Entscheidungsstichwort (Thema)
Ansässigkeit des Unternehmers, der eine Vorsteuervergütung begehrt
Leitsatz (NV)
Wenn der Antragsteller im Vergütungsverfahren nicht nachweist, dass er im Inland keine Umsätze oder nur steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 3 UStG oder nur Umsätze ausgeführt hat, die dem Abzugsverfahren unterlegen haben, kommt es auf seine Ansässigkeit im Ausland nicht an.
Normenkette
UStG 1993 § 18 Abs. 9, § 4 Nr. 3; UStDV 1993 § 59 Abs. 1 Nrn. 1-2
Tatbestand
1. Die Klägerin und Beschwerdeführerin (Klägerin) ist eine zum Zweck der Durchführung internationaler Transporte und damit zusammenhändender Geschäfte in Luxemburg gegründete und in das dortige Handels- und Gesellschaftsregister eingetragene Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Ab Januar 1994 hatte sie in W (Luxemburg) einen 17 qm großen Büroraum mit Toilettenbenutzung für umgerechnet 500 DM Monatsmiete gemietet.
Die Direktion für direkte Steuern in Luxemburg teilte dem Beklagten und Beschwerdegegner (Bundesamt für Finanzen ―Beklagter―) mit, dass sie den Eindruck gewonnen habe, der Ort der Geschäftsleitung der Klägerin befinde sich nicht in Luxemburg, sondern am Wohnsitz des geschäftsführenden Gesellschafters im benachbarten Deutschland.
Nach einer darauf durchgeführten Prüfung lehnte es der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 19. April 1996 ab, der Klägerin Vorsteuern für 1994 und 1995 zu vergüten. Der Beklagte führte zur Begründung der Ablehnung aus, die Klägerin habe nicht nachgewiesen, dass sie ein im Ausland ansässiger Unternehmer sei.
Die dagegen gerichtete Klage wies das Finanzgericht (FG) als unbegründet ab. In der Urteilsbegründung legte das FG dar, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Durchführung des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens nach § 18 Abs. 9 des Umsatzsteuergesetzes 1993 (UStG 1993) i.V.m. §§ 59 ff. der Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung 1993 (UStDV 1993). Es habe nicht festgestellt werden können, dass die Klägerin die Voraussetzungen dafür nach § 59 Abs. 1 UStDV 1993 erfülle. Sie sei nicht als im Ausland ansässiger Unternehmer anzusehen, weil nicht habe ermittelt werden können, dass ihre Geschäfte vom Ausland aus geleitet worden seien. Außerdem habe die Klägerin die an sie gerichtete Aufforderung nicht erfüllt und nicht nachgewiesen, dass sie nur steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 3 UStG 1993 oder nur Umsätze ausgeführt habe, die dem Abzugsverfahren unterlegen haben (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStDV 1993).
Mit der Beschwerde gegen das Urteil des FG begehrt die Klägerin die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung ―FGO―) und wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO).
Der Beklagte ist der Beschwerde entgegengetreten.
Entscheidungsgründe
2. Die Beschwerde hat keinen Erfolg. Die Klägerin hat keine die Zulassung der Revision rechtfertigende Gründe (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 und 3 FGO) dargelegt.
a) Grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nach § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO
Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn die hervorgehobene Rechtsfrage über die Beurteilung des Streitfalls hinaus das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt (ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. Beschluss des Bundesfinanzhofs ―BFH― vom 11. Februar 1999 III B 91/98, BFH/NV 1999, 1122, m.w.N.).
Die Beschwerdebegründung muss ferner ergeben, dass die Rechtsfrage klärungsbedürftig und im Streitfall auch klärbar ist (BFH-Beschlüsse vom 25. Juli 2000 XI B 122/99, BFH/NV 2000, 1495; vom 14. August 2001 XI B 57/01, BFH/NV 2002, 51). Eine Rechtssache hat mangels Klärungsbedürftigkeit keine grundsätzliche Bedeutung, wenn sich die der Entscheidung zugrunde liegenden Rechtssätze ohne weiteres aus dem Gesetz und der vorliegenden Rechtsprechung des BFH ergeben.
