Entscheidungsstichwort (Thema)
Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines VSt-Bescheides
Leitsatz (NV)
Die Rechtmäßigkeit eines VSt-Bescheides ist ernstlich zweifelhaft, wenn dieser nicht mit der neueren Rechtsprechung in Einklang steht, wonach - jedenfalls außerhalb des Betriebsvermögens - die mit dem Abschluß eines Grundstückskaufvertrages entstehenden Forderungen und Verpflichtungen unterschiedlich zu bewerten sind (Kaufpreisanspruch: nach § 12 BewG; Verpflichtung zur Grundstücksübereignung: mit dem Einheitswert des zu übereignenden Grundstücks).
Normenkette
BewG § 12; FGO § 69
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Ast. hat durch notariell beurkundeten Vertrag vom 9. Dezember 1980 ein Forstgut gegen einen Kaufpreis von . . . DM gekauft. Die erforderliche Zurechnungsfortschreibung auf den ASt. ist auf den 1. Januar 1982 durchgeführt worden. Nach dem Kaufvertrag gingen der Kaufgegenstand sowie alle Nutzungen und Lasten mit dem 10. Januar 1981 auf den ASt. über. Eine erste Kaufpreisrate in Höhe von . . . sollte nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung und Vorlage der erforderlichen Genehmigungen fällig werden. Der Ast. hat diese Rate im Laufe des Monats Januar 1981 gezahlt. Die nach dem Grundstücksverkehrsgesetz erforderliche Genehmigung des Kaufvertrages ist im Januar 1981 erfolgt.Bei der VSt-Veranlagung 1981 lehnte es der Ag. (das FA) ab, die Kaufpreisschuld vom Rohvermögen als Verbindlichkeit abzuziehen. Seine Auffassung begründete er damit, daß beiderseits nicht erfüllte Verträge vermögensteuerrechtlich nicht zu berücksichtigen seien.
Die Ast. haben gegen den VSt-Bescheid 1981 vom 13. Januar 1983 nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, die noch beim FG anhängig ist.
Ein beim FG gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung hatte zunächst Erfolg. Der erkennende Senat hat den Beschluß des FG über die Vollziehungsaussetzung jedoch auf die Beschwerde des FA aufgehoben und den Antrag deshalb als unzulässig abgewiesen, weil die Voraussetzungen des Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 1 VGFGEntlG nicht erfüllt worden seien. Nachdem das FA den Ast. mitgeteilt hatte, daß ein bei ihm gestellter Antrag auf Aussetzung der Vollziehung keinen Erfolg haben werde, haben die Ast. erneut einen Antrag beim FG auf Aussetzung der Vollziehung hinsichtlich der angeforderten VSt 1981 gestellt. Das FG hat diesem Antrag stattgegeben. Hiergegen richtet sich die wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Beschwerde des FA.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat im wesentlichen keinen Erfolg. Erfolgreich ist sie nur insoweit, als das FG die Vollziehungsaussetzung des angefochtenen VSt-Bescheides ohne Begrenzung auf einen bestimmten Betrag angeordnet hat. Die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen VSt-Bescheides kommt nur im Ausmaß von . . . DM in Betracht. Insoweit ist ernstlich zweifelhaft, ob der angefochtene Steuerbescheid rechtmäßig ist.
Die ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheides ergeben sich daraus, daß der Steuerbescheid nicht mit der neueren Rechtsprechung in Einklang steht, die (jedenfalls außerhalb des Betriebsvermögens) davon ausgeht, daß die mit Abschluß eines Grundsstückskaufvertrages entstehenden Forderungen und Verpflichtungen unterschiedlich zu bewerten sind, der Kaufpreisanspruch nach § 12 BewG, die Verpflichtung zur Übereignung des Grundstücks mit dem Einheitswert des zu übereignenden Grundstücks (vgl. die BFH-Urteile vom 30. März 1977 II R 143/66, BFHE 122, 152, BStBl II 1977, 556; und vom 3. März 1978 III R 7/76, BFHE 125, 75, BStBl II 1978, 398).
Auch der Umstand, daß der Kaufvertrag erst nach dem Stichtag von der Landwirtschaftsbehörde genehmigt worden ist, führt nicht zur Verneinung des Vorliegens ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Denn der III. Senat des BFH hat durch Urteil vom 30. April 1971 III R 89/70 (BFHE 102, 541, BStBl II 1971, 670) dahin entschieden, daß die Genehmigung eines Kaufvertrags durch die Landwirtschaftsbehörde bewertungsrechtlich auf den Tag des Vertragsabschlusses zurückwirkt.
Die vom FA für erforderlich gehaltene Überprüfung der angeführten Rechtsprechung muß dem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. An der Notwendigkeit der Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Steuerbescheides könnte auch die Überlegung nichts ändern, daß der Rechtsstreit im vorliegenden Fall letztlich vor allem dadurch ausgelöst worden ist, daß die maßgebenden Einheitswerte für das Forstgut (nebst dem Forsthausgrundstück) nicht einmal 2 v. H. des Kaufpreises ausmachen. Dieser Umstand könnte allenfalls Anlaß zu der im Hauptsacheverfahren vorzunehmenden Prüfung sein, ob das Bew-Recht und das VSt-Recht nicht deshalb gegen den Gleichheitssatz verstoßen, weil der Bewertung des Grundbesitzes im Jahre 1981 noch die Wertverhältnisse vom 1. Januar 1964 zugrunde gelegt werden, wie sich dies aus § 27 BewG i. V. m. Art. 2 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes zur Änderung des Bewertungsgesetzes 1965 ergibt.
Die Vollziehung des angefochtenen VSt-Bescheides ist somit insoweit auszusetzen, als die VSt höher festgesetzt worden ist, als dies der Fall gewesen wäre bei einem Ansatz des Anspruches auf die Übereignung des Forstgutes und des Forsthausgrundstückes mit den (ggf. nach § 121a BewG erhöhten) Einheitswerten unter Abzug der vollen Kaufpreisverpflichtung. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 135 Abs. 1, 2, § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO. Bei der Kostenentscheidung ist der erkennende Senat davon ausgegangen, daß sich der Antrag auf eine Aussetzung der Vollziehung im Ausmaß von . . . DM (das ist der durch das FA mit Schreiben vom 26. Juni 1985 angeforderte Betrag) richtete und die Ast. unter diesen Umständen nur zu einem geringen Teil unterlegen sind.
Fundstellen
Haufe-Index 414450 |
BFH/NV 1987, 539 |