugen zu gewährleisten.
Selbst wenn man hier eine gleichzeitige Befriedigung eines privaten Bedarfs der Arbeitnehmer unterstelle, wäre die Steuerbarkeit nach der BFH-Rechtsprechung ebenfalls zu verneinen, weil die Deckung privaten Bedarfs durch die vertragliche Verpflichtung als Arbeitgeber nach dem Tarifvertrag überlagert werde. Zudem komme bei einem Bauunternehmen ihrer Größe aus wirtschaftlichen Gründen praktisch nur die unentgeltliche Sammelbeförderung in Betracht, weil der tarifvertraglich vorgesehene Ersatz der von den Arbeitnehmern getragenen Fahrtkosten regelmäßig teurer sei.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1980 bis 1985 herabzusetzen.
Das FA tritt der Revision entgegen.
Entscheidungsgründe
II. (Zur Rechtslage nach deutschem Umsatzsteuerrecht)
1. Leistungen der Klägerin als Arbeitgeberin an ihre Arbeitnehmer (hier: Sammelbeförderungsleistungen) sind nach § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980 steuerbar, wenn sie "gegen Entgelt" ausgeführt werden. Voraussetzung dafür ist nach der Rechtsprechung des Senats (grundlegend Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495), daß solche Sachleistungen neben der Lohnzahlung den Arbeitsleistungen der Arbeitnehmer als Gegenleistung aufgrund gegenseitiger rechtlicher Verpflichtung und Berechtigung gegenüberstehen. Der Arbeitgeber muß seine Leistung zum Zweck der Entgeltserzielung ausgeführt haben. Insoweit müssen die wechselseitig ausgeführten Leistungen miteinander innerlich verbunden sein. Der Senat hat mit dem vorbezeichneten Urteil die frühere Rechtsprechung aufgegeben, die eine bloße kausale Verknüpfung durch das Arbeitsverhältnis für ausreichend hielt und einen ideellen Teil der Arbeitsleistung der Arbeitnehmer als Gegenleistung zur sog. freiwilligen Sachzuwendung des Arbeitgebers abspaltete. Der Senat wies in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 darauf hin, daß es insoweit unmöglich ist, den Wert dieses ideellen Arbeitsanteils als Gegenleistung zu bestimmen.
Anknüpfend an die Grundsätze in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 hat der Senat zwar bejaht, daß betriebliche Sachzuwendungen (aufgrund des Arbeitsvertrags im weiten Sinn --auch nach faktischer betrieblicher Übung--) vom Arbeitgeber auf Entgelt in Gestalt eines Teiles der von den Arbeitnehmern geleisteten Dienste gerichtet sein können. Das wurde z.B. im BFH-Urteil vom 4. Oktober 1984 V R 82/83 (BFHE 142, 66, BStBl II 1984, 808) angenommen in bezug auf die Gestellung eines firmeneigenen PKW's an leitende Angestellte auch zur privaten Nutzung; diese könne neben dem ausdrücklich vereinbarten Barlohn Bestandteil der Entlohnung sein.
Im Beschluß vom 24. März 1983 V B 56/82 (BFHE 138, 111, BStBl II 1983, 391) hat der Senat jedoch folgende Prüfungskriterien für die Frage der Steuerbarkeit von Sachzuwendungen an Arbeitnehmer ohne gesondert berechnetes Entgelt aufgestellt: Erforderlich sei die Untersuchung, ob die Sachzuwendung Gegenstand der arbeitsvertraglichen Beziehungen geworden sei und ob bejahendenfalls mit der Sachzuwendung geleistete Dienste abgegolten werden sollten. Diese rechtliche Nachprüfung sei jedenfalls dann unumgänglich, wenn der Charakter der Sachzuwendung, die Art ihrer Gewährung und/oder die Person des Bedachten zu erkennen gäben, daß es sich nicht (wie z.B. das allgemein angebotene Mittagessen oder die Beförderung von und zur Arbeitsstätte in verkehrsmäßig unterversorgten Gebieten) um eine an alle Arbeitnehmer richtende, in bezug auf den einzelnen Arbeitnehmer wertmäßig begrenzte und im gewissen Umfang auch im allgemeinen betrieblichen Interesse liegende Zuwendung handle.
