Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegung des Verfahrensmangels mangelnder Sachverhaltsaufklärung (Erlass von Säumniszuschlägen)
Leitsatz (NV)
Macht ein Beschwerdeführer mit der Nichtzulassungsbeschwerde geltend, das FG habe seine Pflicht zur Aufklärung des Sachverhalts insoweit verletzt, als er (erfolglos) den Erlass von Säumniszuschlägen begehrt habe, muss er u.a. darlegen, dass das FG nach seinem materiell-rechtlichen Standpunkt und unter Berücksichtigung seiner nach § 102 FGO eingeschränkten Prüfungskompetenz bei weiterer Sachaufklärung zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre.
Normenkette
FGO §§ 102, 115 Abs. 2 Nr. 3, § 116 Abs. 3 S. 3; AO 1977 §§ 227, 240
Verfahrensgang
Niedersächsisches FG (Urteil vom 03.11.2003; Aktenzeichen 1 K 377/02) |
Tatbestand
I. Der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) beantragte im Juni 2002 den Erlass sämtlicher Steuerschulden, weil ihm eine Begleichung aufgrund der persönlichen sozialen Belastung (behindertes Kind) sowie seines Alters auch in Zukunft nicht mehr möglich sei.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt --FA--) lehnte den Erlass ab, weil der Kläger keine aktuelle Aufstellung sämtlicher Schulden gegenüber anderen Gläubigern eingereicht habe. Außerdem sei nicht dargetan worden, dass auch die übrigen Gläubiger sich an einer Sanierung beteiligt hätten. In diesem Falle würde ein Erlass nur den anderen Gläubigern zugute kommen.
Mit denselben Gründen wies das FA den vom Kläger nicht begründeten Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 2. September 2002 zurück. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger Steuerschulden in Höhe von 79 441 €. Der größte Teil entfiel auf Umsatzsteuerverbindlichkeiten für die Jahre 1990 bis 1992 zuzüglich Verspätungszuschlägen und aufgelaufenen Säumniszuschlägen; daneben waren noch geringere Einkommensteuerschulden für die Veranlagungszeiträume 1984, 1986 und 1987, Säumniszuschläge zur Einkommensteuer, Solidarzuschlag zur Einkommensteuer, Lohnkirchensteuer und Lohnsteuer 1990 bis 1992 rückständig.
Das Finanzgericht (FG) wies die Klage des Klägers als unbegründet ab. Es führte aus, nach den eingereichten Unterlagen sei nicht ersichtlich, dass die Sicherung des notwendigen Lebensunterhalts des Klägers, seiner Frau und des Sohnes einen Erlass der rückständigen Steuern erfordere und der Kläger deshalb erlassbedürftig sei. Ein Erlass käme nur dann in Betracht, wenn trotz persönlicher Einschränkung und bescheidenem Lebensstandard eine Bewältigung der Steuerschulden unmöglich wäre. Davon könne im Streitfall nach den Verhältnissen zum Zeitpunkt der Einspruchsentscheidung nicht die Rede sein. Mangels erkennbarer Zahlungsunfähigkeit komme auch ein hälftiger Erlass der Säumniszuschläge nicht in Betracht.
Gegen dieses Urteil wendet sich der Kläger mit der Nichtzulassungsbeschwerde. Er ist der Auffassung, die Revision sei gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zuzulassen, weil das FG seine Aufklärungspflicht insoweit verletzt habe, als der Erlass von Säumniszuschlägen begehrt worden sei.
Entscheidungsgründe
II. Die Beschwerde des Klägers hat keinen Erfolg.
1. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO ist die Revision zuzulassen, wenn ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden (§ 116 Abs. 1 FGO). In der Begründung müssen die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO dargelegt werden (§ 116 Abs. 3 Satz 3 FGO).
2. Im Streitfall hat der Kläger keinen Verfahrensmangel dargelegt.
a) Wird --wie hier-- als Verfahrensmangel unzureichende Sachaufklärung gerügt und geltend gemacht, das FG hätte auch ohne Vorliegen eines Beweisantrags aufgrund seiner Amtsermittlungspflicht den Sachverhalt näher aufklären müssen, sind gemäß § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO darzulegen (vgl. z.B. Beschlüsse des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 21. Juli 1995 V B 37/95, BFH/NV 1996, 55; vom 29. Januar 1999 V B 112/97, BFH/NV 1999, 1103; vom 17. Februar 2000 V B 117/99, BFH/NV 2000, 973):
- die ermittlungsbedürftigen Tatsachen,
- die nicht verwendeten Beweismittel sowie die entsprechenden Beweisthemen,
- aufgrund welcher Anhaltspunkte im schriftsätzlichen Vorbringen oder sonst in den Akten des FG die Beweiserhebung sich dem FG hätte aufdrängen müssen,
- das voraussichtliche Ergebnis der Beweisaufnahme,
- inwieweit das Urteil des FG aufgrund dessen sachlich-rechtlicher Auffassung auf der unterbliebenen Beweisaufnahme beruhen kann,
- dass die Nichterhebung der Beweise vor dem FG rechtzeitig gerügt worden ist oder aufgrund des Falls des FG nicht mehr von diesem gerügt werden konnte.
b) Der Kläger hat diese Anforderungen ordnungsgemäßer Darlegung nicht erfüllt. Es fehlen insbesondere Darlegungen dazu, inwieweit das FG nach seinem maßgebenden materiell-rechtlichen Standpunkt unter Berücksichtigung seiner nach § 102 FGO nur eingeschränkten Prüfungskompetenz zu einer anderen Entscheidung gekommen wäre (vgl. dazu BFH-Beschluss vom 23. Juni 2003 IX B 119/02, BFH/NV 2003, 1289).
3. Die vom Kläger in diesem Zusammenhang dargelegte Rüge, die Entscheidung des FG sei fehlerhaft, kann allein nicht zur Zulassung der Revision führen (vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 2003, 1289, und vom 30. April 2003 XI B 175/02, BFH/NV 2003, 1393).
Fundstellen