Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungsnaher Aufwand
Leitsatz (NV)
Werden für ein Zweifamilienhaus in den beiden Folgejahren nach dem Kauf verhältnismäßig hohe Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen erbracht, so bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Möglichkeit ihrer Wertung als anschaffungsnaher Aufwand.
Normenkette
EStG § 7 Abs. 4, § 9 Abs. 1 Sätze 1-2, 3 Nr. 7, § 21 Abs. 1; EStDV § 82b; FGO § 69 Abs. 2-3
Tatbestand
Der Antragsteller und Beschwerdegegner (Antragsteller) erwarb durch Kaufvertrag vom 8. Dezember 1986 ein mit einem Zweifamilienhaus bebautes Grundstück, das ihm am 23. Dezember 1986 übergeben wurde. Die Anschaffungskosten betrugen insgesamt 413 865,39 DM, wovon 276 129 DM auf das Gebäude entfielen. Im Streitjahr 1987 und 1988 ließ der Antragsteller an dem Gebäude verschiedene Arbeiten mit einem Aufwand von insgesamt 70 634 DM durchführen; davon entfielen im Streitjahr 30 357 DM auf den Einbau einer Holzdecke in den größten Raum des Hauses und die Erneuerung einer bereits vorhandenen Holzabtrennung der ab 1. November 1987 fremdvermieteten Wohnung zum Zwecke der besseren Schall- und Wärmedämmung. Die andere Wohnung bezog der Antragsteller selbst.
In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machte der Antragsteller die genannten Aufwendungen in voller Höhe als sofort abziehbare Erhaltungsaufwendungen geltend, und zwar gemäß § 82 b der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in Höhe eines Teilbetrages von 10 357 DM. Der Antragsgegner und Beschwerdeführer (das Finanzamt - FA -) folgte dem zunächst nur teilweise, indem es die Aufwendungen zum Teil als Herstellungskosten behandelte. Im Einspruchsverfahren ließ das FA ein Drittel des Aufwands zum Abzug zu, erklärte den Änderungsbescheid jedoch hinsichtlich der Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung für vorläufig. Nachdem der Antragsteller für das Folgejahr weitere ,,Erhaltungsaufwendungen" in Höhe von 40 277,08 DM geltend gemacht hatte, deren Art aus den Akten nicht ersichtlich ist, behandelte das FA im Änderungsbescheid 1987 vom 25. August 1989 und Einkommensteuerbescheid 1988 vom 4. September 1989 den gesamten Aufwand als Herstellungskosten. Über den gegen den Änderungsbescheid 1987 erhobenen Einspruch hat das FA noch nicht entschieden.
Den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung lehnte das FA ab. Dagegen hatte der an das Finanzgericht (FG) gerichtete Antrag auf Aussetzung der Vollziehung Erfolg.
Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde verneint das FA das Vorliegen ernstlicher Zweifel. Denn die strittigen Aufwendungen seien Anschaffungskosten des Gebäudes. Außerdem habe der Bundesfinanzhof (BFH) an der bisherigen Rechtsprechung zum anschaffungsnahen Herstellungsaufwand festgehalten.
Das FA beantragt, unter Aufhebung des FG-Beschlusses den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Einkommensteuerbescheids 1987 vom 25. August 1989 in Höhe von 2 090 DM abzulehnen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Ablehnung des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung.
Gemäß § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts wegen ernstlicher Zweifel an dessen Rechtmäßigkeit aussetzen. Ernstliche Zweifel liegen nach ständiger Rechtsprechung seit dem Beschluß des BFH vom 10. Februar 1967 III B 9/66 (BFHE 87, 447, BStBl III 1967, 182) vor, wenn neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige, gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutagetreten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken. Dies ist aufgrund einer summarischen Prüfung der tatsächlichen und rechtlichen Grundlagen des betroffenen Bescheids zu entscheiden.
Der Senat läßt unerörtert, ob der nachträgliche Einbau einer Holzdecke als Erhaltungsaufwand oder Herstellungsaufwand zu werten ist (vgl. Senatsurteil vom 4. Februar 1986 IX R 16/85, BFHE 150, 117, BStBl II 1987, 615; BFH/NV 1986, 457). Denn jedenfalls sind ernstliche Zweifel an der Möglichkeit der Beurteilung anschaffungsnaher Reparatur- und Modernisierungskosten als Herstellungsaufwand, unter Umständen auch Anschaffungskosten, nach der vom erkennenden Senat im Urteil vom 11. August 1989 IX R 44/86 (BFHE 158, 240, BStBl II 1990, 53) bestätigten ständigen BFH-Rechtsprechung nicht gegeben. Sofort als Werbungskosten abziehbar sind lediglich laufender Erhaltungsaufwand, der jährlich üblicherweise anfällt (Senatsbeschluß vom 23. Juni 1988 IX B 178/87, BFH/NV 1989, 165) und verhältnismäßig geringe Aufwendungen für Schönheitsreparaturen vor dem Bezug des Hauses (Urteil vom 11. August 1989 IX R 87/86, BFHE 158, 326, BStBl II 1990, 130).
Geht man hiervon aus, liegen entgegen dem FG-Beschluß keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Einkommensteuerbescheids insoweit vor, als das FA anschaffungsnahen Aufwand angenommen hat. Denn der Antragsteller hat das Gebäude in den beiden Folgejahren nach dem Erwerb mit verhältnismäßigen hohen Aufwendungen offenbar instandgesetzt und modernisiert. Es kann bei summarischer Betrachtung auch davon ausgegangen werden, daß sich dadurch nicht nur der Wert des Gebäudes, wie das FG einräumt, sondern vor allem dessen Nutzungswert erheblich erhöht hat.
Entgegen dem FG sind auch keine ernstlichen Zweifel im Hinblick auf ungewisse tatsächliche Umstände gegeben. Zwar ist aus den Akten nicht ersichtlich, welche Maßnahmen der Antragsteller im Folgejahr 1988 als ,,Erhaltungsaufwand" hat durchführen lassen. Er hat jedoch deren Wertung als Herstellungsaufwand durch das FA in dem nach den dem Senat vorliegenden Akten bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheid 1988 hingenommen. Vor allem wäre es aber im Aussetzungsverfahren Sache des insoweit die Feststellungslast tragenden Antragstellers gewesen, darzulegen und glaubhaft zu machen (vgl. BFH-Beschluß vom 15. Oktober 1986 VIII B 30/86, BFH/NV 1987, 44 m. w. N.), daß und inwieweit es sich um keinen anschaffungsnahen Aufwand, sondern laufenden Erhaltungsaufwand einschließlich kleinerer Schönheitsreparaturen gehandelt haben könnte. Dafür spricht jedenfalls hinsichtlich des größten Einzelpostens im Rahmen der für 1988 geltend gemachten Aufwendungen in Höhe von 26 818,28 DM wenig. Im übrigen legt die beträchtliche Höhe der Gesamtaufwendungen im Zeitraum von 1987 bis 1988 von 70 634 DM jedenfalls im summarischen Verfahren der Aussetzung der Vollziehung den Schluß nahe, daß an dem erworbenen Gebäude grundlegende Reparaturen und Modernisierungsmaßnahmen angebracht waren und vorgenommen wurden.
Fundstellen
Haufe-Index 417166 |
BFH/NV 1991, 32 |