Entscheidungsstichwort (Thema)
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Erkrankung
Leitsatz (NV)
Beruft sich jemand zur Begründung seines Wiedereinsetzungsgesuchs auf eine Erkrankung, so muß er u. a. Art und Schwere der Erkrankung darlegen und glaubhaft machen.
Normenkette
FGO § 56
Tatbestand
Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) hatte vor dem Finanzgericht (FG) wegen der einheitlichen und gesonderten Feststellung der Einkünfte 1978 einen Rechtsstreit geführt. Das in dieser Sache ergangene Urteil des FG wurde ihm lt. Postzustellungsurkunde am 13. Juli 1984 zugestellt.
Gegen das Urteil des FG legte der Kläger mit Schriftsatz vom 13. August 1984 Revision ein; der Schriftsatz ging noch am selben Tag beim FG ein.
Die Frist für die Begründung der Revision wurde auf entsprechende Anträge des Klägers zweimal, zuletzt bis zum 31. Oktober 1984, verlängert.
Mit einem vom 29. Oktober 1984 datierenden Schriftsatz, der am 2. November 1984 beim Bundesfinanzhof (BFH) einging, beantragte der Kläger eine nochmalige Fristverlängerung. Zur Begründung führte er aus, sein Gesundheitszustand habe sich verschlechtert. Bei der gegebenen Sachlage sei es ihm auch nicht möglich, einen Vertreter mit der Revisionsbegründung zu beauftragen.
Der Vorsitzende des erkennenden Senats teilte dem Kläger hierauf mit Schreiben vom 6. November 1984 mit, daß der Fristverlängerungsantrag verspätet beim BFH eingegangen ist; gleichzeitig wies er auf § 56 der Finanzgerichtsordnung (FGO) hin. Dieses Schreiben, das dem Kläger lt. Postzustellungsurkunde am 9. November 1984 zugestellt wurde, blieb unbeantwortet.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach § 120 Abs. 1 FGO ist die Revision beim FG innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils schriftlich einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Die Frist für die Revisionsbegründung kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag durch den Vorsitzenden des zuständigen Senats des BFH verlängert werden.
Im Streitfall ist die Revision zwar innerhalb der Revisionsfrist beim FG eingegangen; sie ist jedoch nicht innerhalb der zweimal verlängerten Begründungsfrist bis 31. Oktober 1984 begründet worden. Gründe für die Fristversäumnis, die eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 56 FGO) hätten rechtfertigen können, sind - trotz eines entsprechenden Hinweises auf die Vorschrift des § 56 FGO in dem Schreiben des Senatsvorsitzenden vom 6. November 1984 - nicht vorgebracht und auch sonst nicht erkennbar.
Der zur Begründung des Fristverlängerungsantrags angebrachte Hinweis des Klägers, daß sich sein Gesundheitszustand verschlechtert habe und es ihm auch nicht möglich gewesen sei, einen Vertreter mit der Revisionsbegründung zu beauftragen, kann die Wiedereinsetzung nicht rechtfertigen. Zu einem erfolgreichen Wiedereinsetzungsbegehren gehört u. a., daß innerhalb von zwei Wochen ,,nach Wegfall des Hindernisses" Tatsachen zur Begründung des Wiedereinsetzungsgesuchs in substantiierter Weise vorgetragen und glaubhaft gemacht werden (§ 56 Abs. 2 Sätze 1 und 2 FGO). Im Streitfall wäre hierzu erforderlich gewesen, Art und Schwere der Erkrankung darzulegen (und glaubhaft zu machen). Außerdem hätte glaubhaft gemacht werden müssen, daß dem Kläger wegen seines Zustands nicht zugemutet werden konnte, den fristwahrenden Schriftsatz selbst oder durch einen Dritten rechtzeitig einzureichen (vgl. BFH-Urteil vom 15. Juli 1964 I 281/63, Steuerrechtsprechung in Karteiform, Reichsabgabenordnung, § 86, Rechtsspruch 141).
Fundstellen
Haufe-Index 413737 |
BFH/NV 1986, 219 |