Nach diesen Grundsätzen scheidet Steuerbarkeit der Sammelbeförderungsleistungen der Klägerin im Streitfall nach § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1 UStG 1980 aus. Es fehlt daran, daß die Leistung des Arbeitgebers auf eine konkretisierbare Gegenleistung des jeweiligen Arbeitnehmers abzielt. Daß sich die Klägerin arbeitsvertraglich --über den Bundesrahmentarifvertrag hinaus-- ihren Arbeitnehmern u.a. zur Sammelbeförderung verpflichtete, spielt dabei keine Rolle. Nach dem bereits erwähnten Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe vom 3. Februar 1981 war in Nr.3.1 eine Fahrtkostenabgeltung geregelt. Diese hatte den Inhalt, daß der Arbeitnehmer, der auf einer mindestens 6 km von seiner Wohnung entfernten Bau- oder Arbeitsstelle außerhalb des Betriebs arbeite, und dem kein Auslösungsanspruch gemäß Nr.4.1 des Tarifvertrags zustehe, Anspruch auf Fahrtkostenabgeltung habe. Der Abgeltungsanspruch war im einzelnen nach Betrag und Obergrenze geregelt. Abschließend enthielt die entsprechende Bestimmung die Klausel, daß ein Anspruch auf Fahrtkostenabgeltung nicht bestehe, wenn die Möglichkeit der kostenlosen Beförderung mit einem vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten ordnungsgemäßen Fahrzeug gegeben werde.
Die Klausel der Fahrtkostenabgeltung bzw. des Angebots der kostenlosen Beförderung durch den Arbeitgeber ist eine an alle unter die Klausel fallende Arbeitnehmer gerichtete, in bezug auf den einzelnen Arbeitnehmer wertmäßig begrenzte und in gewissem Umfang auch im allgemeinen betrieblichen Interesse liegende Zuwendung. Die Arbeitnehmer haben ihrerseits die vereinbarte Arbeit unabhängig davon zu leisten, in welchem Ausmaß und ob sie die angebotene Beförderungsleistung in Anspruch nehmen. Die Arbeitsleistung ist vielmehr vereinbarungsgemäß schon für den Barlohn als Gegenleistung auszuführen. Stellt der Arbeitgeber Einrichtungen für die Gesamtheit bzw. (hier) Gruppen der Arbeitnehmer zur Verfügung, die ihrer Natur nach oder aufgrund der vereinbarten bzw. tatsächlich gehandhabten Benutzungspraxis eine individuelle Zurechnung zur Arbeitsleistung des einzelnen Arbeitnehmers ausschließen, so fehlt es am Leistungsaustausch (zutreffend und mit BFHE 138, 111, BStBl II 1983, 391 übereinstimmend: Ruppe/Achatz, Sachleistungen an Arbeitnehmer in umsatzsteuerlicher Sicht, 1985 --zum vergleichbaren Umsatzsteuerrecht Österreichs--).
2. Das angefochtene Urteil läßt aber keinen Fehler erkennen, soweit es die Steuerfestsetzung gemäß § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b UStG 1980 für rechtmäßig angesehen hat. Nach dieser Vorschrift entfällt die Steuerbarkeit nicht, wenn ein Unternehmer Lieferungen oder sonstige Leistungen an seine Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses ausführt, für die die Empfänger ... kein besonders berechnetes Entgelt aufwenden. Die zusätzliche Ausnahmeregelung für sog. Aufmerksamkeiten ist im Streitfall nicht einschlägig.
Der Senat hat § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b UStG 1980 in seiner bisherigen Rechtsprechung dahingehend ausgelegt, daß die Vorschrift keinen Leistungsaustausch voraussetzt; es genügt vielmehr, daß die Leistungen an die Arbeitnehmer aufgrund des Dienstverhältnisses --also aus betrieblichen Gründen-- ausgeführt werden (BFHE 153, 155, BStBl II 1988, 643). Das ist bei der Sammelbeförderung der Fall. Erfüllt ist auch das zusätzliche Erfordernis nach der vorbezeichneten Rechtsprechung, daß die (beim Arbeitgeber) betrieblich veranlaßte Leistung dem privaten Bedarf des Empfängers (Arbeitnehmer) dient.
