Entscheidungsstichwort (Thema)
Zwischenstreit über ein Zeugnisverweigerungsrecht
Leitsatz (NV)
1. Beteiligte in einem Zwischenstreit über ein Zeugnisverweigerungsrecht sind die Parteien des Hauptprozesses. Der Zeuge wird nur Nebenbeteiligter.
2. Macht der Zeuge ein umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht geltend, ist er nicht verpflichtet, zu dem zur Erörterung der Hauptsache und seiner Vernehmung anberaumten Termin zu erscheinen (§ 82 FGO i. V. m. § 386 Abs. 3 ZPO). Das Gericht kann gleichwohl in diesem Termin durch ein sowohl gegen die Beteiligten des Hauptprozesses als auch gegen den Zeugen ergehendes Zwischenurteil entscheiden (§ 82 FGO i. V. m. §§ 387 Abs. 1, 388 ZPO).
3. Beruft sich ein Zeuge auf ein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 103 AO 1977, bedarf es der Angabe und Glaubhaftmachung von Tatsachen, auf die er seine Weigerung stützt dann nicht, wenn dem Gericht infolge des Widerrufs einer in einem früheren Beweistermin erklärten Zeugenaussage die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung des Zeugen wegen möglicher uneid licher Falschaussage i. S. von § 153 StGB offenbar geworden ist.
Normenkette
FGO §§ 82, 84; ZPO § 386 Abs. 3, § 387 Abs. 1, § 388; AO 1977 § 103
Tatbestand
Die Beteiligten dieses Zwischenverfahrens streiten darum, ob dem Zeugen K ein umfassendes Auskunftsverweigerungsrecht zusteht.
Im Hauptsacheverfahren ist die Zurechnung einer verdeckten Gewinnausschüttung -- vGA -- (Scheckeinlösung in Höhe von 340 000 DM) als Einnahme des Klägers und Beschwerdeführers (Kläger) bei den Einkünften aus Kapitalvermögen streitig.
Der Kläger und K waren in den Streitjahren zu je 50 % an einer GmbH beteiligt. Die GmbH war Hauptauftraggeberin und Beteiligte zu 51 % an der Firma R. Ltd. in Sri Lanka. Im Jahre 1989 stellte die Außenprüfung fest, daß auf dem Girokonto der GmbH belastete Zahlungsabgänge als Erhöhung der Beteiligung an der R. Ltd. gebucht worden sind. Die GmbH legte dazu Ablichtungen von Schecks vor, die die R. Ltd. als Empfängerin der Beträge in Höhe von insgesamt 340 000 DM auswiesen. Ein Auskunftsersuchen an die kontoführende Bank ergab, daß die vorgelegten Scheckablichtungen gefälscht waren. Tatsächlich hatte die GmbH am 15. Dezember 1983 an K einen Scheck über 100 000 DM gegeben, den dieser an den Kläger weiterleitete und am 2. Februar 1984 dem Kläger einen weiteren Scheck über 240 000 DM ausstellte. Beide Schecks reichte der Kläger bei der Kreissparkasse ... ein. Dort wurden sie seinem privaten Konto gutgeschrieben.
Der Beklagte (das Finanzamt -- FA --) erfaßte in geänderten Einkommensteuerbescheiden vom 10. November 1989 für 1983 eine -- nun unstreitige -- vGA und im Einkommensteuerbescheid 1984 eine vGA in Höhe von 340 000 DM als Einnahmen des Klägers bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Nach erfolglosem Einspruch erhoben die Kläger -- zusammenveranlagte Ehegatten -- Klage.
Am 28. September 1993 hat das Finanzgericht (FG) beschlossen, K als Zeugen zu hören "über die Behauptung des Klägers, daß im Jahre 1984 340 000 DM nicht von dem Kläger vereinnahmt, sondern der Firma R. Ltd. zugeflossen sind". Im Erörterungstermin vor dem beauftragten Richter vom 22. März 1994 erklärte der Zeuge ausweislich des Sitzungsprotokolls im wesentlichen, der Gesamtbetrag von 340 000 DM sei zu Bestechungszwecken und für Schmiergeldzahlungen für die R. Ltd. aufgewendet worden. Die Beträge seien teilweise von dem Kläger, von ihm selbst oder von Angestellten nach Sri Lanka verbracht und z. T. an Besucher aus Sri Lanka in Deutschland gezahlt bzw. für deren Aufenthalt und Geschenke verwandt worden. Aufzeichnungen darüber gebe es nicht.
