Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Rüge der Verletzung der Sachaufklärungspflicht
Leitsatz (NV)
Wird Verletzung der Aufklärungspflicht durch das FG gerügt, dann bedarf es des Eingehens auf die tragenden Feststellungen des finanzgerichtlichen Urteils. Je mehr sie ins einzelne gehen, um so differenzierter muß in der Regel dargetan werden, ob die Erhebung der geltend gemachten Beweise sich auf die Entscheidung auswirken kann.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1, § 120 Abs. 1-2
Verfahrensgang
Tatbestand
Der Kl. betrieb im Streitjahr 1975 ein Einzelunternehmen.
Wegen Nichtabgabe der Umsatzsteuererklärung und der Erklärung zur gesonderten Gewinnfeststellung wurden die Besteuerungsgrundlagen vom FA geschätzt.
Gegen die Umsatzsteuer- und Gewinnfeststellungsbescheide 1975 vom 13. April 1978 (Umsatzsteuer) und 10. April 1978 (Gewinnfeststellung) legte der Kl. vergeblich Einspruch ein und erhob dann Klage, die er wie folgt begründete:
Er habe sein Gewerbe am 14. Mai 1975 an die I-KG, an der er beteiligt gewesen sei, veräußert. Genaue Angaben zu Umsatz und Gewinn seines Einzelunternehmens bis zum Mai 1975 könne er nicht machen, weil die Unterlagen der I-KG übergeben worden seien.
Das FG wies die Klage ab. Zur Begründung führt es aus:
Die Schätzungen seien dem Grunde und der Höhe nach nicht zu beanstanden (§ 162 AO 1977).
Der Kl. habe keinerlei Nachweise dafür erbracht, daß er sein Einzelunternehmen 1975 veräußert habe. Eine Veräußerung sei auch sehr unwahrscheinlich, weil der Gesellschaftsvertrag der I-KG erst am 14. Juli 1975 geschlossen worden sei; darin sei von einer Übernahme des Einzelunternehmens des Kl. nicht die Rede. Der Kl. sei nach dem Gesellschaftsvertrag lediglich zu einer Einlage von 30 000 DM verpflichtet gewesen. Auch die Eröffnungsbilanz der KG zum 1. April 1976 gebe keine Anhaltspunkte für eine Übernahme des Einzelunternehmens. Unterlagen über eine Veräußerung seien auch nicht vorgelegt worden. Der Kl. habe sein Einzelunternehmen auch nicht abgemeldet, sondern ab 1. Juni 1978 nach N verlegt (lt. Gewerbesteuerummeldung). Umsatzsteuervoranmeldungen des Einzelunternehmens seien für alle Monate des Streitjahres 1975 abgegeben worden.
Mit der Revision rügt der Kl. Verletzung formellen Rechts.
Das FG habe seine Ermittlungspflicht verletzt. Es habe die vom Kl. benannten Gesellschafter und den ehemaligen Steuerberater des Kl. durch Ladung zur streitigen Tatsache befragen können. Das sei trotz Anregung durch den Kl. unterlassen worden.
Der Kl. beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Der Kl. hat sie nicht i. S. des § 120 Abs. 1 und 2 FGO begründet.
Mit der Rüge der Verletzung der Ermittlungspflicht durch das FG hat er nicht die Tatsachen bezeichnet, die den Verfahrensmangel ergeben (§ 120 Abs. 2 Satz 2 FGO). Dazu ist bei der Rüge der mangelhaften Sachaufklärung (§ 76 FGO) nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) die Darlegung der ermittlungsbedürftigen Punkte erforderlich, die Darlegung, welche angebotenen Beweise das FG nicht erhoben haben soll, die Angabe der Namen der Zeugen und ferner des oder der Schriftsätze, in denen der Beweisantritt erfolgt sein soll und schließlich die Darlegung, was Ergebnis der Beweisaufnahme gewesen wäre und ob es sich auf die Entscheidung auswirken kann (Urteile vom 26. Februar 1975 II R 120 /73, BFHE 115, 185, BStBl II 1975, 489 zu 1. d); vom 18. April 1972 VIII R 40/66, BFHE 105, 325, BStBl II 1972, 572; vom 29. Januar 1975 I R 135/70, BFHE 115, 107, BStBl II 1975, 553; vom 17. Dezember 1973 III R 141/68, BFHE 111, 550, BStBl II 1974, 350). Insbesondere hinsichtlich der beiden letzten Erfordernisse bedarf es des Eingehens auf die tragenden Feststellungen des finanzgerichtlichen Urteils. Je mehr sie ins einzelne gehen, um so differenzierter muß in der Regel dargetan werden, ob die Erhebung der geltend gemachten Beweise sich auf die Entscheidung auswirken kann.
Im Streitfall hat der Kl. die Namen der Zeugen nicht genannt und auch nicht angegeben, in welchem Schriftsatz er den Beweisantrag gestellt hat. Insbesondere aber hat der Kl. nicht dargelegt, was die Zeugen bekunden sollen. Angesichts der eingehenden Ausführungen des FG zu dieser Frage durfte der Kl. sich nicht darauf beschränken zu behaupten, die Zeugen hätten den Verkauf des Einzelunternehmens bekundet. Die Bekundungen der Zeugen müßten schon geeignet sein, die Feststellungen des FG zu erschüttern. Wenn das FG z. B. festgestellt hat, daß der Kl. auch nach dem angeblichen Verkauf weiter Umsatzsteuervoranmeldungen für das Einzelunternehmen abgegeben und es später sogar umgemeldet hat, so hätte schon dargelegt werden müssen, wie dieser Widerspruch zu erklären ist. Auch im Rahmen der Verfahrensrüge muß sich der Kl. mit der Vorentscheidung auseinandersetzen und kann nicht einfach Vorbringen des finanzgerichtlichen Verfahrens wiederholen.
Die Revision ist auch sonst nicht begründet worden. Der Kl. hat nur die Verletzung formellen Rechts gerügt; in materieller Hinsicht hat er das Urteil nicht angegriffen.
Fundstellen
Haufe-Index 416343 |
BFH/NV 1989, 712 |