Entscheidungsstichwort (Thema)
Unzutreffende Schätzung kein Verfahrensfehler
Leitsatz (NV)
Das FG hat eine Schätzung auch dann selbst vorgenommen, wenn es die Schätzung des FA prüft und als eigene übernimmt; es kann sich dann darauf beschränken, substantiierten Einwendungen gegen die Schätzung des FA nachzugehen. Dabei handelt es sich um eine Beweiswürdigung, die revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen ist.
Normenkette
AO 1977 § 162; FGO § 96 Abs. 1 S. 1, § 115 Abs. 2 Nr. 3
Verfahrensgang
Sächsisches FG (Urteil vom 07.07.2004; Aktenzeichen 6 K 14/98) |
Gründe
Die Beschwerde ist unzulässig. Sie entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Frage, ob die Besteuerungsakten aus DDR-Zeiten als alleinige Grundlage für die Ermittlung eines Anfangsbestandes und die Widerlegung gegenteiligen Vorbringens der Steuerpflichtigen im Rahmen einer Schätzung durch Geldverkehrsrechnung nach § 162 Abs. 1 Satz 2 der Abgabenordnung (AO 1977) dienen dürfen, ist keine Rechtsfrage von Interesse für die Allgemeinheit. Ihr Inhalt wurde im Streitfall lediglich im Rahmen der Sachverhaltswürdigung (Schätzung) von Bedeutung. Dass insoweit ein Verwertungsverbot bestehe, haben die Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) selbst nicht behauptet.
Auch die geltend gemachten Verfahrensfehler sind nicht schlüssig dargelegt. Zum Verstoß gegen die Amtsermittlungspflicht des Finanzgerichts (FG) hätten die Kläger vortragen müssen, dass sie die unterlassene Beweisaufnahme (Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung, Zeugeneinvernahme) in der mündlichen Verhandlung gerügt haben bzw. weshalb ihnen eine solche Rüge nicht möglich war (§ 155 FGO i.V.m. § 295 der Zivilprozessordnung --ZPO-- und dazu Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 5. Aufl., § 115 Rz. 100, m.w.N.). Hinsichtlich des gerügten Verstoßes gegen § 96 Abs. 1 Satz 1 FGO i.V.m. § 162 AO 1977 geht die Beschwerde zwar zutreffend davon aus, dass das FG zur eigenen Schätzung verpflichtet war (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 12. August 1999 XI R 27/98, BFH/NV 2000, 537). Das FG hat jedoch die Schätzung auch dann selbst vorgenommen, wenn es die Schätzung des Beklagten und Beschwerdegegners (Finanzamt --FA--) prüft und als eigene übernimmt; es kann sich dann darauf beschränken, substantiierten Einwendungen gegen die Schätzung des FA nachzugehen (vgl. u.a. BFH-Urteil vom 6. Februar 1991 II R 87/88, BFHE 163, 471, BStBl II 1991, 459). Es handelt sich dabei um eine Beweiswürdigung, wie sie auch sonst bei der Beurteilung eines steuerrechtlich erheblichen Sachverhalts notwendig wird (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 19. Februar 1987 IV R 143/84, BFHE 149, 121, BStBl II 1987, 412). Mit der Rüge, die Beweiswürdigung des FG sei fehlerhaft, kann ein Verfahrensmangel jedoch regelmäßig --und auch im Streitfall-- nicht begründet werden. Die Grundsätze der Beweiswürdigung sind revisionsrechtlich dem materiellen Recht zuzuordnen und deshalb der Prüfung des BFH im Rahmen einer Verfahrensrevision entzogen (ständige Rechtsprechung, vgl. dazu Gräber/Ruban, § 115 Rz. 82, 83, m.w.N.).
Fundstellen
Haufe-Index 1457394 |
BFH/NV 2006, 326 |