Fahrten der Arbeitnehmer von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück (Heimfahrten) sind --auch wenn sie bei den Arbeitnehmern teils beruflich und teils privat veranlaßt sind-- grundsätzlich Sache der Arbeitnehmer und nicht des Arbeitgebers (vgl. auch Senatsurteile vom 30. Juni 1988 V R 39/87, BFH/NV 1989, 267, und vom 6. Februar 1992 V R 56/87, BFH/NV 1992, 845). Der Grundsatz, daß die Beförderung der Arbeitnehmer zur Arbeitsstätte und zurück den privaten Bedarf der Arbeitnehmer betrifft, wird nicht dadurch eingeschränkt, daß eine Verpflichtung der Arbeitgeber zur Fahrtkostenabgeltung bzw. zur Sammelbeförderung mit eigenen (bzw. auch mit fremden) Fahrzeugen in einem Bundesrahmentarifvertrag für das Baugewerbe festgelegt ist. Abschn.12 Abs.14 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR) 1992 enthält insofern eine Rechtsauslegung, die der Rechtsprechung des BFH entspricht (vgl. auch Mößlang in Sölch/ Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 1 Bem.151).
Der Senat teilt die Auffassung des FG, daß die tarifvertragliche Regelung es dem Arbeitnehmer lediglich ermöglicht, auf Kosten des Arbeitgebers an den Ort zu kommen, an dem er seine arbeitsvertraglich geschuldete Leistung auszuführen hat. Auch wenn der Arbeitgeber aufgrund von Tarifverträgen oder Betriebsvereinbarungen die Arbeitnehmer zwischen Wohnort und Baustelle selbst befördert oder ihnen die Fahrtkosten erstattet, ändert sich nichts daran, daß der Arbeitgeber damit noch Gestaltungen des privaten Bereichs der Arbeitnehmer übernimmt, nicht aber eine ihm, dem Arbeitgeber obliegende Gestaltung der Dienstausübung selbst --auch wenn die Beförderung oder Kostenerstattung betriebliche Vorteile bringt--.
Wie der Senat in den Urteilen in BFHE 153, 155, 162, BStBl II 1988, 643, 651 ausgeführt hat, gibt das UStG 1980 auch keine Grundlage dafür, eine einheitliche Maßnahme (wie hier die Arbeitnehmerbeförderung) in eine steuerbare Leistung an den Arbeitnehmer und eine ausschließlich betrieblichen Zwecken dienende Maßnahme aufzuteilen.
III. (Zur Anrufung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften --EuGH--)
Der Streitfall wirft Fragen zur Auslegung des Gemeinschaftsrechts und der richtlinienkonformen Auslegung des nationalen Rechts auf. Der Senat ruft daher gemäß Art.177 Abs.1 Buchst.b und Abs.3 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft (EWGV) den EuGH zwecks Vorabentscheidung an.
Entscheidungserheblich sind Fragen zur Besteuerung von sog. Sachleistungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer, wenn die Arbeitnehmer für die Sachleistung keine konkret vereinbarte und bemessene Gegenleistung aufzuwenden haben.
1. Nach Art.2 Nr.1 der Sechsten Richtlinie des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern 77/388/EWG (Richtlinie 77/388/EWG) unterliegen der Mehrwertsteuer "Lieferungen ... und Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Inland gegen Entgelt ausführt".
"Entgelt" muß kein Geldbetrag sein. Dem Begriff genügt jede Gegenleistung, deren Wert in Geld ausgedrückt werden kann.
Der im Streitfall einschlägige Begriff "Dienstleistungen gegen Entgelt" verlangt nach dem Urteil des EuGH vom 8. März 1988 Rs.102/86 (Apple and Pear Development Council, Slg. 1988, 1443) das Bestehen eines unmittelbaren Zusammenhangs zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Entgelt. Daran fehlt es nach der Ansicht des EuGH, wenn z.B. Mitglieder einer Einrichtung des öffentlichen Rechts Pflichtbeiträge für die Tätigkeit der Einrichtung unabhängig davon leisten müssen, ob eine bestimmte Dienstleistung ihnen einen Vorteil verschafft hat.
Im Urteil vom 3. März 1994 Rs.C-16/93 (Tolsma, Slg. 1994, I - 743) sieht der EuGH die Voraussetzung einer Dienstleistung gegen Entgelt nur dann als erfüllt an, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet.
