Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur haftungsrechtlichen Inanspruchnahme der Gesellschafter einer GbR
Leitsatz (NV)
Der Frage, ob sich die persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR aus den §§ 421, 427 BGB oder nach neuerer BGH-Rechtsprechung aus dem Rechtsgedanken des § 128 HGB ergibt, mit der Folge, dass die §§ 421, 427 BGB als Rechtsgrundlage für eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme nicht mehr herangezogen werden können, kommt jedenfalls dann keine grundsätzliche Bedeutung zu, wenn das FG seine Entscheidung ausdrücklich nur auf § 128 HGB gestützt hat.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1, 3; AO § 191; BGB §§ 421, 427; HGB § 128
Verfahrensgang
FG Köln (Urteil vom 24.09.2008; Aktenzeichen 10 K 4567/07) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) wurde vom Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt --FA--) als Gesellschafterin einer GbR für Umsatzsteuerschulden 2002 der GbR sowie hierauf entfallende Säumniszuschläge sowie Hinterziehungszinsen nach § 191 der Abgabenordnung (AO) i.V.m. §§ 421, 427 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) in Anspruch genommen. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) urteilte, dass sich die Haftung der Klägerin nach inzwischen gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus § 191 Abs. 4 AO i.V.m. § 128 des Handelsgesetzbuchs (HGB) ergebe. Gegen die Höhe der Haftungsschuld bestünden keine Bedenken. Der Vortrag der Klägerin in Bezug auf die Abtretung von Umsatzsteueransprüchen aus 2005 und 2006 seien diffus und für das Gericht nicht nachvollziehbar. Im Übrigen brauche das Gericht diesem Sachvortrag nicht weiter nachzugehen, da für die Frage der Rechtmäßigkeit eines Haftungsbescheids eine Tilgung der Steuerschuld unbeachtlich sei. Schließlich seien auch keine Ermessensfehler erkennbar.
Mit ihrer Beschwerde begehrt die Klägerin sinngemäß die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--), zur Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) und wegen einer Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO). Von grundsätzlicher Bedeutung sei die Frage, ob die Vorschriften des § 191 AO i.V.m. den §§ 421, 427 BGB nach Ergehen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 9. Mai 2006 VII R 50/05 (BFHE 213, 194, BStBl II 2007, 600) noch eine taugliche Rechtsgrundlage für einen Haftungsbescheid gegen Gesellschafter einer GbR darstellten, oder ob die Finanzverwaltung nach diesem Urteil einen Haftungsbescheid gegen Gesellschafter einer GbR nur noch auf § 191 AO i.V.m. § 128 HGB (analog) stützen könne. Der BFH habe in Anlehnung an die neuere Rechtsprechung des BGH (Urteil vom 29. Januar 2001 II ZR 331/00, BGHZ 146, 341, Neue Juristische Wochenschrift 2001, 1056) entschieden, dass sich die Haftung eines Gesellschafters einer GbR aus einer entsprechenden Anwendung von § 128 HGB ergebe (BFH-Urteil vom 28. Oktober 2008 VII R 32/07, BFH/NV 2009, 355). Soweit das FG davon ausgehe, dass der Vortrag der Klägerin diffus sei, liege darin eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes). Das FG hätte vielmehr weitere Anstrengungen zur Aufklärung des Sachverhalts anstellen müssen, denn ein Erlöschen der Steuerschuld durch Abtretung und Verrechnung führe zur Rechtswidrigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids.
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde ist unzulässig, denn das Vorbringen der Klägerin genügt nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO.
