Entscheidungsstichwort (Thema)
Fehler in der Sachverhaltsaufklärung sind Verfahrensmängel; Erfordernis der Rüge innerhalb der Revisionsbegründungsfrist
Leitsatz (NV)
1. Zu den Verfahrensmängeln gehören Fehler in der Sachverhaltsaufklärung, weil das Finanzgericht gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO von Amts wegen gehalten ist, den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel so vollständig wie möglich aufzuklären.
2. Eine ordnungsgemäße Verfahrensrüge bezüglich des angeblich mangelhaft aufgeklärten Sachverhalts liegt nur vor, wenn spätestens in der Revisionsbegründungsschrift der ursächliche Zusammenhang zwischen der behaupteten Rechtsverletzung und dem Inhalt des angefochtenen Urteils dargelegt wird.
Normenkette
FGO § 76 Abs. 1 S. 1, § 120 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Anläßlich einer Außenprüfung für die Zeiträume 1978 bis 1981 stellte der Prüfer fest, daß der Kläger im Prüfungszeitraum mehrere PKW angeschafft hatte, die mit folgenden Anschaffungskosten aktiviert worden waren:
1978 Porsche 64 285,71 DM
1978 Mercedes 450 SEL 70 024,00 DM
1980 Porsche 76 240,01 DM
1981 Porsche 86 725,66 DM
1981 Ferrari 142 389,38 DM.
Der Prüfer und ihm folgend der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) waren der Auffassung, daß diese Aufwendungen nach der allgemeinen Verkehrsauffassung unangemessen hoch sind, zumal ein weiterer PKW BMW ab Mai 1979 ebenfalls für betriebliche Zwecke geleast worden war und außerdem zwei Werkstattwagen zur Verfügung standen. Unter Anwendung der vom Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 2. Februar 1979 III R 50-51/78 (BFHE 127, 297, BStBl II 1979, 387) entwickelten Grundsätze sah der Prüfer folgende Anschaffungskosten als angemessen an:
1978 Porsche40 000 DM 1978 Mercedes 450 SEL40 000 DM 1980 Porsche44 000 DM 1981 Porsche46 000 DM 1981 Ferrari 46 000 DM.
Dies hatte zur Folge, daß die mit diesen Kfz in Zusammenhang stehenden laufenden Kosten, Finanzierungskosten und Absetzungen für Abnutzung (AfA), soweit sie durch den Betrieb veranlaßt wurden, sich nur mit geringeren Beträgen als vom Kläger begehrt gewinnmindernd auswirkten.
Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) bezweifelte, ließ aber offen, ob es sich bei den PKW (außer den Werkstattwagen und dem BMW) überhaupt um Betriebsvermögen handelte. Denn jedenfalls hielt es die vom FA vorgenommene Herabsetzung der Aufwendungen für die Fahrzeuge auf angemessene Beträge dem Grunde nach für rechtlich geboten. Bezüglich der Höhe der Herabsetzung erwog das FG, daß zwar möglicherweise im Hinblick auf Preissteigerungen ein geringfügig höherer Ansatz der Aufwendungen vertretbar sei. Dies werde aber dadurch ausgeglichen, daß der vom FA angesetzte Privatanteil der Kfz-Nutzung von nur 20 v. H. erheblich zu gering bemessen sei, so daß sich die Steuerfestsetzung im Ergebnis als zutreffend erweise.
Mit der Revision trägt der Kläger vor, das FG habe den Untersuchungsgrundsatz nicht beachtet. So seien keine Feststellungen darüber getroffen worden, daß ein BMW 323 i nicht zur gehobenen Klasse von Fahrzeugen gehöre, wie von der Betriebsprüfung behauptet worden sei. Auch seien keine Feststellungen darüber getroffen worden, in welcher Höhe Erträge aus Anlagenverkäufen bzw. die Schadensersatzleistungen der Versicherungen für Unfallwagen zu einer Betriebsausgabenminderung geführt haben. Der Betriebsprüfer habe diese Kostenminderungen bei seinen Hinzurechnungen nicht berücksichtigt.
Der Kläger beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Sache an das FG zurückzuverweisen.
