Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache
Leitsatz (NV)
Bei der Kostenentscheidung nach Erledigung der Hauptsache ist auf den mutmaßlichen Ausgang des Rechtsstreits abzustellen. Das Verfahren hat einen summarischen Charakter. Beweisaufnahmen sind nach Erledigung der Hauptsache grundsätzlich ausgeschlossen; auch schwierige Rechtsfragen braucht das Gericht nicht abschließend zu entscheiden.
Normenkette
FGO § 138 Abs. 1-2
Tatbestand
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) übertrug als Vorerbin nach ihrem verstorbenen Ehemann am 3. Dezember 1973 verschiedene Grundstücke an ihren Sohn als Nacherben, wobei sie sich den lebenslänglichen Nießbrauch vorbehielt. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1977 machte sie als Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung u. a. den Betrag von 16 006 DM für die Reparatur eines Flachdaches geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah hierin eine Zuwendung an den Sohn und erhöhte dementsprechend den Einnahmeüberschuß um diesen Betrag. Ferner lehnte es das FA ab, im Streitjahr 1977 einen für das Jahr 1976 bestandskräftig veranlagten Verlust in Höhe von 99 885 DM gemäß § 10d des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu berücksichtigen.
Mit der Klage hatte die Klägerin insoweit Erfolg, als die Reparaturaufwendungen - abzüglich eines zu saldierenden Rechenfehlers in Höhe von 302 DM - vom Finanzgericht (FG) als Werbungskosten anerkannt wurden. Es handle sich insoweit um Aufwendungen zur gewöhnlichen Unterhaltung der Sache, zu deren Übernahme der Nießbraucher nach § 1041 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) verpflichtet sei. Den von der Klägerin ferner begehrten Verlustabzug hielt auch das FG nicht für gerechtfertigt. Die Aufwendungen im Jahr 1976 für die Umbauarbeiten und Instandsetzungen zur Neueinrichtung einer Anwaltspraxis gingen über die übliche Modernisierung hinaus. Derartige Aufwendungen oblägen nicht einem Nießbraucher und stellten eine nicht abzugsfähige Zuwendung gegenüber dem Eigentümer i. S. von § 12 Nr. 2 EStG dar.
Auf die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin ließ das FG die Revision wegen Abweichung von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juli 1981 VIII R 35/79 (BFHE 134, 133, BStBl II 1982, 380) hinsichtlich der Befugnis zur Absetzung für Abnutzung (AfA) des Vorbehaltsnießbrauchers zu. Mit der Revision rügte die Klägerin die Versagung des Verlustabzugs, hilfsweise die von AfA für Gebäudeherstellungskosten. Das FA trat dem zunächst entgegen.
Nachdem das FA den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert hat, daß AfA in gleicher Höhe wie vor der Nießbrauchsbestellung angesetzt werden, haben die Beteiligten den Rechtsstreit für erledigt erklärt. Kostenanträge wurden nicht gestellt.
Entscheidungsgründe
Nach übereinstimmender Erledigungserklärung der Beteiligten ist das Urteil des FG gegenstandslos. Im Revisionsverfahren ist nur noch über die Kosten zu entscheiden.
Nach § 138 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist im Fall der Erledigung der Hauptsache über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen zu entscheiden; dabei ist der bisherige Sach- und Streitstand zu berücksichtigen. Bei der Ausübung des richterlichen Ermessens ist auf den mutmaßlichen Ausgang des Rechtsstreits abzustellen (BFH-Beschluß vom 18. September 1974 II B 11/74, BFHE 113, 352, BStBl II 1975, 41). Das Verfahren hat einen summarischen Charakter. Beweisaufnahmen sind nach Erledigung der Hauptsache grundsätzlich ausgeschlossen; auch schwierige Rechtsfragen braucht das Gericht nicht abschließend zu entscheiden (BFH-Beschlüsse vom 1. April 1971 I B 37, 39/70, BFHE 102, 30, BStBl II 1971, 529; vom 10. November 1971 I B 14/70, BFHE 104, 39, BStBl II 1972, 222). Soweit ein Rechtsstreit dadurch erledigt wird, daß dem Antrag des Steuerpflichtigen durch Rücknahme oder Änderung des angefochtenen Verwaltungsakts stattgegeben wird, sind nach § 138 Abs. 2 FGO die Kosten der Behörde aufzuerlegen.
Bei Anwendung dieser Grundsätze haben die Kosten des Klageverfahrens die Klägerin zu 21 v. H. und das FA zu 79 v. H., die des Revisionsverfahrens die Klägerin zu 46 v. H. und das FA zu 54 v. H. zu tragen.
Der Senat geht bei seiner Kostenentscheidung von der bestandskräftig festgesetzten Einkommensteuer aus. Es sind im Rahmen des summarischen Charakters des Verfahrens keine Umstände ersichtlich, die eine weitere Minderung der Einkommensteuer erfordert hätten.
Die Verteilung der Kosten im einzelnen ergibt die nachstehende Übersicht:
Kosten des Klageverfahrens
Einkommensteuer 1977 lt. ursprünglicher Veranlagung 12 818 DM
Einkommensteuer 1977 lt. Antrag der Klägerin 0 DM
Streitwert 12 818 DM
Einkommensteuer 1977 lt. Änderungsbescheid 2 752 DM
= 21 v. H.
Kosten des Revisionsverfahrens
Einkommensteuer 1977 lt. FG-Urteil 6 020 DM
Einkommensteuer 1977 lt. Antrag der Klägerin 0 DM
Streitwert 6 020 DM
Einkommensteuer 1977 lt. Änderungsbescheid 2 752 DM
= 46 v. H.
Fundstellen
Haufe-Index 423364 |
BFH/NV 1986, 759 |