Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Prozeßfähigkeit einer wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister von Amts wegen gelöschten GmbH

 

Leitsatz (NV)

1. Legt der ehemalige Geschäftsführer einer wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister von Amts wegen gelöschten GmbH in deren Namen persönlich Beschwerde gegen einen Beschluß des Finanzgerichts ein, so ist die Beschwerde aus Gründen des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG unzulässig.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens sind dem ehemaligen Geschäftsführer als vollmachtlosem Vertreter aufzuerlegen.

 

Normenkette

FGO §§ 57, 135; BFHEntlG Art. 1 Nr. 1; LöschG § 2 Abs. 3 2. HS

 

Verfahrensgang

FG Berlin

 

Tatbestand

Die Beschwerdeführerin, eine GmbH, hat am 1. April 1986, damals vertreten durch ihren Geschäftsführer R, Klage vor dem FG wegen diverser Steuerbescheide 1983 erhoben. Die Klägerin wurde am 16. April 1986 wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister von Amts wegen gelöscht. Deshalb hat das FG am 21. September 1987 den Beschluß gefaßt, daß das bei ihm anhängige Klageverfahren gemäß § 155 FGO i. V. mit § 241 ZPO unterbrochen sei.

Gegen diesen Beschluß, der dem früheren Geschäftsführer der Klägerin, R, am 7. Oktober 1987 zugestellt wurde, legte dieser persönlich am 9. Oktober 1987 Beschwerde beim FG ein, der das FG nicht abgeholfen hat.

Mit der Beschwerde beantragt er, das Urteil wegen Verfahrensfehlern aufzuheben.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unzulässig.

Nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) i.d.F. vom 3. Dezember 1987 (BGBl I 1987, 2442, BStBl I 1987, 800) muß sich vor dem Bundesfinanzhof (BFH) jeder Beteiligte durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung einer Beschwerde (Art. 1 Nr. 1 Satz 2 BFHEntlG). Wird diesem Vertretungszwang - wie offensichtlich im Streitfall - nicht genügt, so ist der eingelegte Rechtsbehelf (hier: die Beschwerde des R vom 9. Oktober 1987) unzulässig. Er war durch Beschluß zu verwerfen.

Die Kosten waren dem R als vollmachtlosem Vertreter aufzuerlegen. Die Klägerin verlor durch ihre Löschung im Handelsregister am 16. April 1986 ihre Prozeßfähigkeit. Ihre Fähigkeit, Beteiligte eines Verfahrens vor dem FG zu sein (§ 57 FGO), bestand zwar fort. Die damit verbundenen Rechte und Pflichten konnte sie jedoch nur durch einen gesetzlichen Vertreter ausüben. Daran fehlte es im Zeitpunkt der Einlegung der Beschwerde, weil die Löschung der Klägerin wegen Vermögenslosigkeit im Handelsregister zur Folge hatte, daß die Vertretungsmacht des bisherigen Geschäftsführers endete. Die Klägerin bedurfte zu ihrer Vertretung eines Liquidators. Dieser ist nach § 2 Abs. 3 2. Halbsatz des Löschungsgesetzes auf Antrag eines Beteiligten durch das Gericht (Registergericht) zu bestellen. Solange jedoch ein Liquidator nicht bestellt ist, ist die Klägerin prozeßunfähig. Das Handeln ihres früheren Geschäftsführers kann ihr nicht mehr zugerechnet werden. Wenn dieser dennoch für die Klägerin Beschwerde einlegte, so handelte er als vollmachtloser Vertreter. Ihn trifft deshalb auch die Kostenfolge der unzulässigen Beschwerde, weil er dieselbe veranlaßt hat, obwohl er zur Vertretung der Klägerin nicht mehr befugt war.

 

Fundstellen

Haufe-Index 423955

BFH/NV 1988, 514

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