Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzungsfrist bei Änderung des Grundlagenbescheides
Leitsatz (NV)
Hat das Betriebsfinanzamt einen bereits ergangenen Feststellungsbescheid geändert, so kann das Veranlagungsfinanzamt binnen der Jahresfrist des §171 Abs. 10 AO 1977 einen entsprechenden Folgebescheid jedenfalls dann erlassen, wenn die Feststellungsfrist für den ändernden Feststellungsbescheid (§181 Abs. 1 i. V. mit §169 Abs. 1 Satz 1 AO 1977) noch nicht abgelaufen war.
Normenkette
AO 1977 § 169 Abs. 1 S. 1, § 171 Abs. 10, § 181 Abs. 1
Verfahrensgang
Gründe
Die Beschwerde hat keinen Erfolg.
1. Das angefochtene Urteil beruht nicht auf einer Abweichung von dem Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. April 1989 VIII R 265/84 (BFHE 156, 371, BStBl II 1989, 593). Der BFH hatte dort zu entscheiden, ob ein Einkommensteuerbescheid noch als Folgebescheid ergehen durfte. Er war nach §175 der Abgabenordnung (AO 1977) geändert worden, weil das Betriebsfinanzamt nach einer Außenprüfung bei einer KG, an der der Steuerpflichtige als Kommanditist beteiligt war, den Gewinn der KG höher festgestellt hatte. Die gesonderte und einheitliche Feststellung der Einkünfte der KG war am 21. Juli 1982 ergangen, der Einkommensteuerbescheid am 17. Oktober 1983, also nicht binnen der Jahresfrist des §171 Abs. 10 AO 1977. Der BFH führte aus, durch eine Außenprüfung, die sich auf einheitlich und gesondert festgestellte Einkünfte erstreckt, werde nur die für die Feststellung dieser Besteuerungsgrundlagen geltende Verjährungsfrist gehemmt, nicht auch die für die Folgesteuer maßgebende Festsetzungsfrist. Die AO 1977 habe eine selbständige Feststellungsfrist für die selbständig festzustellenden Folgesteueransprüche geschaffen. Die Festsetzungsfrist für die Folgesteueransprüche werde gemäß §171 Abs. 10 AO 1977 dadurch sichergestellt, daß diese Frist nicht vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe der aufgrund der Außenprüfung geänderten Gewinnfeststellungsbescheide ende.
Von diesen Grundsätzen ist auch das Finanzgericht (FG) im angefochtenen Urteil ausgegangen. Denn es hat festgestellt, daß der angefochtene Einkommensteuerbescheid 1983 am 23. April 1990, also vor Ablauf eines Jahres nach Bekanntgabe des aufgrund der Außenprüfung geänderten Gewinnfeststellungsbescheids 1983 vom 8. März 1990 ergangen ist. Daß der Feststellungsbescheid bereits am 28. August 1987 geändert worden war, hat das FG für unerheblich gehalten, weil nach Abschluß der Betriebsprüfung ein weiterer ändernder Feststellungsbescheid -- wie festgestellt -- am 8. März 1990 ergangen ist. Ob diese Feststellung des FG zwingend oder zutreffend ist, ist für die Frage der Divergenz unerheblich (BFH-Beschluß vom 20. Februar 1980 II B 26/79, BFHE 129, 313, BStBl II 1980, 211).
2. Der Rechtssache kommt auch keine grundsätzliche Bedeutung zu.
Die Kläger und Beschwerdeführer verkennen den vom FG im Anschluß an die BFH- Urteile vom 12. August 1987 II R 202/84 (BFHE 150, 319, BStBl II 1988, 318) und vom 17. Februar 1993 II R 15/91 (BFH/NV 1994, 1) gebrauchten Ausdruck "offene Feststellungsfrist". Hier geht es um die Frage, ob der Grundlagenbescheid noch ergehen durfte. Hierzu hat das FG festgestellt, daß die Feststellungsfrist bei Bekanntgabe des Feststellungsbescheides vom 8. März 1990 noch nicht abgelaufen war. D. h., daß -- wie im BFH-Urteil in BFHE 150, 319, BStBl II 1988, 318 ausgeführt -- der Feststellungsbescheid noch zulässig ergehen darf und im Streitfall ergehen durfte.
Von einer weiteren Begründung wird gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs abgesehen.
Fundstellen
Haufe-Index 66889 |
BFH/NV 1998, 281 |