Das FA beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision ist unzulässig.
Nach § 120 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ist die Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils einzulegen und spätestens innerhalb eines weiteren Monats zu begründen. Aus dem Erfordernis, die Revision zu ,,begründen", ergibt sich, daß der Revisionskläger darlegen muß, weshalb er dem angefochtenen Urteil nicht zustimmen kann. Dazu bedarf es wenigstens einer kurzen Auseinandersetzung mit den Gründen, auf denen die angefochtene Entscheidung beruht (z. B. Beschlüsse des BFH vom 25. Oktober 1973 V R 38/72, BFHE 110, 324, BStBl II 1974, 13, und vom 21. November 1985 VI R 185/82, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH/NV - 1986, 414). Die Revisionsbegründung muß aus sich heraus erkennen lassen, daß der Revisionskläger anhand der Gründe des finanzgerichtlichen Urteils sein bisheriges Vorbringen überprüft hat.
Der im Streitfall zur Begründung der Revision eingereichte Schriftsatz entspricht diesen Anforderungen nicht.
Der Kläger setzt sich mit den materiell-rechtlichen Überlegungen des angefochtenen Urteils nicht auseinander. Sofern das Revisionsvorbringen eine Verfahrensrüge darstellen soll, ist diese nicht ordnungsgemäß erhoben.
Nach § 120 Abs. 2 Satz 2 FGO muß die Revisionsbegründung, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben. Dabei ist unter einem Verfahrensmangel jeder Fehler zu verstehen, der dem FG bei der Handhabung des Verfahrens unterläuft. Zu den Verfahrensmängeln gehören Fehler in der Sachverhaltsaufklärung, weil das FG gemäß § 76 Abs. 1 Satz 1 FGO von Amts wegen gehalten ist, den Sachverhalt unter Ausschöpfung aller verfügbaren Beweismittel so vollständig wie möglich aufzuklären. Die Rüge mangelnder Sachaufklärung ist deshalb auch im Streitfall zugleich eine Rüge der Verletzung des Amtsermittlungsgrundsatzes und in diesem Sinne eine Verfahrensrüge. Solche Rügen müssen aber durch die vorgebrachten Tatsachen den Mangel bei der Aufklärung des Sachverhalts erweisen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juli 1985 I R 142/82, BFH/NV 1986, 412, 413, Mitte; Gräber, Deutsche Steuer-Zeitung/Ausgabe A - DStZ/A - 1967, 309, 315; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 120 FGO Tz. 61, 63).
Gemäß § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO kann die Revision nur darauf gestützt werden, daß das angefochtene Urteil auf der Verletzung von Bundesrecht beruhe. Hieraus in Verbindung mit der sich aus § 120 FGO ergebenden Rügebedürftigkeit von Verfahrensmängeln folgt, daß spätestens in der Revisionsbegründungsschrift der ursächliche Zusammenhang zwischen der behaupteten Rechtsverletzung und dem Inhalt des angefochtenen Urteils dargelegt werden muß (vgl. u. a. Tipke/Kruse, a. a. O., § 120 FGO Tz. 69).
Die Rüge, das FG habe zu Unrecht keine Feststellungen darüber getroffen, ob ein BMW 323 i zur gehobenen Klasse von Fahrzeugen gehöre, enthält keine Darlegungen darüber, inwiefern diese Frage für die Entscheidung des FG bedeutsam gewesen sein könnte bzw. weshalb eine Verneinung der Frage zu einem anderen Urteil geführt haben könnte. Daß laut einem im FG-Urteil enthaltenen Zitat die Außenprüfung diesen Fahrzeugtyp der gehobenen Fahrzeugklasse zugeordnet hat, macht das Revisionsvorbringen nicht aus sich heraus verständlich.
Der Hinweis auf angeblich zu Unrecht unterlassene Ermittlungen der Erträge aus Anlagenverkäufen und der Schadensersatzleistungen ist in tatsächlicher Hinsicht nicht hinreichend substantiiert und entbehrt eines schlüssigen Bezugs zum angefochtenen Urteil.
Fundstellen
Haufe-Index 414710 |
BFH/NV 1987, 104 |