Unter dem 30. Juni 1994 ergingen geänderte Einkommensteuerbescheide, in denen der Betrag von 100 000 DM als vGA des Jahres 1983 und 240 000 DM als vGA des Jahres 1984 bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen erfaßt wurden. Gegen diese Änderungsbescheide legten die Kläger erfolglos Einspruch ein und erhoben danach Klage.
In dem Verfahren beantragten die Kläger erneut, den Zeugen K zu der Frage zu vernehmen, daß der Betrag von 340 000 DM von der GmbH ausschließlich für die R. Ltd. verwendet und nicht dem Kläger zugeflossen bzw. bei ihm verblieben sei.
Mit Beschluß vom 31. Mai 1995 hat das FG die Verfahren "miteinander verbunden".
Zum Verhandlungstermin vom 14. Dezember 1995 wurde K mit dem Zusatz geladen: "Sie sollen noch einmal als Zeuge vor dem Senat zu dem Ihnen aus dem Erörterungstermin vom 22. März 1994 bekannten Beweisthema gehört werden." Am 13. Dezember 1995 ging bei dem FG ein Telefax des K mit folgendem Wortlaut ein: "Hiermit teile ich Ihnen mit, daß ich meine Aussage vom 22. 3. 1994 in der o. a. Angelegenheit widerrufe. Ich teile Ihnen weiterhin höflich mit, daß ich über den Verbleib der 340 000 DM nichts weiß. Was ich definitiv weiß, ist, daß dieses Geld nicht nach Sri Lanka transferiert wurde."
Im Termin vom 14. Dezember 1995, zu dem K nicht erschienen ist, beantragte der Klägervertreter weiter, K vor dem Senat als Zeugen zu vernehmen; der Beklagtenvertreter beantragte, den Widerruf der Zeugenaussage mit den Gerichtsakten an die Staatsanwaltschaft weiterzuleiten.
Nach Ladung zum Verhandlungstermin vom 31. Januar 1996 und Belehrung über ein Zeugnisverweigerungsrecht gemäß § 84 der Finanzgerichtsordnung (FGO) i. V. m. § 103 der Abgabenordnung (AO 1977) "wenn Sie sich durch Ihre Zeugenaussage (-- zur Frage des Verbleibs der streitigen Gelder von 340 000 DM --) in dem nunmehr angesetzten Termin der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würden", teilte K dem Gericht mit Telefax vom 11. Januar 1996 mit, er mache von seinem Zeugnisverweigerungsrecht Gebrauch und verweigere die Aussage. Daraufhin hob das FG gegenüber dem Zeugen K die Ladung zum Termin vom 31. Januar 1996 auf und teilte diesem mit, er brauche zum Termin nicht zu erscheinen.
Die Kläger vertraten dagegen in der mündlichen Verhandlung vom 31. Januar 1996 vor dem FG, zu der K nicht erschienen war, die Auffassung, der Zeuge K habe kein Aussageverweigerungsrecht, und beantragten weiterhin, K als Zeugen, insbesondere auch zu seiner schriftlichen Äußerung in dem Schreiben vom 13. Dezember 1995, zu vernehmen. Das FG entschied auf Anregung des Klägervertreters durch Zwischenurteil, K stehe ein Zeugnisverweigerungsrecht nach § 84 FGO i. V. m. § 103 AO 1977 zu. Zur Begründung führte es im wesentlichen aus, es bestehe aufgrund des Widerrufs der Aussage vom 22. März 1994 begründeter Verdacht, daß K eine falsche uneidliche Aussage i. S. des § 153 des Strafgesetzbuchs (StGB) abgegeben habe. Dieser Tatverdacht hätte sich durch jede weitere Aussage des K, also insbesondere durch die beantragte erneute Vernehmung im Termin zur mündlichen Verhandlung, verstärken können, so daß sich die Gefahr der Strafverfolgung vergrößert habe.
