Entscheidungsstichwort (Thema)
Versagung des Vorsteuerabzugs für ein gemischt genutztes Zweifamilienhaus
Leitsatz (NV)
- Es ist geklärt, dass eine GbR umsatzsteuerrechtlich Unternehmer sein und Grundstücke vermieten kann, für die diese Gesellschaft aus Rechnungen über Bauleistungen auch Vorsteuerbeträge abziehen kann.
- Für die Festsetzung der Umsatzsteuer der GbR ist die ertragsteuerrechtliche Beurteilung der Einkünfte der Gesellschafter ohne Bedeutung.
- Der ertragsteuerrechtliche Aufteilungsschlüssel für Werbungskosten ist für die Beurteilung des Vorsteuerabzugs ohne Auswirkung.
Normenkette
FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 2-3; UStG § 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1
Verfahrensgang
FG Berlin (Beschluss vom 28.09.2001; Aktenzeichen 3 K 7254/98) |
Tatbestand
I. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine aus den Eheleuten X bestehende Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Nach dem Gesellschaftszweck bewirtschaftet und verwaltet sie ein in der B-Straße gelegenes Zweifamilienhaus. Dieses ist zu gewerblichen Zwecken an den Ehemann und die Z-GmbH vermietet und wird im Übrigen von den Eheleuten und ihrem Sohn bewohnt.
Entsprechend der berichtigten Umsatzsteuererklärung der Klägerin vom 18. Februar 1994 setzte der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt ―FA―) die Umsatzsteuer für 1992 auf minus … DM unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Die Steuerfestsetzung für 1992 änderte das FA nach einer Betriebsprüfung durch Bescheid vom 19. Dezember 1997 und setzte sie auf Null DM fest.
Die dagegen nach erfolglosem Einspruchsverfahren gerichtete Klage wies der III. Senat des Finanzgerichts (FG) als unbegründet ab. Er bestätigte, dass die ursprünglich geltend gemachten Vorsteuerbeträge vom FA zutreffend in dem Änderungsbescheid nicht mehr zum Abzug zugelassen worden seien, weil sie mit den zu eigenen Wohnzwecken genutzten Gebäudeteilen zusammenhingen.
Mit der gegen die Vorentscheidung gerichteten Beschwerde begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision zur Fortbildung des Rechts, wegen Abweichung von Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 2 und Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―).
Das FA ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Zulassungsgründe sind nicht gegeben.
1. Eine Zulassung zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO kommt nicht in Betracht.
a) Zur Fortbildung des Rechts ist keine Zulassung geboten. Der Streitfall bietet, was erforderlich wäre, keinen Anlass, höchstrichterliche Leitsätze für die rechtliche Beurteilung von typischen oder verallgemeinerungsfähigen Lebenssachverhalten zu bilden, weil eine richtungsweisende Orientierungshilfe bisher fehlt.
So bedarf keiner Klärung, dass eine GbR umsatzsteuerrechtlich Unternehmer unter den Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes 1991/1993 (UStG) sein kann. Sie kann Umsätze durch Vermietung von Grundstücken erzielen und Vorsteuerbeträge aus Eingangsleistungen abziehen, wenn sie diese für besteuerte Umsätze verwendet (vgl. § 15 Abs. 1 UStG).
Die von der Klägerin ebenfalls als klärungsbedürftig angesehene Frage, ob anderweitige Einkünfte der Gesellschafter der Klägerin vorgehen, stellt sich umsatzsteuerrechtlich im Streitfall nicht.
b) Soweit mit der Beschwerde die Zulassung der Revision zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Abweichung (Divergenz) von dem BFH-Urteil vom 20. Dezember 2000 I R 50/00 (BFHE 194, 1, BStBl II 2001, 381) erstrebt wird, ist sie erfolglos.
