Entscheidungsstichwort (Thema)
Eigenheimzulage: Verfassungsmäßigkeit des Objektverbrauchs bei geschiedenen Ehegatten
Leitsatz (NV)
Es ist nicht klärungsbedürftig, ob § 7b Abs. 6 Satz 2 EStG oder § 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstoßen. Beiden Vorschriften ist mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, dass nach Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG die Miteigentumsanteile an einer Wohnung wie bei Ledigen als selbständige Objekte gelten. Ebenfalls geklärt ist, dass diese Regelungen nicht gegen Art. 6 Abs. 1 i.V. mit Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen.
Normenkette
EigZulG § 6 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 2, Abs. 3 S. 1; EStG § 7b Abs. 6, § 26 Abs. 1; FGO § 115 Abs. 2 Nr. 1; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 3
Verfahrensgang
FG München (Urteil vom 17.10.2002; Aktenzeichen 15 K 3732/99) |
Gründe
Es kann dahinstehen, ob die Beschwerde bereits unzulässig ist, weil die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) die (konkludent gerügte) grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) nicht ausreichend dargelegt hat. Die Beschwerde ist jedenfalls unbegründet, da die als grundsätzlich bezeichnete Frage durch den Bundesfinanzhof (BFH) in ständiger Rechtsprechung geklärt ist.
Miteigentumsanteile an einem nach § 7b des Einkommensteuergesetzes (EStG) begünstigten Objekt sind im Regelfall selbständige Objekte (§ 7b Abs. 6 Satz 1 EStG). Bei Ehegatten gelten die Miteigentumsanteile als 1 Objekt, solange die Ehegatten die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG für eine Zusammenveranlagung erfüllen. Entfallen die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG, z.B. durch dauernde Trennung oder Scheidung der Ehegatten, gelten die Miteigentumsanteile gemäß der Grundregel des § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG als selbständige Objekte. Der vor der Trennung suspendierte Objektverbrauch (§ 7b Abs. 6 Satz 2 EStG) lebt wieder auf, so dass mit Wegfall der Zusammenveranlagungsvoraussetzungen bei jedem Ehegatten Objektverbrauch eintritt (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Urteil vom 24. Juli 1996 X R 20/93, BFHE 181, 70, BStBl II 1996, 603, m.w.N.).
Durch eine Übertragung des Miteigentumsanteils nach Wegfall der Voraussetzungen für eine Zusammenveranlagung kann der Objektverbrauch nicht rückgängig gemacht werden. Der übertragene Miteigentumsanteil bleibt trotz des jetzigen Alleineigentums des übernehmenden Ehegatten selbständiges Objekt (z.B. BFH-Urteile vom 21. Februar 1991 IX R 199/87, BFHE 163, 557, BStBl II 1991, 570, und vom 20. Dezember 1994 IX R 80/92, BFHE 177, 44, BStBl II 1995, 537, jeweils m.w.N.). Wegen des Objektverbrauchs durch die Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen nach § 7b EStG steht weder dem übernehmenden noch dem übertragenden Ehegatten für ein weiteres Objekt der Fördergrundbetrag nach § 9 Abs. 2 des Eigenheimzulagengesetzes (EigZulG) zu ―§ 6 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Satz 1 EigZulG― (vgl. BFH-Beschluss vom 2. Februar 2000 X B 80/99, BFH/NV 2000, 945, zu §§ 7b, 10e EStG). Objektverbrauch tritt lediglich dann nicht ein, wenn der Miteigentumsanteil in einem Kalenderjahr übertragen wird, in dem die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG noch vorgelegen haben. Das ist nur dann der Fall, wenn die eheliche Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft zumindest einen Teil des Jahres bestanden hat (BFH-Beschluss vom 26. Oktober 2000 X B 66/00, BFH/NV 2001, 446, § 10e EStG). Ist die Ehe ―wie im Streitfall― bereits in dem der Anteilsübertragung vorangehenden Jahr geschieden worden, gelten die Miteigentumsanteile als selbständige Objekte.
Es ist verfassungsgerichtlich geklärt, dass diese Regelung nicht gegen Art. 3 Abs. 1 i.V.m. Art. 6 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) verstößt (Bundesverfassungsgericht ―BVerfG―, Beschluss vom 26. Februar 1993 2 BvR 164/92, Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung ―HFR― 1993, 408). Danach besteht kein aus Art. 6 Abs. 1 i.V.m. Art. 3 Abs. 1 GG ableitbarer Anspruch geschiedener oder verwitweter Ehegatten, mit Ehegatten gleichbehandelt zu werden, deren Ehe fortbesteht. Der Gesetzgeber ist auch nicht verpflichtet, Anspruchsberechtigte vor den Folgen ihrer selbstgewählten, möglicherweise weniger vorteilhaften Gestaltungsformen zu bewahren oder die rückwirkende Korrektur von im Nachhinein sich als nachteilig erweisenden Sachverhaltsgestaltungen zu gestatten. Es ist daher unter dem Gesichtspunkt von Art. 3 Abs. 1 GG ohne Belang, dass die Folgen des Objektverbrauchs bei beiden Ehegatten nur vermieden werden können, so lange die Ehe fortbesteht und die Voraussetzungen des § 26 Abs. 1 EStG gegeben sind. Geschiedene Ehegatten werden dadurch nicht schlechter gestellt als Ledige, die zusammen mit einer weiteren Person Miteigentümer einer Wohnung waren (vgl. auch BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2000, 945, und in BFH/NV 2001, 446).
Es ist auch nicht grundsätzlich klärungsbedürftig, ob § 7b Abs. 6 Satz 2 EStG bzw. § 6 Abs. 2 Satz 2 EigZulG gegen Art. 20 Abs. 3 GG verstoßen. Wie das Finanzgericht im Einzelnen zutreffend ausführt, ist § 7b Abs. 6 Satz 2 EStG mit hinreichender Klarheit zu entnehmen, dass nach Wegfall der Voraussetzungen des § 26 Satz 1 EStG die Miteigentumsanteile gemäß der Grundregel des § 7b Abs. 6 Satz 1 EStG wieder wie bei Ledigen als selbständige Objekte gelten. Allein die Auslegungsbedürftigkeit nimmt einer gesetzlichen Regelung noch nicht die rechtsstaatlich gebotene Bestimmtheit (BVerfG-Urteil vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, 126, BStBl II 1989, 938, 942, unter B. I.).
Von der Darstellung des Sachverhaltes und einer weiteren Begründung wird nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 1075938 |
BFH/NV 2004, 162 |