Mit der Beschwerde machen die Kläger geltend, K hätte nicht nur als Zeuge, sondern wegen der schriftlichen Zeugnisverweigerung als Partei des Zwischenstreites über das Verweigerungsrecht zum Termin zur mündlichen Verhandlung förmlich geladen werden müssen. Die notwendige mündliche Verhandlung zwischen den Parteien des Zwischenstreites -- nämlich den Klägern und dem Zeugen K -- habe nicht stattgefunden, weil K nicht als Partei geladen worden sei. Zudem habe der erkennende Senat den Zwischenstreit nicht gemäß § 388 der Zivilprozeßordnung (ZPO) betrieben. Darin liege ein wesentlicher Verfahrensmangel i. S. von § 551 ZPO. K habe ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht nicht zugestanden. Er hätte die Auskunft lediglich auf die Fragen verweigern können, deren Beantwortung ihn selbst der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung aussetzen würde. Es genüge nicht, dem Gericht nur mitzuteilen, er widerrufe seine Aussage vom 22. März 1994, und das Zeugnis insgesamt zu verweigern. K habe weder Tatsachen angegeben, auf die er die Weigerung stütze, noch sein Zeugnisverweigerungsrecht glaubhaft gemacht. Es wäre auch zu beachten gewesen, daß regelmäßige Besuche und Kontakte zu Angehörigen des K in Sri Lanka bestünden. Da eine Vernehmung von Zeugen in bzw. aus Sri Lanka nicht auszuschließen gewesen sei, habe K für sich selbst, seine Ehefrau und deren Familie -- insbesondere für den Fall, daß er Empfängernamen preisgeben werde -- mit Repressalien und Druckmitteln für Leib und Leben gerechnet. Dieser Sachverhalt und diese Aussagesituation seien dem Gericht aufgrund der Zeugenvernehmung am 22. März 1994 bekannt gewesen. K hätte daher zu den Tatsachen, auf die er seine Weigerung gründete, im Termin vom 31. Januar 1996 vernommen werden müssen, um das Zeugnisverweigerungsrecht prüfen zu können, zumal es sicherlich nicht das ganze Beweisthema betroffen hätte. Auch wenn K die Aussage vom 22. März 1994 insgesamt widerrufen habe, so hätte er dazu befragt werden müssen, ob die Aussage in allen Teilen falsch gewesen sei.
Die Kläger beantragen, das Zwischenurteil des FG aufzuheben und den Rechtsstreit zur Fortsetzung der Verhandlung an das FG zurückzuverweisen.
Das beteiligte FA hält das Zwischenurteil für gerechtfertigt, der Verfahrensbeteiligte K hat sich zur Beschwerde nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet.
Gegen das Zwischenurteil des FG über die Rechtmäßigkeit einer Zeugnisverweigerung ist gemäß § 82 FGO i. V. m. § 387 Abs. 3 ZPO die Beschwerde gemäß § 128 FGO zulässig (ständige Rechtsprechung; vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs -- BFH -- vom 14. Juli 1971 I R 9/71, BFHE 103, 121, BStBl II 1971, 808 unter I.2), der das FG nicht abhelfen kann (BFH-Beschluß vom 2. Februar 1989 IV B 114/88, BFH/NV 1989, 761).
Das FG hat zu Recht über die Frage, ob K ein Zeugnisverweigerungsrecht zusteht, durch Zwischenurteil entschieden (§ 82 FGO i. V. m. § 387 Abs. 1 ZPO; Lange in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Abgabenordnung -- Finanzgerichtsordnung, 10. Aufl., § 97 FGO Rz. 50; Gräber/Koch, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl., § 82 Rz. 24, 25). Auf die Beweisaufnahme sind nach § 82 FGO, soweit §§ 83 bis 89 FGO abweichende Regelungen nicht enthalten, §§ 358 bis 377, 380 bis 382, 386 bis 414 und 450 bis 494 ZPO sinngemäß anzuwenden. Danach richtet sich das Verfahren nach den Vorschriften der §§ 386 bis 388 FGO; die Frage nach einem Zeugnisverweigerungsrecht des K beantwortet sich aus § 84 FGO i. V. m. §§ 101 bis 103 AO 1977 (BFH-Beschluß vom 13. April 1988 V B 158/87, BFH/NV 1989, 82, 84).