Die Klägerin hat in erster Linie lediglich dargelegt, die Entscheidung des FG sei unrichtig, denn es hätte nach der erwähnten Entscheidung zu einer anderen Beurteilung kommen müssen. Damit wendet sich die Klägerin gegen die Würdigung des FG. Sie stellt aber keine unvereinbaren abstrakten Rechtssätze gegenüber. Die Klägerin hat jedenfalls keinen entscheidungserheblichen abstrakten Rechtssatz aus dem angefochtenen finanzgerichtlichen Urteil bezeichnet, der von dem von ihr formulierten abstrakten Rechtssatz aus der genannten Vergleichsentscheidung des BFH abweicht. Nur wenn auf diese Weise unvereinbare abstrakte Rechtssätze bezeichnet werden, ist die Beschwerde wegen Divergenz zulässig (vgl. BFH-Beschluss vom 19. Dezember 2002 V B 164/01, BFH/NV 2003, 521).
2. Schließlich ist die Revision auch nicht zuzulassen, weil die Klägerin einen Verfahrensmangel geltend gemacht hat, auf dem die Revision beruhen kann (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
a) Der gerügte Verstoß gegen das Gebot des gesetzlichen Richters wegen der Entscheidung durch einen dafür nach dem Geschäftsverteilungsplan das FG nicht zuständigen Senat (vgl. § 119 Nr. 1 FGO), liegt nicht vor.
Nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung geltenden Geschäftsverteilungsplan des FG für 2002 war der III. Senat zuständig für Rechtsstreitigkeiten der Steuerpflichtigen mit dem Anfangsbuchstaben B. Nach IV. 2. Buchst. c der Zuordnungsgrundsätze ist bei Personengesellschaften als Kläger, die ausschließlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung haben, der Straßenname des Grundstücks (im Streitfall: B-Straße) maßgebend.
b) Soweit die Klägerin die Verletzung der Sachaufklärungspflicht durch das FG (§ 76 Abs. 1 FGO) rügt, ergibt ihr Vortrag nicht, welche Tatsachenaufklärung das FG nach dessen maßgebender sachlich rechtlichen Beurteilung unterlassen hat.
Sie legt weder dar, welche nach § 15 Abs. 1 Nr. 1 UStG abziehbaren Vorsteuerbeträge das FG nicht berücksichtigt hat, noch welche umsatzsteuerrechtlichen Folgen sich aus der Schlussbesprechung oder der von ihr erwähnten tatsächlichen Verständigung hätten ergeben sollen. Nicht ausreichend ist zur Bezeichnung von Verfahrensmängeln (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO) der allgemeine Hinweis auf den Akteninhalt. Die Beschwerdebegründung ergibt auch nicht mit der erforderlichen Klarheit, welche umsatzsteuerrechtlichen Auswirkungen die begehrte Berücksichtigung des ertragsteuerrechtlichen Aufteilungsschlüssels für Werbungskosten und die vom FA zugesicherte Anwendung der großen Übergangsregelung nach § 52 Abs. 21 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes hätten haben können und welche Tatsachenfeststellungen sich dem FA deswegen hätten aufdrängen müssen. Für die Beurteilung, ob die unterlassene Sachverhaltsaufklärung zu einer anderen Entscheidung hätte führen können, ist von der sachlich rechtlichen Auffassung des FG auszugehen. Das FG war der Auffassung, dass die den Wohnzwecken dienenden Eingangsleistungen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigten.
Hinzu kommt, dass die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem FG am 28. September 2001 ausweislich der insoweit maßgebenden Niederschrift (vgl. § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4, § 164 der Zivilprozessordnung ―ZPO―, z.B. BFH-Beschluss vom 5. September 2001 I B 178/00, BFH/NV 2002, 204) keine weitere Sachverhaltsaufklärung angeregt und keine weiteren Beweisanträge gestellt hat. Eine Protokollberichtigung oder -ergänzung gemäß § 94 FGO i.V.m. § 160 Abs. 4, § 164 ZPO ist im Streitfall unterblieben (vgl. dazu z.B. BFH-Beschluss vom 9. November 1999 II B 14/99, BFH/NV 2000, 582, jeweils m.w.N.).
Das Vorbringen der Klägerin erschöpft sich im Kern darin, die Richtigkeit der Vorentscheidung in Frage zu stellen. Allgemeine Angriffe gegen die Richtigkeit der Vorentscheidung begründen jedoch keine Zulassung der Revision (BFH-Beschluss vom 17. Januar 2002 V B 88/01, BFH/NV 2002, 748).
3. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.
Fundstellen