Der Senat sieht für die Entscheidung des Streitfalls die Beantwortung der Frage als vorgreiflich an, ob bzw. in welchem Umfang sog. Sachleistungen des Arbeitgebers (neben dem Barlohn) an seine Arbeitnehmer als "Leistungen gegen Entgelt" (in Gestalt eines ggf. zu schätzenden Teils der Arbeitsleistung) i.S. von Art.2 Nr.1 Richtlinie 77/388/EWG zu erfassen sind, auch wenn eine konkrete Verknüpfung der Sachleistung mit einem bestimmten Teil der Arbeitsleistung vertraglich nicht vereinbart ist.
Das gilt insbesondere für die Gestaltung des Streitfalls: Der Arbeitgeber führt die Beförderungsleistung an seine Arbeitnehmer ohne besonders berechnetes Entgelt aufgrund eines Tarifvertrags aus; die Arbeitsleistung ist unabhängig von der Beförderungsleistung schon gegen den vereinbarten Barlohn auszuführen; die Beförderungsleistung kommt nach dem Tarifvertrag nur bestimmten Gruppen von Arbeitnehmern zugute; zudem kommt die Beförderungsleistung als Sachleistung den jeweiligen Arbeitnehmern in unterschiedlicher Werthöhe zugute, nämlich nach Maßgabe der jeweiligen Beförderungsstrecke.
Anhand der Beantwortung der Frage kann der Senat die Auslegung des deutschen UStG 1980 (§ 1 Abs.1 Nr.1 Satz 1) unter dem Gesichtspunkt der Richtlinienkonformität prüfen.
2. Ist die erste Frage (Steuerbarkeit der Sachleistung als Leistung "gegen Entgelt") zu verneinen, stellt sich die Frage, ob § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b UStG 1980 durch Art.6 Abs.2 Richtlinie 77/388/EWG gedeckt ist.
Dabei läßt der Senat für die Anfrage offen, ob die Beförderung als Sachleistung unter Buchstabe a oder b der Bestimmung einzuordnen ist.
Nach Art.6 Abs.2 Buchst.a Richtlinie 77/388/EWG werden Dienstleistungen gegen Entgelt gleichgestellt: Die Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke, wenn dieser Gegenstand zum vollen oder teilweisen Abzug der Mehrwertsteuer berechtigt hat.
Soweit der Arbeitgeber dabei eigene Arbeitnehmer als Fahrer der Beförderungsmittel einsetzt oder eigene Arbeitnehmer mit deren Beförderungsmitteln für die Arbeitnehmerbeförderung beauftragt, kommt noch Art.6 Abs.2 Buchst.b Richtlinie 77/388/EWG in Betracht, der auch "die unentgeltliche Erbringung von Dienstleistungen durch den Steuerpflichtigen für seinen privaten Bedarf, oder für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke" den Dienstleistungen gegen Entgelt gleichstellt.
Bei der Beförderung der Arbeitnehmer zu den Arbeitsstätten und den Heimfahrten handelt es sich --aus der Sicht der Klägerin-- um Leistungen für Zwecke ihres Unternehmens. Die Beförderungsleistung mit Hilfe der ihrem Unternehmen zugeordneten Fahrzeuge und der Arbeitnehmer erfolgt aufgrund der Arbeitsverträge und fördert die Umsatztätigkeit der Klägerin (dient bei ihr also nicht unternehmensfremden Zwecken).
Das ändert aber nichts daran, daß der Arbeitnehmer der zur Arbeitsstätte fährt, grundsätzlich Letztverbraucher ist und insoweit mit den Fahrten "private" und damit "unternehmensfremde" Zwecke verfolgt. Insofern verwendet auch der Arbeitgeber, der seine Arbeitnehmer in eigenen Fahrzeugen zur Arbeitsstätte befördert, die Fahrzeuge "für den Bedarf seines Personals" und damit für "unternehmensfremde" Zwecke.
Für den Senat stellt sich daher die Frage, ob Art.6 Abs.2 Richtlinie 77/388/EWG Besteuerungsgrundlage für solche Verwendungsleistungen ist, mit denen der Unternehmer zwar selbst keine unternehmensfremde Zwecke verfolgt, die aber zugleich privaten Zwecken der Arbeitnehmer dienen.