1. Der behauptete Verfahrensmangel, das Gericht habe im Zwischenstreit über das Zeugnisverweigerungsrecht des K ohne mündliche Verhandlung entschieden, trifft nicht zu. Ein Verfahrensmangel i. S. des § 119 Nr. 3 FGO i. V. m. Art. 103 Abs. 1 des Grundgesetzes (Verletzung des rechtlichen Gehörs) und § 119 Nr. 4 FGO (nicht ordnungsgemäße Vertretung im Verfahren) ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH gegeben, wenn das FG unter Verstoß gegen § 90 Abs. 1 und 2 FGO ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entschieden hat (BFH-Urteile vom 2. März 1990 III R 123/86, BFH/NV 1990, 793, und III R 65/89, BFH/NV 1990, 794, m. w. N.). Das gilt auch für den Erlaß eines Zwischenurteils im Zwischenstreit über die Zeugnisverweigerung (Stöcker in Beermann, Finanzgerichtsordnung, § 84 Rz. 10). Ein Verfahrensfehler ist auch gegeben, wenn ein Beteiligter bzw. sein Bevollmächtigter nicht ordnungsgemäß zum Termin zur mündlichen Verhandlung geladen worden ist, deshalb nicht erschienen ist und somit nicht in gesetzmäßiger Weise vertreten war (§ 119 Nr. 4 FGO; vgl. BFH-Urteil vom 16. März 1989 IV R 27/88, BFH/NV 1990, 110).
Im Streitfall scheidet ein Verstoß gegen diese Verfahrensgrundlage schon deshalb auf, weil am 31. Januar 1996 Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem FG stattge funden hat, zu dem der Prozeßvertreter der Kläger, der Beklagte und K als Zeuge ordnungsgemäß geladen worden sind.
Die Auffassung des Klägers, wonach es einer gesonderten Ladung des K als Partei des sich aufgrund der Zeugnisverweigerung ergebenden Zwischenstreites über das Aussageverweigerungsrecht bedurft hätte, kann nicht gefolgt werden. Durch den Zwischenstreit über ein Zeugnisverweigerungsrecht werden -- anders als im Zivilprozeß (vgl. Schumann in Stein/Jonas, Kommentar zur Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 387 Rz. 2, m. w. N.; Zöller/Greger, Zivilprozeßordnung, 20. Aufl., § 387 Rz. 3) -- die Parteien des Hauptprozesses nicht aus ihrer Beteiligtenrolle gedrängt. Der Zeuge war nur Nebenbeteiligter. Das folgt aus dem im Finanzprozeß geltenden Amtsermittlungsgrundsatz (§ 76 Abs. 1 Satz 1 FGO), nach dem das Gericht stets und ohne Antrag von Amts wegen über die Rechtmäßigkeit der Zeugnisverweigerung zu entscheiden hat und es nicht darauf ankommen kann, ob ein Beteiligter das Weigerungsrecht bejaht oder auf eine vom Gericht für notwendig gehaltene Beweisaufnahme verzichten will (BFH-Beschluß vom 5. April 1978 II B 43/77, BFHE 124, 497, BStBl II 1978, 377). Daher genügte es, daß das FG den K als Zeugen zum Termin zur mündlichen Verhandlung und Beweisaufnahme unter Angabe des Beweisthemas ordnungsgemäß geladen und im Hinblick auf den Widerruf der im Beweistermin vom 22. März 1994 erklärten Zeugenaussage über sein Auskunftsverweigerungsrecht nach § 103 AO 1977 belehrt hat.
2. Beruft sich der Zeuge auf ein Aufkunftsverweigerungsrecht nach § 84 FGO i. V. m. §§ 102 bis 104 AO 1977, hat das Gericht das Verfahren nach § 82 FGO i. V. m. §§ 386 bis 388 ZPO zu beachten. Nach § 386 Abs. 1 ZPO kann der Zeuge dem Gericht vor dem zu seiner Vernehmung bestimmten Termin schriftlich die Zeugnisverweigerung erklären. Dabei hat er die Tatsachen, auf die er seine Weigerung begründet, anzugeben und glaubhaft zu machen. Die Angaben sollen dem Gericht ein Urteil über den Weigerungsgrund ermöglichen (Schumann in Stein/Jonas, a.a.O., § 386 Rz. 4). Der Angabe und Glaubhaftmachung von Tatsachen bedarf es daher nicht, wenn -- insbesondere im Zusammenhang mit einem Auskunftsverweigerungsrecht gemäß § 103 AO 1977 -- schon der Inhalt der Beweisfrage den Weigerungsgrund glaubhaft macht (Stöcker in Beermann, a.a.O., § 84 FGO zu § 386 ZPO Rz. 7; BFHE 103, 121, BStBl II 1971, 808). Die Angaben und deren förmliche Glaubhaftmachung sind auch entbehrlich, wenn dem Gericht infolge des Widerrufs einer in einem früheren Beweistermin erklärten Zeugenaussage in vollem Umfang die Gefahr der strafgerichtlichen Verfolgung des Zeugen wegen möglicher uneidlicher Falschaussage (§ 153 StGB) offenbar geworden ist. Für K war diese Gefahr zudem bereits dadurch konkret geworden, daß der Beklagtenvertreter aufgrund des Widerrufs der Zeugenaussage die Vorlage der Gerichtsakten an die Staatsanwaltschaft beantragt hatte.
