Entscheidungsstichwort (Thema)
Terminsverlegung wegen Erkrankung
Leitsatz (NV)
Beantragt ein Beteiligter kurz vor dem Termin der mündlichen Verhandlung Terminsverlegung wegen einer plötzlichen Erkrankung, obliegt es ihm, die Gründe für die Verhinderung so darzulegen und zu untermauern, dass das Gericht die Verhandlungs- oder Reiseunfähigkeit selbst beurteilen kann. Hierfür reicht es nicht, wenn lediglich eine privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung mit der pauschalen Krankheitsbeschreibung “otitis media” eingereicht wird.
Normenkette
FGO § 96 Abs. 2, § 115 Abs. 2 Nr. 3, § 119 Nr. 3, § 155; ZPO § 227 Abs. 1; GG Art. 103 Abs. 1
Verfahrensgang
FG des Landes Brandenburg (Urteil vom 04.04.2006; Aktenzeichen 3 K 1342/05) |
Gründe
Die Beschwerde ist --soweit sie nach der Teilrücknahme noch anhängig ist-- unbegründet. Die Revision ist nicht zuzulassen, weil der von der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) gerügte Verfahrensfehler (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung --FGO--) nicht vorliegt.
Das Finanzgericht (FG) hat nicht dadurch den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (§ 96 Abs. 2, § 119 Nr. 3 FGO, Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes) verletzt, dass es deren am 3. April 2006 eingegangenen Antrag auf Verlegung des auf den 4. April 2006 anberaumten Termins zur mündlichen Verhandlung nicht entsprochen und im Termin trotz Abwesenheit ihres Liquidators die Klage abgewiesen hat.
Die Klägerin hatte gegenüber dem FG vor der Durchführung des Termins keine erheblichen, zur Terminsaufhebung zwingenden Gründe i.S. von § 155 FGO i.V.m. § 227 Abs. 1 der Zivilprozessordnung dargelegt und glaubhaft gemacht. Ein solcher erheblicher Grund liegt zwar regelmäßig bei einer plötzlichen und nicht vorhersehbaren Erkrankung vor, die den Beteiligten an der Wahrnehmung eines Termins zur mündlichen Verhandlung hindert. Wird ein Antrag auf Terminsverlegung jedoch erst kurz vor dem anberaumten Termin gestellt und mit einer plötzlichen Erkrankung begründet, obliegt es dem Beteiligten, die Gründe für die Verhinderung so darzulegen und zu untermauern, dass das Gericht die Frage, ob der Beteiligte verhandlungs- und reiseunfähig ist oder nicht, selbst beurteilen kann. Ein für diesen Zweck vorgelegtes privatärztliches Attest muss deshalb die Verhandlungsunfähigkeit eindeutig und nachvollziehbar beschreiben (ständige Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs --BFH--, z.B. Beschlüsse vom 5. Juli 2004 VII B 7/04, BFH/NV 2005, 64; vom 3. August 2005 II B 47/04, BFH/NV 2005, 2041; Senatsbeschluss vom 16. Oktober 2006 I B 46/06, juris).
Diesen Voraussetzungen genügt die vom Liquidator der Klägerin am 3. April 2006 per Telefax an das FG übersandte privatärztliche Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht. Darin wird lediglich die Arbeitsunfähigkeit des Liquidators für die Zeit vom 3. bis 7. April 2006 wegen "Otitis media" bescheinigt. Für das FG ergab sich aus dieser pauschalen Angabe --unabhängig davon, ob ihm der lateinische Ausdruck für Mittelohrentzündung geläufig war oder nicht-- kein hinreichend konkretes Bild über die Intensität der Erkrankung und deren Einfluss auf die Reise- und Verhandlungsfähigkeit des Liquidators.
Trotz des noch am Nachmittag des 3. April 2006 per Telefax an die Klägerin übermittelten Hinweises des FG auf die Unzulänglichkeit der vorgelegten Bescheinigung hat die Klägerin es versäumt, bis zu der am 4. April 2006 auf 11.30 Uhr terminierten Verhandlung die Verlegungsgründe weiter zu konkretisieren und glaubhaft zu machen. Die von ihr am 4. April 2006 per Telefax übermittelte weitere ärztliche Bescheinigung über eine Reiseunfähigkeit des Liquidators bis zum 17. April 2006 ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG erst nach Urteilsverkündung eingegangen und konnte deshalb nicht mehr berücksichtigt werden. Ob diese weitere Bescheinigung die Gründe für die Reiseunfähigkeit hinreichend beschreibt und ob die vom FG geäußerten Zweifel an deren Plausibilität begründet sind, kann deshalb offenbleiben.
Soweit die Klägerin in ihrer Beschwerdebegründung auch die materielle Richtigkeit des angegriffenen Urteils in Zweifel zieht, kann dies nicht zur Zulassung der Revision führen. Denn aus dem Vorbringen der Klägerin ergibt sich nicht, dass insoweit die Zulassungsgründe des § 115 Abs. 2 Nr. 2 oder Nr. 3 FGO gegeben sind.
Fundstellen