Entscheidungsstichwort (Thema)
Beschwerde gegen die Ablehnung von Prozeßkostenhilfe
Leitsatz (NV)
Das FG, an das eine Sache vom BFH zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden ist, hat auch in einem Verfahren zur Gewährung von Prozeßkostenhilfe seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des BFH zugrunde zu legen.
Normenkette
FGO § 126 Abs. 5, § 142; ZPO § 114
Tatbestand
Die Kläger, Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) sind Eheleute, die im Streitjahr zur Einkommensteuer zusammen veranlagt wurden. Die Antragstellerin bezog Einkünfte aus Kapitalvermögen; sie hält sämtliche Anteile der A-GmbH in X. Der Antragsteller hatte Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Betriebsleiter bei der A-GmbH.
Bei der Veranlagung zur Einkommensteuer berücksichtigte der Beklagte (das Finanzamt - FA -) Feststellungen einer im Frühjahr 1981 bei der GmbH durchgeführten Betriebsprüfung. Die Einkünfte der Antragstellerin aus Kapitalvermögen setzte das FA mit 121 645 DM an (122 445 DM Einnahmen abzüglich 800 DM Werbungskosten-Pauschbetrag und Sparer-Freibetrag). Die Einnahmen setzten sich wie folgt zusammen: 53 325 DM laut Anlage KSO zur Einkommensteuererklärung 1979, 44 237 DM verdeckte Gewinnausschüttung aus der A-GmbH, 24 883 DM Körperschaftsteuer aus dem Betrag der verdeckten Gewinnausschüttung = 122 445 DM. Die Anrechnung der Körperschaftsteuer versagte das FA gemäß § 36 a des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) führte aus, das FA habe die Einkünfte der Antragstellerin aus Kapitalvermögen zutreffend angesetzt. Zu Recht seien verdeckte Gewinnausschüttungen in Höhe von 44 237 DM angesetzt worden. Die Aufwendungen zur Tilgung von Schulden des Antragstellers könnten von der GmbH nicht als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Die Körperschaftsteuer sei zu Recht nicht auf die Einkommensteuerschuld angerechnet worden.
Zur Durchführung des Klageverfahrens haben die Antragsteller unmittelbar nach Erhebung der Klage Prozeßkostenhilfe beantragt. Das FG hat über diesen Antrag gleichzeitig mit der Hauptsache entschieden. Zur Begründung der Ablehnung des Prozeßkostenhilfeantrags hat es auf die Entscheidung in der Hauptsache verwiesen.
Über die gegen diesen Beschluß eingelegte Beschwerde hat der Senat im ersten Rechtsgang mit dem in BFHE 148, 215, BStBl II 1987, 217 veröffentlichten Beschluß vom 16. Dezember 1986 VIII B 115/86 entschieden. Der Senat hat den Beschluß des FG aufgehoben und die Sache an das FG zurückverwiesen. Der Senat hat in seiner Entscheidung ausgeführt, daß der Antrag auf Prozeßkostenhilfe nicht wegen fehlender Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung abgelehnt werden durfte. Das FG werde bei seiner erneuten Entscheidung prüfen müssen, ob die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Antragsteller die Gewährung von Prozeßkostenhilfe rechtfertigten.
Das FG hat den Antragstellern im zweiten Rechtsgang insoweit Prozeßkostenhilfe gewährt, als der Ansatz von 24 883 DM Körperschaftsteuer bei den Einnahmen der Antragstellerin aus Kapitalvermögen streitig ist. Im übrigen hat es den Antrag auf Prozeßkostenhilfe abgewiesen.
Das FG führt aus, nach dem Antrag und der Erklärung der Antragsteller über ihre persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse am 19. Januar 1982 nebst Bewilligungsbescheids des Arbeitsamts Y vom 30. November 1981 stehe fest, daß die Antragsteller die Kosten der Prozeßführung nicht aufbringen könnten. Die Rechtsverfolgung verspreche jedoch nur hinsichtlich der Körperschaftsteuer von 24 883 DM hinreichende Aussicht auf Erfolg. Gegen den Ansatz der in der Anlage KSO zur Einkommensteuererklärung 1979 aufgeführten 53 325 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen hätten die Antragsteller mit der Klage keine Einwände geltend gemacht. Die als Abwehrkosten zur Entschuldung des Antragstellers als Betriebsleiter der A-GmbH geltend gemachten 44 237 DM könnten nicht als Betriebsausgaben der GmbH abgezogen werden; sie seien als verdeckte Gewinnausschüttung der Antragstellerin als Alleingesellschafterin der GmbH hinzuzurechnen.
