Entscheidungsstichwort (Thema)
Versäumung der Frist zur Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde
Leitsatz (NV)
1. Eine nach Antrag, Begründung und Bezeichnung eindeutige Revision kann nicht gleichzeitig als Nichtzulassungsbeschwerde angesehen werden.
2. Einem Kläger, dessen Prozeßbevollmächtigter die Frist zur Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde versäumt hat, weil er davon ausging, das FG habe erst nach Einlegung der Revision über deren Zulassung entscheiden müssen, kann keine Wiedereinsetzung gewährt werden.
Normenkette
FGO §§ 56, 115 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Das Finanzgericht (FG) hat die Klage, mit der der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) die Anerkennung von Kosten für einen Tauchlehrgang als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit begehrte, abgewiesen. Das Urteil ist den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 28. April 1988 zugestellt worden. Mit am 27. Mai 1988 beim FG eingegangenem Schriftsatz legte der Kläger gegen das Urteil Revision ein. Auf den Hinweis der Geschäftsstelle des Senats, daß die Revision vom FG nicht zugelassen worden sei, erhob der Kläger mit am 27. Juni 1988 beim FG eingegangenem Telebrief Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision. Diese stützt er auf Divergenz und grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache. Mit weiterem Schriftsatz vom 9. August 1988 teilten die Prozeßbevollmächtigten des Klägers mit, die Einlegung der Revision habe gleichzeitig den Antrag auf Zulassung der Revision beinhaltet. Vor Beschlußfassung des FG über die Zulassung der Revision habe der Kläger keine Beschwerde einlegen können. Erst durch den Hinweis des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21. Juni 1988 habe man Kenntnis davon erlangt, daß die Revision vom FG nicht zugelassen worden sei.
Der Beklagte und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA - ) tritt der Beschwerde entgegen.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist unzulässig.
Gemäß § 115 Abs. 3 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) kann die Nichtzulassung der Revision selbständig durch Beschwerde innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden. Diese Frist hat der Kläger versäumt. Das Urteil des FG wurde den Prozeßbevollmächtigten des Klägers am 28. April 1988 zugestellt. Die Frist für die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision lief, da der 28. Mai 1988 ein Sonnabend war, am 30. Mai 1988 ab. Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision ist hingegen erst am 27. Juni 1988, und damit verspätet, eingegangen.
Entgegen der Ansicht des Klägers enthielt die Einlegung der Revision nicht gleichzeitig auch den Antrag auf Zulassung der Revision. Wegen der zwischen den Rechtsinstituten der Revision und der Nichtzulassungsbeschwerde bestehenden erheblichen rechtlichen und verfahrensmäßigen Unterschiede kann, da im Streitfall Antrag, Begründung und Bezeichnung der eingelegten Revision eindeutig sind, aus der Revisionsschrift weder die gleichzeitige Einlegung der Nichtzulassungsbeschwerde abgeleitet werden noch kann die Revision in eine Nichtzulassungsbeschwerde umgedeutet werden (vgl. im einzelnen und mit zahlreichen Hinweisen auf die höchstrichterliche Rechtsprechung Tipke / Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 12. Aufl., § 115 FGO Tz. 81).
Für die Fristversäumung kann dem Kläger auch nicht Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 56 FGO gewährt werden, da die Beschwerdefrist nicht ohne Verschulden der Prozeßbevollmächtigten versäumt worden ist, und dieses Verschulden der Prozeßbevollmächtigten dem Kläger zuzurechnen ist. Wie sich aus den Schriftsätzen vom 27. Juli 1988 in der Revisionssache und vom 9. August 1988 ergibt, gingen die Prozeßbevollmächtigten rechtsirrtümlich davon aus, daß das FG erst nach Einlegung der Revision über deren Zulassung hätte entscheiden müssen. Dabei haben sie übersehen, daß das FG bereits dadurch, daß es mit Erlaß des Urteils die Revision nicht zugelassen hatte, über die Zulassung der Revision negativ entschieden hat. Davon geht auch die Vorschrift des § 115 Abs. 3 Satz 1 FGO aus, denn sie bestimmt, daß die Nichtzulassung der Revision innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils angefochten werden kann. Hierauf ist auch in der Rechtsmittelbelehrung der Vorentscheidung hingewiesen worden.
Fundstellen
Haufe-Index 416010 |
BFH/NV 1989, 245 |