Entscheidungsstichwort (Thema)
Ersatzleistungen als Einkünfte/Bezüge i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG
Leitsatz (NV)
Eine Unfallrente gehört jedenfalls dann zu den Einkünften und Bezügen i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, wenn sie als Ersatz für krankheitsbedingt entgehende Einnahmen geleistet wird.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 1, S. 2; SGB III § 118 Abs. 1 Nr. 2, § 119 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2
Verfahrensgang
FG des Saarlandes (Urteil vom 29.01.2004; Aktenzeichen 2 K 58/03) |
Gründe
Die Beschwerde der Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) hat keinen Erfolg.
a) Es kann dahin stehen, ob die Klägerin schlüssig gerügt hat, das Finanzgericht (FG) habe bei seiner Entscheidung wesentliche Teile der Akten nicht berücksichtigt (vgl. hierzu Beschluss des Bundesfinanzhof --BFH-- vom 27. Oktober 1998 X B 115/97, BFH/NV 1999, 630). Soweit die Klägerin vorträgt, das FG sei davon ausgegangen, dass sich ihre Tochter im Oktober 2001 nicht beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldet habe, obwohl sich dies aus einem bei den Kindergeldakten befindlichen Vermerk ergebe, ist der Vortrag jedenfalls unzutreffend.
Zwar hat das FG in seinem Urteil ausgeführt, Nachweise darüber, dass sich die Tochter der Klägerin arbeitslos gemeldet habe, lägen nicht vor. Aus den Urteilsgründen (Ziffer 2) ergibt sich jedoch, dass das FG den von der Klägerin angesprochenen Vermerk vollständig zur Kenntnis genommen und in die Würdigung einbezogen hat. Das FG hat auch einen weiteren Vermerk (Bl. 123 der Kindergeldakte) berücksichtigt. Aus diesem ergibt sich, dass die Tochter der Klägerin der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden hat. Vor diesem Hintergrund ist die Aussage des FG, die Tochter habe sich nicht arbeitslos gemeldet, in dem Sinne zu verstehen, dass sie nicht i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der in den Streitjahren geltenden Fassung arbeitslos war, weil nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) jemand nur dann arbeitslos ist, wenn er den Vermittlungsbemühungen der Arbeitsverwaltung zur Verfügung steht (§§ 118 Abs. 1 Nr. 2, § 119 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 SGB III).
b) Die Klägerin hat nicht in der erforderlichen Weise dargelegt, das Urteil des FG weiche i.S. von § 115 Abs. 2 Nr. 2, 2. Alternative der Finanzgerichtsordnung (FGO) von einer Entscheidung des BFH ab. Soweit die Klägerin geltend macht, das Urteil des FG rechne die Unfallrente, welche die Tochter der Klägerin wegen eines von ihr erlittenen Unfallschadens erhalte, zu deren Bezügen i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG, obwohl der BFH dies in der angesprochenen Entscheidung offen gelassen habe, wird eine Divergenz nicht dargelegt. Eine Abweichung in dem genannten Sinne kommt nur in Betracht, wenn in der angeblichen Divergenzentscheidung zu der Rechtsfrage ein abstrakter Rechtssatz aufgestellt worden ist, nicht aber, wenn die Rechtsfrage offen gelassen wurde (BFH-Beschluss vom 25. Oktober 1993 I B 125/93, BFH/NV 1994, 470).
Die Klägerin hat auch nicht dargetan, dass die Rechtssache wegen der angesprochenen Rechtsfrage grundsätzliche Bedeutung hat. Die Rechtsfrage, ob die von einem volljährigen Kind bezogene Unfallrente dann nicht zu den Bezügen i.S. von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG rechnet, soweit die Rente als Ersatz von krankheitsbedingtem Mehrbedarf des Kindes geleistet wird, ist im Streitfall nicht klärungsfähig. Ein solcher Mehrbedarf ist nur gegeben, soweit eine Krankheit erhöhte Bedürfnisse auslöst. Die Klägerin macht hingegen geltend, dass ihre Tochter die Rente deshalb erhalten hat, weil ihr krankheitsbedingt Einnahmen entgangen sind. Dass solche Ersatzleistungen zu den im Rahmen von § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG zu berücksichtigenden Einkünften und Bezügen rechnen, ist jedoch höchstrichterlich geklärt (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1999 VI R 182/98, BFHE 189, 457, BStBl II 2000, 79, unter II.4.b der Urteilsgründe).
Fundstellen