Befördert ein Dritter die Arbeitnehmer im Auftrag des Arbeitgebers (hier die beauftragten Arbeitnehmer), fragt sich ferner, ob die Beförderungsleistung des Dritten für das Unternehmen des Arbeitgebers erfolgt und dieser dann den Tatbestand des Art.6 Abs.2 Buchst.b Richtlinie 77/388/EWG erfüllt oder ob die Beförderungsleistung des Dritten (für die privaten Zwecke der Arbeitnehmer) unternehmensfremden Zwecken beim Arbeitgeber dient.
Für die Belastung solcher Vorgänge mit Umsatzsteuer beim Arbeitgeber, wie sie im deutschen Umsatzsteuerrecht durch § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b UStG 1980 vorgesehen ist, könnte sprechen, daß ohne diese Besteuerung unversteuerter Letztverbrauch der Beförderungsleistung einträte. Der Arbeitnehmer, der die Beförderungsleistung in Anspruch nimmt, hat Umsatzsteuer nicht zu tragen, weil er kein Entgelt aufwendet. Beim Arbeitgeber, der die Beförderungsleistung unentgeltlich ausführt, und dem bei Erwerb der Fahrzeuge, die er u.a. zur Arbeitnehmerbeförderung einsetzt, der Vorsteuerabzug zusteht, entstünde ebenfalls keine unmittelbare Belastung dieser Leistung. Eine Umsatzsteuerbelastung ergäbe sich allerdings (nur) über die Einbeziehung der Kosten in die Bemessungsgrundlage der entgeltlichen Umsätze des Unternehmens.
3. Ergänzend sei auf die Entstehungsgeschichte des § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b UStG 1980 hingewiesen: § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b UStG 1980 beruht nach der Gesetzesbegründung (BTDrucks 8/1779, B. Begründung zu den einzelnen Vorschriften, zu § 1) auf folgenden Erwägungen: "Satz 2 Buchstabe b trägt den Bestimmungen der Artikel 5 Abs.6 und Artikel 6 Abs.2 der 6.Richtlinie Rechnung ... Sachzuwendungen und sonstige Leistungen an Arbeitnehmer unterliegen bereits nach bisherigem Recht der Umsatzsteuer. Der Aufnahme dieser Tatbestände in das Umsatzsteuergesetz kommt daher in erster Linie klarstellende Bedeutung zu." Wie der Senat bereits in seinem Urteil in BFHE 153, 155, BStBl II 1988, 643 ausgeführt hat, entspricht der Gesetzestext fast wörtlich dem Leitsatz des BFH-Urteils vom 6. Februar 1975 V R 103/72 (BFHE 115, 75, BStBl II 1975, 255). Dieses Urteil nahm bei unentgeltlichen Sachzuwendungen des Arbeitgebers, soweit sie auf dem Dienstverhältnis beruhten, ohne weiteres einen entsprechenden Wert der aufgrund des Arbeitsverhältnisses bereits geschuldeten Arbeitsleistung (ohne besondere Berechnung oder Vereinbarung mit dem Arbeitnehmer) als Entgelt an. Ein bloßes Kausalverhältnis wurde als ausreichend angesehen. Diese Rechtsprechung hat der Senat mit dem Urteil in BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495 aufgegeben. In seinem Urteil in BFHE 153, 155, BStBl II 1988, 643 hielt der Senat die Vorschrift des § 1 Abs.1 Nr.1 Satz 2 Buchst.b UStG 1980 durch Art.6 Abs.2 Richtlinie 77/388/EWG für gedeckt. Aufgrund der oben dargestellten Erwägungen hält der Senat eine Klärung der gemeinschaftsrechtlichen Grundsätze für geboten.
IV. Bis zur Vorabentscheidung durch den EuGH wird das Revisionsverfahren ausgesetzt.
Fundstellen
Haufe-Index 420745 |
BFH/NV 1995, 78 |
BFHE 178, 241 |
BFHE 1996, 241 |
BB 1995, 1734 (S) |
DB 1995, 1695 (S) |
DStR 1995, 1304-1306 (KT) |
HFR 1995, 659-660 (LT) |
StE 1995, 527-528 (K) |