1. Für die nach § 116 Abs. 3 Satz 1 und 3 FGO zu fordernde Darlegung der Zulassungsgründe der grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO) und der Fortbildung des Rechts (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO) muss der Beschwerdeführer konkret auf eine Rechtsfrage und ihre Bedeutung für die Allgemeinheit eingehen. Er muss zunächst eine bestimmte für die Entscheidung des Streitfalles erhebliche abstrakte Rechtsfrage herausstellen, der grundsätzliche Bedeutung zukommen soll. Erforderlich ist darüber hinaus ein konkreter und substantiierter Vortrag, aus dem ersichtlich wird, warum im Einzelnen die Klärung der aufgeworfenen Rechtsfrage durch die angestrebte Revisionsentscheidung aus Gründen der Rechtssicherheit, der Rechtseinheitlichkeit und/oder der Rechtsentwicklung im allgemeinen Interesse liegt. Dabei muss es sich um eine für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln, die klärungsbedürftig und im konkreten Streitfall auch klärungsfähig ist (vgl. Senatsbeschlüsse vom 27. Oktober 2003 VII B 196/03, BFH/NV 2004, 232, und vom 2. Dezember 2002 VII B 203/02, BFH/NV 2003, 527, m.w.N.).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerde nicht. Die Klägerin formuliert zwar eine abstrakte Rechtsfrage zur zutreffenden Rechtsgrundlage für eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme eines GbR-Gesellschafters, dabei legt sie jedoch nicht substantiiert dar, dass die Beantwortung dieser Rechtsfrage im Streitfall entscheidungserheblich ist. In der Einspruchsentscheidung hat das FA ausgeführt, dass sich die persönliche Haftung der Gesellschafter einer GbR aus §§ 421, 427 BGB oder nach neuerer Rechtsprechung aus dem Rechtsgedanken des § 128 HGB ergibt. Das FG hat seine Entscheidung auf die Verwirklichung des Haftungstatbestandes des § 128 HGB gestützt und dabei die §§ 421, 427 BGB unerwähnt gelassen. In Anbetracht der vom FG zum Ausdruck gebrachten Rechtsauffassung legt die Beschwerde nicht dar, inwieweit das erstinstanzliche Urteil auf der Anwendung von §§ 421, 427 BGB beruhen kann, so dass sich die von der Beschwerde formulierte Frage --ob die §§ 421, 427 BGB noch als Rechtsgrundlage für eine haftungsrechtliche Inanspruchnahme nach § 191 Abs. 1 AO herangezogen werden können-- in dem angestrebten Revisionsverfahren überhaupt stellen könnte.
2. Auch die Verfahrensrüge genügt nicht den Darlegungserfordernissen des § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO. Die Beschwerde behauptet lediglich eine Gehörsverletzung, ohne jedoch konkret darzulegen, zu welchem Punkt sich die Klägerin nicht hat äußern können, und dass das erstinstanzliche Urteil unter Berücksichtigung der maßgeblichen Sicht des FG bei Berücksichtigung des Sachvortrags anders ausgefallen wäre.
Soweit dem weiteren Vorbringen noch die Rüge mangelnder Sachaufklärung (§ 76 Abs. 1 FGO) entnommen werden könnte, genügt auch dieses Vorbringen nicht den Darlegungserfordernissen. Insbesondere legt die Beschwerde nicht hinreichend dar, dass das Urteil des FG auf dem behaupteten Verfahrensmangel beruhen kann. Aus der maßgeblichen Sicht des FG kam es nämlich auf eine weitere Aufklärung des Sachvortrags in Bezug auf die von der Klägerin behauptete Abtretung und Verrechnung nicht an. Hierzu hat das FG ausgeführt, dass eine Tilgung der Steuerschuld für die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Steuerbescheids unbeachtlich sei.
3. Soweit die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 17. April 2009 weitere Verfahrensmängel rügt, die sich nicht auf die behauptete Abtretung, sondern auf eine nicht steuerbare Betriebsveräußerung, eine damit zusammenhängende Falschbeurkundung durch den beurkundenden Notar, eine falsche Schätzung der Besteuerungsgrundlagen durch das FA sowie eine fehlerhafte Ausübung des Entschließungs- und Auswahlermessens beziehen, kann dieses neue Vorbringen deshalb keine Berücksichtigung mehr finden, weil der Schriftsatz erst mehrere Monate nach Ablauf der Begründungsfrist des § 116 Abs. 3 Satz 1 FGO beim BFH eingegangen ist.
Fundstellen