Ob das FG im Einzelfall das Gesetz und die dazu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze zutreffend angewandt hat, betrifft nur das individuelle Interesse der Klägerin an einer richtigen Entscheidung, nicht aber das Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts (BFH-Beschluss vom 2. April 1997 V B 26/96, BFHE 182, 430, BStBl II 1997, 443).
aa) Die Klägerin sieht als klärungsbedürftige Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sinngemäß an, ob ein Unternehmer bei der Vorsteuervergütung zunächst als im Inland ansässig und nach einer Betriebsprüfung für denselben Besteuerungszeitraum als im Ausland ansässig angesehen werden könne. Die Frage bedarf keiner Klärung in einem Revisionsverfahren. Die Lösung widerstreitender steuerlicher Beurteilungen ist dem § 174 der Abgabenordnung (AO 1977) zu entnehmen. Die Beantwortung der von der Klägerin gestellten Frage ist nicht von allgemeinem Interesse, sondern nur für ihren Streitfall bedeutsam.
bb) Die Revision ist insbesondere deswegen nicht zuzulassen, weil es auf die Klärung einer Rechtsfrage, die sich auf die Ansässigkeit des Unternehmers bezieht, der eine Vorsteuervergütung begehrt (vgl. dazu auch den BFH-Beschluss vom 14. März 2002 V B 119/01, BFH/NV 2002, 1038), für die Entscheidung in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht ankommen kann.
Das FG hat die Klageabweisung auch darauf gestützt, dass die Klägerin weitere Voraussetzungen für die Durchführung des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens (§ 59 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 UStDV 1993) nicht nachgewiesen habe. Wenn ein finanzgerichtliches Urteil ―wie im Streitfall― mehrfach begründet wird und jede dieser Begründungen das Urteil trägt, muss für die Zulassung der Revision hinsichtlich jeder Begründung ein Zulassungsgrund vorliegen (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 16. Juli 2001 V B 44/01, BFH/NV 2001, 1620).
Das ist vorliegend nicht der Fall.
b) Zulassung der Revision wegen Verfahrensmängeln (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO)
Die Revision ist auch nicht wegen Verfahrensmängeln zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO), weil die Klägerin derartige Mängel nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechend bezeichnet hat.
Die ausdrücklich und sinngemäß erhobene Rüge, das FG habe es unterlassen, den Sachverhalt vollständig aufzuklären und Beweise zu erheben und dadurch Verfahrensrecht (§ 76 Abs. 1 FGO) verletzt, genügt nicht den Anforderungen, die § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO an die Darlegung des Verfahrensmangels stellt.
Wer einen Verstoß des FG gegen die Amtsermittlungspflicht (§ 76 Abs. 1 FGO) wegen unvollständiger Auswertung des Akteninhalts und wegen unterlassener Beweiserhebung rügt, muss nach § 115 Abs. 3 Satz 3 FGO in der Beschwerdebegründung bezeichnen, welche weitere Aufklärung sich dem FG ―nach dessen maßgebender sachlich-rechtlicher Auffassung― vom Amts wegen hätte aufdrängen müssen und welche Tatsachen aufklärungsbedürftig waren. Die Klägerin hätte zur Zulässigkeit ihrer Rüge außerdem darlegen müssen, welche Beweise das FG zu welchem Beweisthema nicht erhoben hat, weshalb sie, die durch ihren Prozessbevollmächtigten fachkundig vertretene Klägerin, einen entsprechenden Beweisantrag in der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG am 26. September 2001 nicht gestellt hat und inwieweit die als unterlassen gerügte Sachverhaltsaufklärung und Beweisaufnahme zu einer anderen Entscheidung des FG hätte führen können (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH-Beschluss vom 2. April 2002 X B 56/01, BFH/NV 2002, 947).
Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht. Insbesondere hat die Klägerin nicht dargelegt, weshalb die Entscheidung auf dem gerügten Verfahrensmangel beruhen kann, wenn sie die weiteren Voraussetzungen für die Durchführung des Vorsteuer-Vergütungsverfahrens nach § 59 Abs. 1 Nr. 1 und 2 UStDV 1993 nicht nachweisen konnte.
3. Einer weiteren Begründung bedarf die Entscheidung nach § 116 Abs. 5 Satz 2 FGO nicht.
Fundstellen