Zutreffend ist das FG auch davon ausgegangen, daß K ein das gesamte Beweisthema umfassendes Zeugnisverweigerungsrecht geltend macht, das ihn -- unabhängig davon, ob die Auskunftsverweigerung berechtigt ist -- nach § 386 Abs. 3 ZPO von der Verpflichtung entbindet, zu dem anberaumten Termin zu erscheinen (vgl. dazu Schumann in Stein/Jonas, a.a.O., § 386 Rz. 9, § 377 Abs. 2 ZPO). Daß die Ladung gegenüber dem Zeugen K mit dem Hinweis, er brauche zu dem Termin vom 31. Januar 1996 nicht zu erscheinen, aufgehoben worden ist, ist daher nicht zu beanstanden (vgl. auch Urteil des Bundesgerichtshofs -- BGH -- vom 18. November 1986 IV a ZR 99/85, NJW- Rechtsprechungs-Report Zivilrecht 1987, 445, m. w. N. zur -- erneuten Ladung -- eines die Aussage verweigernden Zeugen).
Erscheint der Zeuge zum Termin nicht, kann das Gericht gleichwohl -- bereits in diesem Termin -- nach Anhörung der Parteien über den vom Berichterstatter vorgetragenen Weigerungsgrund durch ein sowohl gegen die Beteiligten des Hauptprozesses als auch gegen den Zeugen ergehendes Zwischenurteil entscheiden (§ 387 Abs. 1, § 388 ZPO; vgl. BFH-Beschlüsse in BFH/NV 1989, 761, und BFHE 124, 497, BStBl II 1978, 377; Schumann in Stein/Jonas, a.a.O., § 387 Rz. 6; Zöller/Greger, a.a.O., § 388 Rz. 1). Ausweislich des Sitzungsprotokolls ist das FG entsprechend verfahren.
3. Dem Zeugen K steht -- ausnahmsweise -- ein umfassendes Aussageverweigerungsrecht nach § 84 FGO i. V. m. § 103 AO 1977 zu. Nach § 103 Satz 1 AO 1977 können Personen, die nicht Beteiligte und nicht für den Beteiligten auskunftspflichtig sind, die Auskunft auf solche Fragen verweigern, deren Beantwortung sie selbst oder einen ihrer Angehörigen der Gefahr strafgerichtlicher Verfolgung oder einer Verfolgung nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten aussetzen würde. Nach dieser Bestimmung steht Auskunftsverpflichteten kein umfassendes, sondern nur ein sachlich beschränktes Auskunftsverweigerungsrecht zu. Zur Verweigerung einer insgesamt verlangten Auskunft berechtigt § 103 AO 1977 allerdings dann, wenn die geforderte Auskunft nicht in einzelne Fragen aufgeteilt werden kann (vgl. BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 761) oder wenn die geforderte Auskunft in einem so engen Zusammenhang mit einem möglicherweise strafbaren oder ordnungswidrigen Verhalten steht, daß nichts übrig bleibt, was beantwortet werden könnte, ohne daß die Auskunftsperson sich oder einen Angehörigen belasten würde (vgl. Söhn in Hübschmann/Hepp/Spitaler, a.a.O., § 103 AO 1977 Rz. 7; BFH-Urteil in BFH/NV 1989, 82, 84). In diesem Fall führt das Recht, die Beantwortung einzelner Fragen zu verweigern, im Ergebnis zu einer berechtigten Verweigerung der verlangten Auskunft in vollem Umfang.