Mit der Beschwerde gegen diese Entscheidung, der das FG nicht abgeholfen hat, machen die Antragsteller geltend, die Rechtsverfolgung habe entgegen der Auffassung des FG auch insoweit Aussicht auf Erfolg gehabt, als 44 237 DM als verdeckte Gewinnausschüttungen hinzugerechnet worden seien. Abwehrkosten seien keine verdeckten Gewinnausschüttungen.
Die Antragsteller beantragen, ihnen Prozeßkostenhilfe auch insoweit zu gewähren, als es sich um den Ansatz von 44 237 DM als verdeckte Gewinnausschüttungen handelt.
Das FA beantragt, die Beschwerde als unbegründet zurückzuweisen.
Der Beschluß des FG ist nach Auffassung des FA nicht zu beanstanden.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist begründet. Den Antragstellern ist auch Prozeßkostenhilfe zu bewilligen, soweit ein Betrag von 44 237 DM bei den Einkünften aus Kapitalvermögen als verdeckte Gewinnausschüttung hinzugerechnet worden ist. Auch insoweit hatte die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Das FG hat durch den mit der Beschwerde angefochtenen Beschluß § 126 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) verletzt. Nach dieser Vorschrift hat das Gericht, an das eine Sache vom Bundesfinanzhof (BFH) zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen worden ist, seiner Entscheidung die rechtliche Beurteilung des BFH zugrunde zu legen. Diese das Verfahren nach einer Revisionsentscheidung betreffende Vorschrift gilt sinngemäß auch für den hier vorliegenden Fall, daß der BFH im Rahmen eines Beschwerdeverfahrens von der ihm zustehenden Möglichkeit Gebraucht macht, die Sache an das FG zurückzuverweisen. Bei der Bindungsregelung des § 126 Abs. 5 FGO handelt es sich um einen allgemeinen Grundsatz des deutschen Verfahrensrechts (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 1. Juli 1954 I BvR 361 /52, BVerfGE 4, 1, 5; Urteil des BFH vom 28. Oktober 1975 VIII R 103/72, BFHE 117, 415, BStBl II 1976, 216, m. w. N.; Gräber, Finanzgerichtsordnung, § 126 Anm. 7 A, § 132 Anm. 2 A).
Der Senat hat in seiner Entscheidung im ersten Rechtsgang wörtlich folgendes ausgeführt: Seine - des FG - ,,Rechtsauffassung, daß die Rechtsverfolgung im Streitfall keine hinreichende Aussicht auf Erfolg bot, ist unzutreffend". Zur Begründung hatte der Senat darauf hingewiesen, daß es im Hauptverfahren um die Hinzurechnung verdeckter Gewinnausschüttungen gegangen sei, die, wie die umfangreiche Rechtsprechung beweise, schwierige Abgrenzungsfragen aufwerfen könne. Zusätzlich sei über die Anrechnung von Körperschaftsteuer zu befinden, die, wie der Streitfall zeige, nicht einfache Rechtsfragen beinhalten könne.
Bei dieser klaren Aussage durfte das FG im zweiten Rechtsgang nicht die Auffassung vertreten, die Rechtsverfolgung verspreche nur hinsichtlich der Hinzurechnung von Körperschaftsteuer in Höhe von 24 883 DM hinreichende Aussicht auf Erfolg. Das FG war an die Rechtsauffassung des Senats auch dann gebunden, wenn es die Auffassung für unrichtig hielt. Die Bindung an die rechtliche Beurteilung im ersten Rechtszug gilt auch für den erkennenden Senat selbst.
Die Bindung an die rechtliche Beurteilung im ersten Rechtsgang entfällt nur dann, wenn nach der Zurückverweisung eine rückwirkende Gesetzesänderung oder eine Änderung der höchstrichterlichen Rechtsprechung eintritt oder sich im zweiten Rechtsgang ein anderer Sachverhalt ergibt (vgl. BFH-Urteile vom 25. Februar 1976 I R 77/74, BFHE 118, 361, BStBl II 1976, 431, mit weiteren Rechtsprechungshinweisen; vom 8. November 1983 VII R 141/82, BFHE 140, 11, BStBl II 1984, 317, vom 25. Januar 1984 I R 183/81, BFHE 140, 538, BStBl II 1984, 422). Keine dieser Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben.
Fundstellen
Haufe-Index 415185 |
BFH/NV 1987, 803 |