Die genannten Voraussetzungen liegen im Streitfall vor. Nach dem Beweisbeschluß vom 28. September 1993 sollte K als Zeuge über die Behauptung der Kläger gehört werden, daß im Jahre 1984 340 000 DM nicht von dem Kläger vereinnahmt, sondern der Firma R. Ltd. zugeflossen sind. Zu diesem Thema ist K im Termin zur Erörterung und Beweisaufnahme vom 22. März 1994 vor dem Berichterstatter des Senats als beauftragtem Richter eingehend vernommen worden und hat dabei die Behauptung der Kläger in vollem Umfang bestätigt. Der Zeuge sollte lt. Zusatz zur Ladung zum Termin vom 14. Dezember 1995 zum gleichen Beweisthema erneut gehört werden. Mit Telefax vom 13. Dezember 1995 hat er die Aussage vom 22. März 1994 in vollem Umfang widerrufen und zusätzlich mitgeteilt, er wisse nichts über den Verbleib der 340 000 DM; definitiv wisse er aber, daß dieses Geld nicht nach Sri Lanka transferiert wurde. Nach Belehrung hat K sich nach erneuter Ladung zur Vernehmung zum Verbleib der streitigen Gelder auf das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 84 FGO i. V. m. § 103 AO 1977 berufen.
Das FG hat dazu im Zwischenurteil zutreffend ausgeführt, es bestehe angesichts des Widerrufs der Zeugenaussage vom 22. März 1994 der begründete Verdacht, daß K mit seiner Aussage vor dem Berichterstatter eine falsche uneidliche Aussage i. S. des § 153 StGB begangen hat. Dieser Tatverdacht hätte sich durch jede weitere Aussage des K, also inbesondere durch die beantragte erneute Vernehmung verstärken können. Nachdem das Beweisthema gleichgeblieben war, besteht erkennbar auch keine Möglichkeit, Fragen und Antworten hierzu in solche, die eine Gefahr der Strafverfolgung für K mit sich bringen, und solche, die ihn einer solchen Gefahr nicht aussetzen (vgl. BFH- Urteile in BFH/NV 1989, 761, und in BFH/NV 1989, 82, 84), zu trennen. Die einzig relevante Beweisfrage ist im Streitfall die nach dem Verbleib bzw. der Verwendung des dem Kläger zugeflossenen Betrages in Höhe von 340 000 DM. Hätte K -- ungeachtet des Widerrufs -- die Aussage vom 22. März 1994 bestätigt und, wie die Kläger selbst vor tragen, konkrete Fragen zu Namen der einzelnen angeblichen Empfänger sowie des Umfangs und der Höhe der Zuwendungen beantworten sollen, hätte er möglicherweise vor Gericht erneut die Unwahrheit gesagt. Hätte er an dem Widerruf der Aussage festgehalten oder die Aussage geändert, hätte er nicht nur den Verdacht der uneidlichen Falschaussage vom 22. März 1994 erhärtet, sondern, wenn er -- wie es den Klägern offenbar vorschwebt -- befragt würde, in welchen Teilen die Aussage vom 22. März 1994 falsch und inwieweit sie richtig gewesen sei, diesen Verdacht noch konkretisieren müssen. Davor soll das Auskunftsverweigerungsrecht nach § 103 AO 1977 die Auskunftsperson gerade bewahren.
Gerade die von den Klägern erstrebte Befragung des K nach den Motiven der Auskunftsverweigerung und die Andeutung, K könne die Auskunft aus Angst vor Repressalien für sich und seine z. T. in Sri Lanka lebenden Angehörigen verweigert haben, macht deutlich, daß sämtliche erkennbaren Fragen in engem und untrennbaren Zusammenhang mit der das Beweisthema aus machenden Frage nach dem Verbleib des Geldes stehen. Da auch die entfernte Möglichkeit der strafrechtlichen Verfolgung sowie die Vergrößerung schon bestehender Gefahr genügen, um die Auskünfte zu verweigern (vgl. BFH-Urteil vom 24. November 1954 II 231/52 U, BStBl III 1955, 30), ist die Verweigerung auch für solche Fragen gerechtfertigt.
Fundstellen
Haufe-Index 422183 |
BFH/NV 1997, 736 |